Maßschneider: "Wir wollen nicht einfach leise aussterben"
Maßschneider Philippe Carouge aus Düsseldorf macht darauf aufmerksam, dass sich auch seine Branche in einer akuten Notlage befindet. Die Öffentlichkeit nehme davon aber leider kaum Notiz.
"Kennen Sie eigentlich einen Maßschneider? Nicht? Dann kann es sein, dass Sie nach dem Jahr 2021 auch keinen mehr kennenlernen können." Maßschneider Philippe Carouge will auf die "ausweglose Lage" aufmerksam machen, in der sich viele Branchen befinden – aber eben auch seine eigene. Er führt einen Betrieb in Düsseldorf und beschäftigt eine Auszubildende. Der Corona-Lockdown bringe auch die Maßschneider in Existenznöte. Aber die wenigsten bekämen davon etwas mit. Anders als die auch in den Medien sehr präsenten Friseure fielen die Maßschneider nicht so sehr als fehlend auf.
"Aber wir wollen nicht einfach leise aussterben", sagt Carouge. Als Kleinstunternehmer sei er weitgehend auf sich gestellt. Er berichtet von einer stark eingebrochenen Nachfrage, die dazu geführt habe, dass der größte Teil seiner Umsätze weggebrochen ist. Als Maßschneider dürfe er zwar grundsätzlich arbeiten, aber nicht am Kunden. "Ohne Kundenkontakt ist ein Arbeiten aber kaum möglich. Ich darf nicht Maß nehmen, es gibt keine Anprobe und kein Abstecken " Einen Abstand von 1,50 Metern könne er bei seiner Arbeit am Kunden nicht einhalten.
Kaum Besserung in Sicht
Hinzu komme, dass es für potenzielle Kunden kaum noch Anlässe gibt, bei denen sie maßgeschneiderte Kleidung tragen können. Hochzeiten, Bälle, Karneval, fast alles falle aus. "Die meisten sitzen jetzt mit einer Jogginghose im Home Office." Bei allem Verständnis für die Beschränkungen während der Corona-Pandemie wünscht er sich ein schnelles Ende des Lockdowns, um wieder am Kunden arbeiten zu können. Carouge bleibt aber realistisch: "Bis die Auftragslage sich bessert, wird es noch länger dauern."
Denn nach Ende des Lockdowns werde noch einige Zeit vergehen, bis Hochzeiten oder andere Anlässe für schöne Kleidung wieder stattfinden können. "Bis dahin machen wir auf Sparflamme weiter, bereiten Kollektionen vor, fertigen Musterteile oder entwickeln schöne Stücke fürs Schaufenster. Unsere Schränke sind voll." Nur was nützt das, wenn Carouge seine Ware nicht an die Frau oder den Mann bringen kann? "Sobald unsere Rücklagen aufgebraucht sind, haben wir keine Chance mehr, durch Idealismus und Hoffnung unseren vielfältigen, kreativen Beruf zu erhalten."
Lage wird immer bedrohlicher
Staatliche Hilfen kämen zwar auch bei den Maßschneidern an, dennoch spitze sich die wirtschaftliche Lage bei vielen Betrieben immer weiter zu. "Wir möchten weiterhin in diesem Beruf arbeiten und unsere Existenz sichern können. Wir würden uns über die Maßen freuen, wenn wir das Ende der Maßnahmen wirtschaftlich überleben würden und der Kunde bei uns wieder König oder Königin sein könnte. Danach sieht es im Moment jedoch leider nicht aus."
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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