Am 13. Januar 2025 verstarb Bernd Cullmann mit 85 Jahren.

Am 13. Januar 2025 verstarb Bernd Cullmann mit 85 Jahren. (Foto: © Jörg Diester)

Vorlesen:

Handwerk trauert um Olympiasieger und Edelsteinschleifermeister Bernd Cullmann

Betriebsführung

Olympiasieger und Edelsteinschleifermeister Bernd Cullmann ist im Alter von 85 Jahren verstorben. Der Idar-Obersteiner war zeitlebens überzeugter und überzeugender Botschafter des Handwerks.

"Der Sportler Cullmann spielt mit dem Handwerker in einer Liga", stellte Bernd Cullmann aus Idar-Oberstein noch im Juni 2024 in einem seiner beliebten Werkstattgespräche dar. Der Olympiasieger von 1960 in der 4-mal-100-Meter-Staffel und 1965er Meister im Edelsteinschleiferhandwerk hatte mit Blick auf seine Vergangenheit klare Sichtweisen. Sport bestimmte die Jugend, das Handwerk sein ganzes Leben. Am 13. Januar 2025 verstarb Bernd Cullmann mit 85 Jahren.

Bis zuletzt arbeitete er an der Schleifscheibe seiner Werkstatt im Keller des Hauses, in dem er 1939 auf die Welt kam. Hier schuf er filigrane Kunstwerke, die zutiefst beeindruckten. Nur mit der Lupe ließen sich die hochpräzisen Schliffe im Detail erkennen.

Foto: © Jörg DiesterFoto: © Jörg Diester

Voller Begeisterung erklärte der erfahrene Handwerksmeister für jedes Stück die Entstehungsgeschichte. Das Handwerk hat ihn rund um den Globus gebracht und zu vielen interessanten Menschen geführt. Selbst Adlige des englischen Königshauses standen neben ihm und haben fasziniert zugesehen, wenn Cullmann den Dingen ihren finalen Schliff verpasste.

Mit dem Handwerk wie auch der Handwerkskammer (HwK) Koblenz war er eng verbunden. Bei zwei Meisterfeiern trat er als Redner vor über 1.000 Gästen auf und begeisterte mit einem flammenden Plädoyer fürs Handwerk.

Und auch die Siegerfeiern für die besten Nachwuchshandwerker aus dem Kammerbezirk besuchte Bernd Cullmann als Ehrengast, überreichte dann als olympischer Goldjunge die Medaillen für Spitzenleistungen im Handwerk. 2015 erhielt er den Goldenen Meisterbrief und sprach auch hier in einer mitreißenden Rede für die Geehrten des Meisterjahrgangs 1965, die sich in seinen Sichtweisen wiederfanden.

Höchste Ansprüche an den Sportler und Handwerker

Höchste Ansprüche an den Sportler und Handwerker – das prägte schon den jungen Cullmann. Die Ausbildung zum Edelsteinschleifer kombinierte er mit intensivem Training auf dem Sportplatz. Sein Herz schlägt für den Fußball. Mit seiner extremen Schnelligkeit wird er schon da zum Alptraum für seine Gegner. "Es folgte ein Spagat aus Fußball und Rennerei." Was ihm zum Verhängnis wird, denn 1959 verletzt er sich auf dem Fußballplatz am Meniskus. Es folgt eine Operation. "Reha gab es damals noch nicht und die Sache verheilte so hulala." Was dazu führte, dass ihn die Bundeswehr als untauglich einstuft. "Bei der Musterung wurde ich vermessen und das eine Bein war zwei Zentimeter kürzer als das andere. Da war ich raus." Mit diesen zwei ungleichen Beinen trainiert er eisern weiter. Das Ziel: Olympia in Rom.

Olympiasieg mit der 4-mal-100-Meter-Staffel

Foto: © Privatarchiv Bernd CullmannFoto: © Privatarchiv Bernd Cullmann

Sein Traum erfüllt sich. Am 8. September 1960 ist der damals 20-jährige Cullmann Startläufer der deutschen Staffel im Endlauf. Für die Stadionrunde benötigen die Goldjungs genau 39,5 Sekunden – Weltrekord! Idar-Oberstein bereitet ihm anschließend einen grandiosen Empfang. In der Stadt gilt der Ausnahmezustand. Schulen bleiben zu, in den Betrieben wird nicht gearbeitet. Die Bewohner stehen Spalier an den Straßen und feiern ihren neuen Star, der ihnen die Goldmedaille mitgebracht hat. Bis heute kann man sie im Rathaus bewundern, denn Cullmann hat sie als Dauerleihgabe der Stadt überlassen. Der einzige Sportler weltweit, der so etwas bisher tat. Das ist auch ein Bekenntnis zur Heimat.

Mit Ende des Leistungssports arbeitet Cullmann einige Jahre als Sportlehrer an der benachbarten Schule. Im Keller seines Wohnhauses richtet er sich die Werkstatt ein, in der Steine den richtigen Schliff erhalten. Damit setzt er ein familiäres Lebenswerk fort, denn auch der Großvater und der Vater waren Edelsteinschleifer.

Ein "einfacher Kerl", der auch bei der UNO in New York aufgetreten ist

"Ich bin ein einfacher Kerl", sagte er über sich selbst. Der es weit gebracht hat. Sogar bei der UNO in New York hat er als Botschafter des Landes sein Handwerk demonstriert. Dafür wurde sogar sein Arbeitsplatz samt Schleifscheibe eingeflogen. Mindestens genauso gut, wie er 1960 lief, arbeitete er bis zuletzt als Handwerker. Seine Werkstatt stand dann offen und Besucher nutzten immer wieder die Möglichkeit, mit einer nahbaren Persönlichkeit der Zeitgeschichte zu plaudern. Wenn dann die Frage nach Lebenswerten gestellt wurde, war Bernd Cullmann eindeutig: "Der Sportler Cullmann spielt mit dem Handwerker in einer Liga. Da stelle ich nicht das eine über das andere."

Beim letzten dieser Treffen mit der HwK-Pressestelle im Juni 2024 berichtete Bernd Cullmann auch, sein Leben in Buchform aufzuarbeiten. Diese Biografie ist im November 2024 erschienen. Sicherlich ein spannendes, informatives wie umfangreiches Werk – doch richtig schön war es, das von ihm selbst zu hören.

Mit Bernd Cullmann verliert das Handwerk im nördlichen Rheinland-Pfalz eine markante wie auch sympathische und zutiefst authentische Persönlichkeit – einen Olympiasieger und überzeugten wie überzeugenden Handwerksmeister.

DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: