Pauschalpreisvertrag gekündigt? So wird richtig abgerechnet!
Wird mitten in der Arbeit der Werkvertrag aufgelöst, muss der Kunde den Handwerker für die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Wie das bei einem Pauschalpreisvertrag berechnet wird, hat das Oberlandesgericht Oldenburg festgelegt. Lesen Sie hier mehr.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Das aktuelle Baurecht
Die Arbeit ist noch nicht fertig, aber der Auftraggeber kündigt den Werkvertrag? Dann muss der Handwerker für die schon erbrachten Leistungen eine Rechnung stellen. War ein Einheitspreis vereinbart, kann er nach diesen und den festgestellten Massen abrechnen. War aber ein Pauschalpreis vereinbart, ist die Abrechnung erheblich schwieriger: Für die erbrachte Leistung muss erst einmal der Wert der Teilleistung aus dem Pauschalpreis ermittelt werden.
Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat in einem aktuellen Urteil die Voraussetzungen für die korrekte Berechnung festgelegt.
Der Fall
Ein Handwerker verlangte nach Kündigung des Werkvertrags seinen restlichen Werklohn. Vertraglich vereinbart war ein – nicht weiter aufgegliederter – Pauschalpreis. Bei Kündigung waren noch nicht alle Arbeiten fertig. Es stellte sich die Frage, wie die Vergütung für die bereits erbrachten Leistungen zu berechnen ist.
Das Urteil
Das OLG urteilte, dass der Auftraggeber die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen vergüten muss. Die Berechnung der Höhe muss regelmäßig in zwei Schritten erfolgen:
- Zuerst muss der Handwerker die erbrachten Leistungen klar darlegen und von den nicht ausgeführten abgrenzen. Damit kann der Kunde die inhaltliche Richtigkeit überprüfen. Sinn dieser Anforderung ist, dass der Unternehmer seine Leistungen nicht beliebig bewertet und dadurch (ungerechtfertigte) Vorteile erlangt.
- Der Handwerker muss anschließend die Vergütung für die erbrachten Leistungen im Verhältnis zum Wert der gesamten vereinbarten Leistung berechnen.
Fehlen Anhaltspunkte zur Bewertung der erbrachten Leistungen, muss der Werksunternehmer nachträglich im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen zu bewerten sind. Hierfür kann eine aufgegliederte und auf einzelne Gewerke bezogene Aufstellung bereits genügen. Sie sollte die Gesamtkosten bei vollständiger Fertigstellung und die tatsächlich entstandenen Kosten gegenüberstellen.
Ausnahme: Eine detaillierte Aufschlüsselung der Gesamtleistungen in Einzelleistungen ist jedoch nicht erforderlich, wenn nur noch geringwertige Restleistungen ausstehen. In solchen Fällen kann der Unternehmer auch auf Basis der Fertigstellungskosten des Bestellers abrechnen, sofern dem Besteller dadurch kein Nachteil entsteht. Fertigstellungskosten sind solche Kosten, die an einen Drittunternehmer für die Fertigstellung der Restleistungen zu zahlen sind. Diese werden von der Pauschalvergütung abgezogen.
Praxistipp:
"Bei Pauschalpreisverträgen ist zu empfehlen, die bereits erbrachten Leistungen laufend und ausreichend detailliert zu dokumentieren, damit im Fall einer Kündigung dargelegt werden kann, welche Leistungen bereits erbracht wurden und wie diese im Verhältnis zur gesamt vereinbarten Leistung stehen", rät Juristin Sabine Schönewald, Hauptabteilungsleiterin bei der Handwerkskammer zu Köln. "Hierfür wäre es unter Umständen auch ratsam, sämtliche Kalkulationen, die dem Pauschalpreisvertrag zugrunde liegen, aufzubewahren. Die sorgfältige Dokumentation trägt dazu bei, den Abrechnungsprozess nach einer Kündigung einwandfrei durchführen zu können."
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 23. Mai 2023, Az. 2 U 195/22
Die Berater in den Handwerkskammern helfen Ihnen bei Rechtsfragen gerne weiter!
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben