Brandenburg: Der Job-Turbo stottert
Die Politik will mehr Flüchtlinge in Arbeit bringen. Gerade bei Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine klappt das bislang aber schlecht.
Im Oktober letzten Jahres hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil seine Initiative zur schnelleren Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt – kurz Job-Turbo – gestartet. Das Land Brandenburg und die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit haben sich daraufhin auf Maßnahmen geeinigt, um geflüchtete Menschen aus der Ukraine und den acht häufigsten Asyl-Herkunftsländern in Arbeit zu bringen.
Diskussion um Bürgergeld: Auswirkungen auf Arbeitsaufnahme und Beschäftigungsquote
Die Initiative sieht vor, dass Flüchtlinge bereits mit grundständigen Sprachkenntnissen (A2) eine Arbeit aufnehmen können und dann gezielt Fachsprachkurse besuchen sollen. Für Unverständnis hatte in der Öffentlichkeit vor allem gesorgt, dass von den ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland Ende 2023 nur jeder Fünfte im Haupterwerbsalter eine Arbeit gefunden hatte, während es in Dänemark oder den Niederlanden weit mehr als 50 Prozent sind. Zu den Gründen sagt Maria Braune, Sprecherin des Agenturbezirks Neuruppin der Arbeitsagentur stellvertretend für alle fünf brandenburgischen Agenturbezirke: "Es sind zumeist individuelle Herausforderungen wie Kinderbetreuung, Dauer der Anerkennungsverfahren und das Erlernen der deutschen Sprache. Für ländlichere Regionen sind es ergänzend auch die gegebenen Mobilitätsbedingungen."
Dass durch den sofortigen Bezug des Bürgergeldes zudem keine finanzielle Notwendigkeit zur sofortigen Arbeitsaufnahme bestand, hatte der Leiter des Jobcenters Frankfurt (Oder), Frank Mahlkow, in einem Interview mit dem DHB eingeräumt: "Ganz sicher hat die Höhe des Bürgergeldes dazu geführt, dass es für die erwerbsfähigen und zumeist gut ausgebildeten Kriegsflüchtlinge keinen Druck gab, ohne Sprachkenntnisse eine Arbeit aufzunehmen." Dabei bringen gerade ukrainische Flüchtlinge ein großes Potenzial für den hiesigen Arbeitsmarkt mit. "Zu sagen ist, dass ukrainische Geflüchtete häufiger als andere arbeitssuchende Geflüchtete über eine qualifizierte Ausbildung verfügen – unter anderem auch im Handwerk", so Maria Braune.
Wunsch nach aktiverer Unterstützung durch Arbeitsagenturen
Zu den brandenburgischen Handwerksbetrieben, die diese Potenziale nutzen wollen, zählt beispielsweise die Familienbäckerei Exner in Potsdam. Allerdings betont Kathleen Exner: "Vom Job-Turbo ist bei uns noch nichts angekommen." Gemeinsam mit Ehemann Tobias Exner betreibt sie an die 40 Fachgeschäfte und Cafés in Berlin und Brandenburg mit rund 240 Beschäftigten. Sie wünscht sich eine aktivere Ansprache der Betriebe durch die Arbeitsagenturen.
Gegenwärtig prüft die Familienbäckerei die Einstellung einer ukrainischen Bewerberin für eine Teilzeitbeschäftigung in der Konditorei. "Im Verkauf sind gute deutsche Sprachkenntnisse unerlässlich", sagt Kathleen Exner. In der Bäckerei und Konditorei hingegen sei ein arbeitsbegleitender Spracherwerb gut vorstellbar. Politik und Arbeitsagenturen sollten diesbezüglich mehr Vertrauen in Handwerksbetriebe mit langjähriger Ausbildungserfahrung setzen. Wichtig sei aus ihrer Sicht, dass der berufsbegleitende Spracherwerb im Unternehmen entsprechend finanziell von staatlicher Seite unterstützt werde.
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Text:
Karsten Hintzmann /
handwerksblatt.de
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