Das Ehrenamt als Türöffner nutzen
Der Dachdecker- und Klempnermeister Arnd Neubauer spricht übers Ehrenamt und seine Wünsche an Politik und Gesellschaft.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Ehrenamt ist Ehrensache
Der Handwerksunternehmer und Sachverständige Arnd Neubauer aus Marl ist Obermeister, Kreishandwerksmeister (Recklinghausen) und seit zwei Jahren Mitglied der Vollversammlung und des Vorstandes der Handwerkskammer Münster.
DHB: Herr Neubauer, was hat Sie dazu bewogen, neben Ihrer eigenen Dachdeckerei auch ehrenamtliche Aufgaben zu übernehmen?
Neubauer: Mir ist es wichtig, Flagge zu zeigen und das Handwerk als Ganzes nach außen zu vertreten. Das Ehrenamt gibt die Möglichkeit, unsere gemeinsamen Interessen sichtbar zu machen und mit Entscheidungsträgern ins Gespräch zu kommen.
DHB: Was bedeutet das Ehrenamt für Sie persönlich?
Neubauer: Ein Ehrenamt ist für mich eine Chance, Verantwortung zu übernehmen und etwas zu bewegen. Ich kann Impulse setzen, Netzwerke aufbauen und mitgestalten. Besonders schätze ich den Austausch mit anderen Gewerken – dadurch erweitert sich mein Horizont.
DHB: Was treibt Sie persönlich dabei an?
Neubauer: Ich bin mit Leib und Seele Handwerker. Für mich gibt es nichts Schöneres als den Dachdeckerberuf. Die Freude am Handwerk als Berufung möchte ich jungen Menschen näher bringen. Ich finde auch, wir Handwerker müssen Vorbilder sein.
DHB: Wie lässt sich das Ehrenamt mit Ihrer unternehmerischen Tätigkeit und Ihrer Familie vereinbaren?
Neubauer: Meine Eltern haben mir vorgelebt, wie ein Betrieb erfolgreich geführt wird. Als meine Frau und ich unser Familienunternehmen übernommen haben, entschieden wir uns bewusst, das Bürogebäude aufzustocken und darüber zu wohnen. So konnten wir Familie und Beruf sehr gut verbinden. Unsere Kinder waren oft im Betrieb, haben hier sogar gespielt – sie kannten das von klein auf. Zwar konnten wir nie lange Urlaube machen, aber durch eine gute Zusammenarbeit hatten wir immer Familienzeiten. Ein starkes Team im Betrieb ist dabei entscheidend. Unsere 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter sechs im Büro, halten mir oft den Rücken frei. Ich setze auf Förderung und Eigenverantwortung: Der Chef muss auch mal entbehrlich sein. Das gibt mir Freiraum fürs Ehrenamt.
DHB: Gibt es besondere Momente, die Ihnen zeigen, dass Ihr ehrenamtliches Wirken einen Unterschied macht?
Neubauer: Ja, viele. Besonders beeindruckend finde ich, wenn ich erlebe, wie Zusammenarbeit das Handwerk stärkt. In der Kreishandwerkerschaft oder der Kammer sehe ich, dass sich gewerkeübergreifende Lösungen finden lassen. Das fördert den Teamgeist im Handwerk und macht uns als Wirtschaftsgruppe sichtbar. Ein Beispiel: Das Ehrenamt ist ein Türöffner für Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern. Ein Termin beim Landrat oder anderen Verantwortlichen kann neue Möglichkeiten schaffen, um unsere Anliegen parteiübergreifend zu platzieren. Oft stoße ich dabei auf offene Ohren, was zeigt, dass unser Engagement wahrgenommen und geschätzt wird. Die kleinen und mittleren Betriebe im Handwerk brauchen das gemeinsame Auftreten, wenn wir stark sein wollen. Das gilt besonders in meiner Heimat, dem nördlichen Ruhrgebiet. Bei den Berufsorientierungsmessen beispielsweise können die industriellen Großbetriebe mit ihrem Budget und personellen Ressourcen auf den ersten Standflächen auch groß auftreten. Das einzelne Handwerksunternehmen geht dort in der Wahrnehmung der Jugendlichen leicht unter. Mehr Gemeinschaftsstände des lokalen Handwerks würden unsere Präsenz deutlich verbessern.
DHB: Liegt Ihnen ein Thema besonders am Herzen?
Neubauer: Ja, die Energiewende. Unser Gewerk, das Dachdeckerhandwerk, spielt dabei eine zentrale Rolle – aber wir können es nicht allein stemmen. Heizungsbauer, Zimmerer, Maurer, Maler, Elektrotechniker sowie Garten- und Landschaftsbauer sind genauso gefragt. Energetische Sanierungen funktionieren nur im Zusammenspiel aller Gewerke. Dieses Bewusstsein müssen wir noch mehr fördern.
DHB: Ihre Amtszeit wird bis Dezember 2029 dauern. Was wäre dann idealerweise anders als jetzt?
Neubauer: Mein Wunsch wäre, dass das Projekt »Energie Booster« der Handwerkskammer erfolgreich abgeschlossen ist und Schulungen zur energetischen Gebäudetechnik fest etabliert sind. Wenn das Handwerk in diesem Bereich weiter vorangeht und Fachkräfte gezielt geschult werden, wäre das ein großer Erfolg.
DHB: Was wünschen Sie sich von Politik und Gesellschaft?
Neubauer: Das Handwerk verdient mehr Wertschätzung. Ich habe ja schon die »Energiewende« erwähnt. Wer diese umsetzen möchte, muss das Handwerk deutlich in den Fokus nehmen. Das erfordert Entlastungen des Mittelstands seitens der Politik. Das würde den Unternehmergeist beflügeln und gewiss auch Gründungen im Handwerk attraktiver machen. Insbesondere jungen Menschen, die sich fürs Klima einsetzen wollen, rufe ich zu: »Kommt ins Handwerk! Hier könnt ihr wirklich etwas bewegen. Engagiert Euch bei uns nachhaltig für den Klimaschutz.« Generell muss viel mehr in Aus- und Weiterbildung investiert werden. Dafür wünsche ich mir mehr politisches Engagement.
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Text:
Handwerkskammer Münster /
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