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HWK Trier | November 2024
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Der Bieter trägt das Risiko für die richtge Kalkulation des Preises. Steht er zum (falschen) Ergebnis, muss die Vergabestelle das Angebot berücksichtigen. (Foto: © dolgachov/123RF.com)
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November 2024
"Kilo" statt "Tonne": Dieser Fehler bei der Kalkulation unterlief einem Bieter in einem Vergabeverfahren. Die Vergabestelle darf ihn aber nicht wegen fehlender Preisangabe ausschließen, urteilt das OLG Stuttgart.
Flüchtigkeitsfehler beim Rechnen können passieren. In einem Angebot für eine öffentliche Ausschreibung sind sie aber zuweilen entscheidend: Bieter in einem Vergabeverfahren sind an ihre Angebote gebunden, Auftraggeber können bei einem Kalkulationsirrtum das Angebot in der Regel nicht ablehnen. Geht der Bieter versehentlich von einem Kilopreis statt eines Tonnenpreises aus, ist das ein Kalkulationsfehler, aber keine fehlende Preisangabe. Deshalb ist das kein Grund, den Bieter vom Vergabeverfahren auszuschließen. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte die Vergabestelle zu Schadensersatz.
Für den Bau eines Regenüberlaufbeckens waren unterhalb des EU-Schwellenwertes verschiedene Gewerke ausgeschrieben – der Preis war das einzige Zuschlagskriterium. Die Ausschreibung der Leistung erfolgte nach Tonnen und es ging um einen VOB/B-Einheitspreisvertrag.
Bei der Auswertung fiel dem öffentlichen Auftraggeber auf, dass bestimmte Einheitspreise in einem Angebot im Vergleich zu den Mitbewerbern sehr günstig waren. Der Bieter antwortete auf Nachfrage, dass ihm ein kalkulatorischer Fehler unterlaufen sei: Er habe versehentlich einen Kilopreis anstatt eines Tonnenpreises angeboten. Da das Angebot in seiner Gesamtheit aber für ihn auskömmlich sei, bleibe er bei den abgegebenen Preisen, teilte er mit.
Die Vergabestelle schloss den Bieter trotzdem vom Vergabeverfahren aus und erteilte den Zuschlag anderweitig. Der Bieter verlangte Schadensersatz für den entgangenen Gewinn und klagte.
Er hatte in beiden Instanzen Erfolg: Sein Angebot durfte nicht wegen fehlender Preisangabe ausgeschlossen werden, stellte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klar. Fehlende Preisangabe nach § 13 Absatz 1 Nr. 3 VOB/A ist eine Auslassung oder eine Angabe mit unbestimmtem Bedeutungsgehalt, oder wenn die Preisangaben offensichtlich unzutreffend sind. Das sei hier nicht der Fall, denn alle geforderten Preisangaben seine vorhanden gewesen, stellten die Richter klar. Das Angebot sei zwar wegen Irrtums anfechtbar gewesen, dies führe aber nicht zu einer fehlenden Bestimmtheit der Einzelpreise.
Eine Unklarheit liege allenfalls darin, ob der Bieter von einem Anfechtungsrecht Gebrauch mache, nicht hingegen bezüglich der Höhe der Einheitspreise. Die Preisangaben seien auch nicht deswegen unklar oder unbestimmt, weil sie auslegungsbedürftig gewesen seien, ergänzte das OLG.
"Auf dieser Grundlage ist festzustellen, dass der Irrtum bereits im Vorfeld des Gebots entstanden ist, nämlich bei der Kalkulation der Einheitspreise, nicht erst bei der Übertragung der Kalkulation in das Formular", so das Urteil wörtlich. "Als Irrtum im Beweggrund (Motiv) ist er unbeachtlich, denn die Klägerin trägt das Risiko für die Richtigkeit der Kalkulation des Einzelpreises."
"Das Urteil zeigt, dass Kalkulationsirrtümer bei Bauverträgen sowohl in der Phase der Vertragsanbahnung als auch nach Vertragsschluss unanfechtbar sind", erklärt Rechtsanwältin Dr. Anna Fischbach. "Eine sorgfältige Berechnung und Angebotserstellung ist daher geboten. Ist ein Einheitspreisvertrag bereits abgeschlossen, kann der Auftragnehmer den Bauvertrag nicht mit Verweis auf einen Kalkulationsirrtum anfechten oder ohne Weiteres mit höheren Einheitspreisen abrechnen."
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 16. Mai 2024, Az. 2 U 146/22
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