Long-Covid kann Berufskrankheit sein
Erschöpfung oder kognitive Störungen sind typische Folgen einer Corona-Erkrankung und wissenschaftlich belegt. Deshalb muss die Unfallkasse einem Mann eine Verletztenrente zahlen, urteilte das Sozialgericht Heilbronn.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Corona-Schutz im Betrieb
Langzeitfolgen wie Fatigue oder kognitive Störungen seien typische Folgen einer Covid-19-Erkrankung und wissenschaftlich belegt. Daher müsse die Unfallkasse eine Verletztenrente zahlen, stellte das Sozialgericht (SG) Heilbronn klar.
Der Fall
Ein Krankenpfleger litt 2020 an Covid-19. Die Unfallkasse Baden-Württemberg zahlte ihm bis Juni 2021 Verletztengeld, weil es sich um eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung. Der Mann zeigte später Langzeitsymptome, darunter eine kognitive Störung, eine Fatigue-Symptomatik und eine schwere depressive Episode. Auch nach mehreren Reha-Maßnahmen blieb er arbeitsunfähig.
Für diese Langzeitfolgen wollte die Unfallkasse jedoch keine Verletztenrente zahlen. Sie begründete dies damit, dass es "keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse" gebe, die die Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion bewiesen. Der Pfleger zog gegen den ablehnenden Bescheid vor Gericht.
Das Urteil
Er hatte Erfolg. Das Sozialgericht verurteilte die Unfallkasse zur Zahlung einer Verletztenrente. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 Prozent gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII Anspruch auf eine solche Rente.
Außerdem muss die Kasse anerkennen, dass ein Post-Covid-Syndrom mit Fatigue-Syndrom, einer kognitiven Störung sowie einer daraus resultierenden Depression die Folgen der anerkannten Berufskrankheit sind. Das Gutachten eines Sachverständigen überzeugte die Richter. Es entspreche auch dem aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft. "Die generelle Behauptung der Beklagten zum Nichtvorliegen wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Post-Covid-Syndromen nicht (mehr) nachvollziehbar. Vielmehr überzeugt die Bewertung des Sachverständigen, wonach das Post-Covid-Syndrom nach Covid-19-Infektion inzwischen medizinisch allgemein als ein der BK Nr. 3101 zuzurechnendes Krankheitsbild anerkannt ist", so das Urteil wörtlich.
Das Fatigue-Syndrom und die kognitiven Störungen seien eine "typisch häufig bis sehr häufig auftretende" Folge einer Covid-19-Erkrankung. Der aktuelle Stand der Wissenschaft und Literatur in diesem Bereich gebe keinen Anlass, warum die Unfallkasse von fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnissen spreche.
Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 12. Dezember 2024, Az. S 2 U 426/24
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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