Nach der vorgezogenen Bundestagswahl ist die CDU/CSU mit 28,5 Prozent die stärkste Kraft. Die Union konnte ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl im Jahr 2021 um 4,3 Prozentpunkte steigern. Die an der gescheiterten Ampelregierung beteiligten Parteien müsse dagegen hohe Verluste hinnehmen. Die SPD kommt auf 16,4 Prozent und verliert 9,3 Prozentpunkte. Die Grünen erhielten 11,6 Prozent der Stimmen. Das sind 3,1 Prozentpunkte weniger als 2021. Die FDP verliert 7,1 Prozentpunkte und kommt damit nur auf 4,3 Prozent und fliegt damit aus dem Bundestag.
Die AfD ist mit 20,8 Prozent zweitstärkste Kraft. Die Linke kommt mit 8,8 Prozent auf ein überraschend gutes Ergebnis, während das Bündnis Sahra Wagenknecht um Haaresbreite an der Fünfprozenthürde scheitert und wie die FDP nicht im Bundestag vertreten sein wird. Mit diesem Ergebnis ist eine Schwarz-rote Regierung unter Friedrich Merz als Bundeskanzler am wahrscheinlichsten. Die SPD sei dafür gesprächsbereit. Eine Koalition mit der AfD schließt Merz aus. Eine Regierungsbeteiligung der Grünen und der Linken ist unwahrscheinlich.
Keine Zeit zum Taktieren
"Das Wahlergebnis zeigt zwar einen klaren Auftrag zur Regierungsbildung bei der Union, zugleich macht es diese zu einer echten Herausforderung", so der Kommentar von Handwerkspräsident Jörg Dittrich. Es bleibe keine Zeit zum Taktieren. "Die für eine Regierungsbildung in Frage kommenden Parteien müssen unverzüglich vom Wahlkampfmodus mit seinen inhaltlichen Abgrenzungen auf einen Regierungsbildungsmodus umschalten, vom Betonen politischer Unterschiede hin zum Finden tragfähiger Kompromisse."
Ein monatelanges Regierungsvakuum könne sich Deutschland nicht leisten. Auch auf europäischer Ebene müsse Deutschland wieder ein Akteur mit Führungsanspruch werden. Dittrich: "Dafür braucht es politischen Gestaltungswillen und die Bereitschaft aller demokratischen Kräfte zu tragfähigen Kompromissen. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren unter Wert verkauft." Nun gelte es, die Wirtschaft zu stärken. "Die Betriebe brauchen schnelle, verlässliche Entscheidungen – für weniger Bürokratie, bezahlbare Energie, eine gezielte Fachkräftesicherung und ein wirtschaftsfreundliches Steuer- und Abgabensystem."
Bäckerhandwerk hofft auf Politikwechsel
Auch das Bäckerhandwerk hofft auf eine zügige Regierungsbildung und danach auf eine Wirtschaftswende mit einem "klaren Politikwechsel". Das Bäckerhandwerk erwarte ein deutliches Aufbruchssignal für die heimische Wirtschaft. "Dazu sind Reformen im Bereich Steuer- und Sozialrecht notwendig, ebenso wie eine Neuausrichtung der Energiepolitik und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung", sagt Roland Ermer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks. Um bestehende Strukturprobleme zu beseitigen, sei auch eine konsequente Entbürokratisierung auf allen Ebenen und Politikbereichen unumgänglich.
Es gebe keine Zeit zu verlieren, um eine tatkräftige Regierungskoalition zu bilden, erklärt der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). "Ein klares Ziel muss jetzt sein: zeitnah Lösungen für die drängendsten Themen der kriselnden Automobilbranche erarbeiten und Deutschlands Schlüsselindustrie endlich wieder auf Wachstumskurs bringen", erklärt ZDK-Präsident Arne Joswig. Ganz wesentlich werde sein, den stockenden Hochlauf der E-Mobilität voranzutreiben. Die Politik müsse den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur beschleunigen und zugleich Kaufanreize setzen.
Mobilität bezahlbar halten
Wichtig ist auch ein Vorziehen der Überprüfung der CO₂-Flottenregulierung auf EU-Ebene. Angesichts der schleppenden Nachfrage nach Elektroautos und nach wie vor "unzureichender Rahmenbedingungen" sei mehr Flexibilität für die Erreichung der jüngst verschärften CO₂-Ziele gefragt – dafür müsse die Bundesregierung in Brüssel künftig stärker eintreten. Klar sollte die Haltung Berlins auch in der Frage möglicher Zölle der USA auf deutsche Fahrzeuge sein. Neue Handelsbarrieren müssten verhindert werden. Sie würden besonders den deutschen Mittelstand in der Automobilbranche hart treffen.
Parallel zur E-Mobilität müssten auch erneuerbare Kraftstoffe bis 2030 als entlastende Option gefördert und anerkannt werden, damit Mobilität bezahlbar bleibt und nicht zur sozialen Frage wird. "Die Politik muss in der neuen Legislaturperiode schnellstmöglich die Weichen dafür stellen, dass der Automobilsektor als großer Wirtschaftszweig endlich wieder attraktive Rahmenbedingungen vorfindet", fordert Joswig. "Eine technologieneutrale Antriebsregulierung ist hier essenziell. Der Markthochlauf erneuerbarer Kraftstoffe muss durch gezielte steuerliche Anreize und Förderprogramme unterstützt werden."
Handwerkspolitik in den Mittelpunkt stellen
Das Tischlerhandwerk fordert eine mittelstandsfreundliche Politik, die den spezifischen Bedürfnissen des Handwerks gerecht wird. Dazu gehörten der Abbau bürokratischer Hürden, die Förderung der beruflichen Ausbildung auf Augenhöhe mit der akademischen, bezahlbare Energie und eine faire und zukunftsfähige Sozialversicherungspolitik. "Das Handwerk verdient, in der neuen Regierungspolitik eine zentrale Rolle zu spielen. Nur mit einer mittelstandsfreundlichen Handwerkspolitik können wir den Wirtschaftsstandort Deutschland langfristig sichern", betont Thomas Radermacher, Präsident von Tischler Schreiner Deutschland.
Das Bündnis "Wir versorgen Deutschland" (WvD) ruft die möglichen Regierungspartner dazu auf, die Gesundheitsversorgung ganz oben auf die politische Agenda zu setzen. Der in Deutschland hohe Standard in der Hilfsmittelversorgung müsse erhalten bleiben. "Wir brauchen übergreifende Versorgungskonzepte, die den Zugang zu einer qualifizierten Hilfsmittelversorgung für alle Patientinnen und Patienten sicherstellen und auch in Zukunft eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung gewährleisten." Hierzu müsse der Trend zu immer stärkeren Überbürokratisierung der Versorgung umgehend gestoppt und umgekehrt werden.
Wohnungsbau ankurbeln
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) wünscht sich "spürbare Impulse" für den Wohnungsbau. "Das Fundament für eine neue Wohnungsbaupolitik muss jetzt gegossen werden. Dazu gehört eine verlässliche, auskömmliche und planbare Förderpolitik für Neubau und Sanierung. Gleichzeitig dürfen die energetischen Anforderungen nicht weiter verschärft werden", sagt ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Ein weiteres Ziel müsse sein, die steigenden Baukosten zu bremsen, indem es rechtssichere Möglichkeiten gibt, von den anerkannten Regeln der Technik vertraglich abzuweichen.
Das nordrhein-westfälische Handwerk sieht angesichts der "großen strukturellen Probleme" keine Schonfrist für die neue Bundesregierung, um den "wirtschaftspolitischen Stillstand" zu überwinden. "Für den handwerklichen Mittelstand kommt es jetzt vor allem auf drei Punkte an: Wir brauchen eine Vollbremsung bei den rasant steigenden Sozialabgaben", erklärt Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk.NRW. "Wir müssen zurück zur 40-Prozent-Grenze – das geht nur mit mutigen Reformen. Wir brauchen spürbare Entlastung bei der Bürokratie. Die bisherigen Ansätze waren viel zu zaghaft, um echte Erfolge zu erzielen."
Neustart für Wachstum und Wohlstand
Ehlert fordert außerdem eine "realistische und zielführende Zuwanderungs- und Integrationspolitik". Die derzeitige Politik beruhe auf Illusionen und überfordere alle Beteiligten. "Die Menschen müssen wieder Vertrauen finden, dass der Staat Zuwanderung steuern kann und dass diejenigen, die bleiben dürfen, tatsächlich erfolgreich integriert werden. Wir müssen Zuwanderung vom Problemthema zum Chancenthema drehen. Ich traue Friedrich Merz zu, diese Themen voranzubringen. In den anstehenden Koalitionsverhandlungen muss ein Neustart für Wachstum und Wohlstand ganz oben auf der Agenda stehen."
"Deutschland hat gewählt – jetzt braucht es eine stabile und handlungsfähige Regierung, die entschlossen anpackt", fordert Robert Wüst, Präsident des Handwerkskammertages Land Brandenburg. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sei auch für das standortgebundene Handwerk in Brandenburg von zentraler Bedeutung. "Neben der Unterstützung der Industrie müssen auch die Rahmenbedingungen für die kleinen und mittelständischer Betriebe verbessert werden. Weniger Bürokratie, niedrigere Steuern und Abgaben, bezahlbare Energie und eine starke berufliche Bildung sind dringend nötig."
Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen schaffen
Der Baden-Württembergische Handwerkstag (Handwerk BW) rechnet nach der Wahl mit einem politischen Neuanfang und neue Wachstumsimpulse. "Die Bundestagswahl 2025 kann ein Wendepunkt werden. Nach viel zu langer Selbstbeschäftigung der Bundespolitik benötigen wir nun eine zügige und entschlossene Regierungsbildung. Die Wirtschaft muss schleunigst aus der Rezession geführt werden", so Handwerk BW-Präsident Rainer Reichhold. Die Handwerksbetriebe benötigten endlich wieder Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen, um investieren und wachsen zu können.
Laut Reichhold sind nun zügig konkrete Maßnahmen notwendig, um diesen Wendepunkt zu nutzen. "Wir brauchen sofortige Impulse, die die Nachfrage ankurbeln, Bürokratie abbauen und die Innovationskraft unserer Betriebe stärken." Besonders wichtig seien dabei Entlastungen bei Unternehmenssteuern und Sozialabgaben, ebenso Investitionen in Schule, Aus- und Weiterbildung sowie in digitale Infrastruktur und Energienetze. Und die frisch gewählten Abgeordneten aus Baden-Württemberg seien aufgerufen, in der Phase der Koalitionsbildung die Interessen der wirtschaftlichen Herzkammer im Südwesten im Auge zu behalten.
Wirtschaftspolitische Kehrtwende
Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund, sagt: "Unsere Betriebe brauchen Planungssicherheit – und die kann es nur geben, wenn schnell eine handlungsfähige Regierung steht. Schon vor der Wahl haben wir die Notwendigkeit einer wirtschaftspolitischen Kehrtwende betont. Wir brauchen Maßnahmen, die nicht nur kurzfristige Effekte erzielen, sondern langfristige Perspektiven für den Mittelstand schaffen. Dazu gehören die Senkung von Steuern und Abgaben, die Reduzierung von Energiekosten und die Förderung der Fachkräfteausbildung."
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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