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Es soll wieder aufwärts gehen mit Deutschland. CDU-Chef Friedrich Merz sprach bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags von Union und SPD von einem Aufbruchsignal und einem kraftvollen Zeichen für Deutschland.

Es soll wieder aufwärts gehen mit Deutschland. CDU-Chef Friedrich Merz sprach bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags von Union und SPD von einem Aufbruchsignal und einem kraftvollen Zeichen für Deutschland. (Foto: © ronniechua/123RF.com)

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Das steht im Koalitionsvertrag

Die CDU, CSU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. "Verantwortung für Deutschland" lautet sein Titel. Das Handwerk reagiert zurückhaltend. Ob damit eine Wirtschaftswende eingeleitet werden kann, müsse sich erst noch zeigen.

"Vor uns liegt ein starker Plan, mit dem wir unser Land gemeinsam wieder nach vorne bringen können." CDU-Chef Friedrich Merz sprach bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags von Union und SPD von einem Aufbruchsignal und einem kraftvollen Zeichen für Deutschland. Er trägt den Titel: "Vertrauen für Deutschland". Angesichts der weltpolitischen Spannungen und der enorm zunehmenden wirtschaftlichen Unsicherheiten werde die künftige Regierung reformieren und investieren, auch um Deutschland wieder wirtschaftlich stärker zu machen. "Die politische Mitte ist in der Lage, die Probleme zu lösen, vor denen wir stehen", so Merz.

Lars Klingbeil betonte, dass Deutschland nun "dringender denn je" eine stabile Regierung brauche, die auf wirtschaftliche Stärke und die Modernisierung des Landes setzt. Der Parteivorsitzende der SPD sprach das Finanzpaket über 500 Milliarden Euro an, aber Geld alleine reiche nicht. "Wir haben Maßnahmen ergriffen, um schneller zu bauen, um konsequenter zu sanieren, um überholte Vorschriften und überbordende Bürokratie zu streichen." Der Staat wolle den Unternehmen in Zukunft mehr Vertrauen schenken. "Nicht alles muss bis ins Kleinste geregelt werden." Die Wirtschaft müsse wachsen.

"Wir stärken dem Handwerk den Rücken"

Der Vorsitzende der CSU, Markus Söder, bezeichnete des Koalitionsvertrag als "Politik pur" und eine "Antwort auf die Probleme unserer Zeit". Er sei eine Mischung aus Rehakur und einem Fitness- und Modernisierungsprogramm. "Mehr Freiheit und weniger Bürokratie, mehr Leistung und Kraft für die Wirtschaft durch weniger Steuern" gehörten zu den Prinzipien, die sich durch den Koalitionsvertrag ziehen. "Wir nehmen unser Schicksal wieder selbst in die Hand." CDU, CSU und SPD versuchten zu organisieren, dass Deutschland wieder da ist. 

ThemenbereicheSo gliedern Union und SPD ihre Vorhaben:

1. Neues Wirtschaftswachstum, gute Arbeit, gemeinsame Kraftanstrengung
2. Wirkungsvolle Entlastungen, stabile Finanzen, leistungsfähiger Staat
3. Sicheres Zusammenleben, Migration und Integration
4. Starker Zusammenhalt, standfeste Demokratie
5. Verantwortungsvolle Außenpolitik, geeintes Europa, sicheres Deutschland
6. Vertrauensvolle Zusammenarbeit, erfolgreiches Regieren
Auf 144 Seiten gliedern die Parteien ihre Maßnahmen in sechs Themenbereiche (siehe Kasten). "Wir verstehen das Wahlergebnis als Auftrag für eine umfassende Erneuerung unseres Landes", heißt es im Vertrag. Die Rahmenbedingungen für Unternehmen und Beschäftigte wollen sie verbessern, Innovationen fördern und die Bürokratie deutlich zurückfahren. "Wir stärken Mittelstand und Handwerk den Rücken." Genauer: "Wir wollen den Mittelstand und das Handwerk mit flexibleren gesetzlichen Rahmenbedingungen, einfacheren Vergabeverfahren und schnelleren Genehmigungsprozessen unterstützen."

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Unterstützung von Betriebsübergaben und Gründungen im Handwerk

Die Kolalitionäre planen speziell für Handwerksbetriebe eine stärkere Durchlässigkeit von Ausbildung und Meisterprüfung zum Studium und die Verstetigung der Ausbildungsförderung und versprechen den Abbau von Bürokratie und Dokumentationspflichten und der Nachweisführung von Fördermitteln. Normen und Standards sollen vereinfacht und so "mittelstandsgerecht" werden. Schriftformerfordernisse im Arbeitsrecht sollen reduziert werden. Außerdem wollen CDU, CSU und SPD ein mindestens zweijähriges Moratorium für alle neuen rechtlichen Statistikpflichten erlassen.

"Um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten, werden wir gemeinsam mit den Ländern die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer auf ein Verrechnungsmodell umstellen." Kleinere Handwerksbetriebe sollen von der Datenschutzgrundverordnung ausgenommen werden, die Bonpflicht soll entfallen. Übergeordnetes Ziel ist die Reduktion der Bürokratiekosten um 25 Prozent in vier Jahren. Die Parteien versprechen zudem eine "verlässlichen Förderung" der Bildungsstätten, um den Investitionsstau zu lösen, und die Unterstützung von Betriebsübergaben und Existenzgründungen im Handwerk.

Wohnungsbau soll wieder Fahrt aufnehmen

Die Sicherung der Fachkräftebasis sei ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands. "Deshalb ziehen wir alle Register, damit Fachkräftesicherung in den nächsten Jahren gelingt. In Zusammenarbeit mit den Ländern wollen wir die Fachkräftestrategie des Bundes weiterentwickeln." Konkret sollen mehr Frauen in Arbeit kommen, Familien könnten mit einem Familienbudget entlastete für Alltagshelfer werden. "Ergänzend braucht Deutschland qualifizierte Einwanderung." Qualifizierte Fachkräfte aus Drittländern sollen schneller eine Arbeitsgenehmigung erhalten und die Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen soll sich beschleunigen.

"Notwendig ist eine grundsätzliche Überarbeitung von Planungs-, Bau-, Umwelt-, Vergabe- und des (Verwaltungs-)Verfahrensrechts" stellen die Parteien fest. Genehmigungsfiktionen sollen, sofern nicht gesetzlich ausgeschlossen, standardmäßig gelten und Prozesse beschleunigen. Die Verfahren sollen künftig vollständig digital ablaufen. Eine Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive soll den zuletzt so schwachen Wohnungsbau wieder ankurbeln. Dabei soll der soziale Wohnungsbau wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung werden. Änderungen des Baugesetzbuches sollen als "Wohnungsbau-Turbo" wirken.

Kaufanreize für E-Mobilität

In die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur soll zur Auflösung des Sanierungsstaus mehr Geld fließen. Das gilt sowohl für Schiene, Straße als auch besonders für Brücken und Tunnel. Sanierungen im Gebäudesektor werden weiter gefördert. "Spielräume bei der Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie schöpfen wir aus." Bezahlbarkeit, Technologieoffenheit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz sind die Schlagworte in Verbindung mit der Modernisierung der Wärmeversorgung. Das Gebäudeenergiegesetz soll geändert und damit "technologieoffener, flexibler und einfacher" werden.

Auch beim Thema Mobilität will die künftige Regierung auf Technologieoffenheit setzen. Sie will den Automobilstandort stärken und die E-Mobilität mit Kaufanreizen stärken. Einführen will sie steuerliche Begünstigungen und Möglichkeiten der Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge und eine Förderung von Plug-In-Hybrid-Technologie und Elektrofahrzeugen mit Range-Extender. Mit einer sichergestellten Finanzierung soll das Ladenetz schneller flächendeckend, bedarfsgerecht und nutzerfreundlich ausgebaut werden. 

Energiepreis soll sinken

KoalitionsvertragHier finden Sie den ausführlichen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD.Die Energiekosten sollen für Unternehmen wie für Bürger sinken. "Unser Ziel sind dauerhaft niedrige und planbare, international wettbewerbsfähige Energiekosten." Ein Maßnahmenpaket soll für eine dauerhafte Entlastung um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde sorgen. "Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren." Die Strompreiskompensation soll weiterlaufen und sich auf weitere Branchen ausweiten. Ein Industriestrompreis soll anderweitig nicht weiter zu entlastenden energieintensiven Betrieben helfen.

Einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 soll als Investitions-Booster wirken. Der Plan ist, die Körperschaftssteuer ab 2028 in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt zu senken. Für kleine und mittlere Einkommen soll die Einkommensteuer ab Mitte der Legislaturperiode sinken, die Pendlerpauschale soll steigen. Überstundenzuschläge sollen steuerfrei sein. Der Solidaritätszuschlag wird nicht abgeschafft. Ab 2026 wird der Mehrwertsteuersatz auf Speisen dauerhaft auf sieben Prozent gesenkt.

Weitere Pläne von CDU, CSU und SPD

  • wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeit,
  • freiwilliges Handwerksjahr im Freiwilligendienst,
  • Mindestlohn von 15 Euro im kommenden Jahr,
  • steuerliche Anreize für freiwilliges längeres Arbeiten,
  • Mutterschutz für Selbstständige,
  • höhere Ehrenamtspauschale (960 Euro),
  • stärkere Finanzkontrolle Schwarzarbeit,
  • Festschreibung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis 2031,
  • Weiterführung des Deutschlandtickets.

Handwerk reagiert zurückhaltend

"Der Standortpatient Deutschland muss endlich runter von der Intensivstation. Das ist der Auftrag an die neue Regierung. Die Koalitionsvereinbarung enthält wirksame Medizin, aber auch einige bittere Pillen" erklärt Handwerkspräsident Jörg Dittrich. Ob dies zu einer Wirtschaftswende führt, müsse sich erst noch zeigen. Konkrete Entlastungen seien für Betriebe wie für Beschäftigte besonders wichtig. "Beim Bürokratieabbau sind Union und SPD erfreulich mutig und ambitioniert. Auch die berufliche Bildung soll gestärkt werden. Das hilft." 

An entscheidenden Stellen bleibe der Reformdruck allerdings bestehen. Dittrich: "Der sozialpolitische Teil ist sanierungsbedürftig, bevor die Koalition überhaupt ihre Arbeit aufnimmt. Auch die angekündigten Verbesserungen im Steuerbereich sind noch zu verzagt und zu wenig mittelstandsorientiert. Die anhaltende Konjunkturschwäche und die instabile internationale Lage zwingen zum Handeln. Diese Koalitionsvereinbarung kann dafür ein Ausgangspunkt sein. Im Regierungshandeln muss diese Koalition beweisen, wie ernst sie es mit einer Wirtschaftswende meint."

Stimmen aus dem HandwerkWeitere Stimmen aus dem Handwerk zum Koalitionsvertrag finden Sie hier: Koalitionsvertrag: So reagiert das Handwerk auf die Pläne.

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Text: / handwerksblatt.de

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