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HWK Trier | März 2025
Hair & Style Party Night
Am 22. März verwandelt sich das Bürgerhaus in Hetzerath in eine Bühne für kreative Stylings, atemberaubende Trends und unvergessliche Showeinlagen.
Hauptgeschäftsführer Georg Stoffels (l.) und Präsident Marco Herwartz (Foto: © Handwerkskammer Aachen)
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März 2025
Im Interview: Präsident Marco Herwartz und Hauptgeschäftsführer Georg Stoffels von der Handwerkskammer Aachen sagen, warum Wertschätzung wichtig ist und welche Maßnahmen dafür ergriffen werden müssen.
Aachen ist Handwerks-, aber auch Wissenschaftsstandort. Präsident Marco Herwartz und Hauptgeschäftsführer Georg Stoffels von der Handwerkskammer Aachen über die erfolgreichen Kooperationen mit den Hochschulen, die Beziehungen zu den Nachbarländern und das neue Magazin.
DHB: Die Handwerkskammern werden dieses Jahr 125 Jahre alt. Ist die Institution Kammer überhaupt noch zeitgemäß?
Herwartz: Ich bin der festen Überzeugung, dass sie nie zeitgemäßer war als jetzt. Die Kammer übernimmt sehr wichtige Aufgaben für ihre Mitgliedsbetriebe. Wir sorgen dafür, dass wir die Interessen der Mitgliedsbetriebe gebündelt in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einbringen und sind Ansprechpartner für die Betriebe, wenn sie Sorgen, Nöte und Anregungen haben.
DHB: Glauben Sie, dass die Betriebe das auch wissen?
Stoffels: Ich denke, zu großen Teilen ist das schon bekannt. Neben den ganzen Dienstleistungsangeboten für die Betriebe, die sie kostenlos abrufen können – klassische Beratung, Rechtsberatung, Marketing, Technik oder Prüfungswesen – ist eine der wichtigsten Kammeraufgaben die Interessenvertretung eines ganzen Wirtschaftszweiges in der Region gegenüber Politik und Verwaltung, die ein einzelner Betrieb nicht machen könnte. Die gesetzliche Mitgliedschaft stellt sicher, dass die Gesamtinteressen vertreten werden, inklusive die der Klein- und Kleinstbetriebe.
DHB: Fühlen Sie sich von den Institutionen, vor allem von der Politik, gehört?
Herwartz: Eindeutig ja! Wir merken, nicht nur auf regionaler, sondern auch auf Bundesebene, dass die Themen, die wir ansprechen, ernst genommen werden. Das gilt für unseren Bezirk, aber auch auf Landesebene in ganz enger Zusammenarbeit über den Westdeutschen Handwerkskammertag und Handwerk NRW sowie auf Bundesebene mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).
Stoffels: Wir sind auf allen Ebenen mit Politikern im Gespräch. Ein Beispiel dafür: Wir werben für die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung sowie für die Erhöhung der Wertschätzung gegenüber Meisterinnen/Meistern. Aufgrund dieser Diskussion mit regionalen Politikern und Landräten haben im letzten Jahr zwei Landkreise bei uns ein Meisterstipendium eingeführt.
Herwartz: Wenn ich das mit drei Beispielen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene ergänzen darf: Auf kommunaler Ebene hatten wir in Aachen in der Innenstadt massive Probleme mit dem Handwerkerparkausweis. In Kooperation mit der Kreishandwerkerschaft konnten wir die Belange der Handwerksbetriebe umsetzen, dass der Handwerkerparkausweis nicht die strengen Bedingungen hat, wie es zwischenzeitlich geplant war. Ein großer Erfolg auf Landesebene ist die kleine Bauvorlagenberechtigung, die wir in Nordrhein-Westfalen etablieren konnten, was eine gewisse Bürokratieentlastung und Stärkung des Meisterabschlusses bedeuten. Auf Bundesebene ist die Rückvermeisterung von 12 Gewerken ein großer Erfolg.
DHB: Aachen kennen viele durch die RWTH als Wissenschaftsstandort. Wie profitiert das Handwerk von diesem Know-how?
Herwartz: Auf unsere Exzellenzhochschule sind wir sehr stolz, aber wir haben auch noch eine nicht minder kompetente Fachhochschule. Die Zusammenarbeit mit der Fachhochschule ist noch viel intensiver. In Simmerath haben wir unser Bildungszentrum, wo auch das Holzbauforschungszentrum der FH angesiedelt ist. Da ist tatsächlich ein Durchgang per Gartentor, sodass unsere Meister, die dort ihre Ausbildung machen, nur durchgehen müssen, um sich darüber zu informieren, wie geforscht wird, während umgekehrt die Wissenschaftler sich einen Eindruck von der Praxis verschaffen können. Wir erhoffen uns, dass wir uns gegenseitig befruchten.
Stoffels: Wir haben verschiedenste Kooperationen mit der Fachhochschule, zum Beispiel im Bereich der dualen Studiengänge, bei dem eine Ausbildung mit einem Hochschulstudium an der FH kombiniert ist. Das haben wir für die Bereiche Maschinenbau, Elektrotechnik und Bauingenieurwesen. Ein weiteres wichtiges Programm ist AKzentE4.0 im Verbund mit der RWTH und anderen Institutionen. Da geht es darum, die technologischen Entwicklungen – KI, BIM-Technologie, Drohnentechnik, Lasertechnik – fürs Handwerk nutzbar zu machen und den Technologietransfer hinzubekommen. Das Projekt, gefördert vom Bundesbildungsministerium, läuft noch bis 2026.
DHB: Durch den Dialog entstehen sicher auch neue Projekte…
Herwartz: …Ja, zum Beispiel das FH-/HWK-Projekt Interpro, die interdisziplinäre Prototypenentwicklung. Diese soll helfen, dass verschiedene Fachrichtungen zusammen Start-ups gründen, also zum Beispiel der Handwerks-Designer mit Studierenden der Elektrotechnik, um aus dem Know-how und der Idee ein Unternehmen zu schmieden. Aus unserer Sicht gehört da ein Handwerker mit dazu, denn sie müssen so ein Endprodukt auch verkaufen, installieren und reparieren – und die Idee kam gut an!
DHB: Da treffen aber sehr unterschiedliche Mentalitäten aufeinander.
Herwartz: Natürlich, weil der 20-Jährige aus dem Handwerk schon lange Geld verdient, Verantwortung im Job trägt und womöglich Rückschläge verkraften musste. Dieser junge Mensch trifft auf bei diesem Projekt jetzt auf jemanden, der auf einem anderen wissenstechnischen Level ist, aber nicht die Erfahrung in der Gesellschaft so erworben hat wie ein Handwerker. Die Studierenden und die Lehrenden waren sehr beeindruckt davon, wie eigenständig und selbstverantwortlich die Handwerker darangegangen sind, Lösungen zu finden und umzusetzen. Das ist eine Kompetenz, die für uns im Handwerk ganz normal ist, was aber offensichtlich in der Fachhochschule vor dem Projekt so überhaupt nicht wahrgenommen wurde und in Respekt und Anerkennung mündete. Das hat mich total berührt.
DHB: Da treffen aber sehr unterschiedliche Mentalitäten aufeinander.
Herwartz: Natürlich, weil der 20-Jährige aus dem Handwerk schon lange Geld verdient, Verantwortung im Job trägt und womöglich Rückschläge verkraften musste. Dieser junge Mensch trifft auf bei diesem Projekt jetzt auf jemanden, der auf einem anderen wissenstechnischen Level ist, aber nicht die Erfahrung in der Gesellschaft so erworben hat wie ein Handwerker. Die Studierenden und die Lehrenden waren sehr beeindruckt davon, wie eigenständig und selbstverantwortlich die Handwerker darangegangen sind, Lösungen zu finden und umzusetzen. Das ist eine Kompetenz, die für uns im Handwerk ganz normal ist, was aber offensichtlich in der Fachhochschule vor dem Projekt so überhaupt nicht wahrgenommen wurde und in Respekt und Anerkennung mündete. Das hat mich total berührt.
Stoffels: Ich würde zudem noch das Projekt ETAUS ergänzen. Das steht für Elektrotechnik und Ausbildung und ist ebenfalls in Kooperation mit der IHK und der Fachhochschule im Bereich Elektrotechnik entstanden.
Herwartz: Mit dem Projekt wollen wir kurzfristig Erfolge erzielen. Ein Mensch, der das Abitur hat, aber noch nicht genau weiß, ob er oder sie Elektrotechnik studieren oder eine handwerkliche Ausbildung machen sollte, kann parallel beides machen. Der Abiturient geht im ersten Monat komplett zur Ausbildung in den Betrieb und für weitere fünf Monate einmal pro Woche in den Ausbildungsbetrieb, während er an den anderen vier Tagen an der Fachhochschule Elektrotechnik studiert. Er bekommt also für ein halbes Jahr Einblick in die berufliche als auch die akademische Seite der Elektrotechnik. Nach sechs Monaten muss er sich dann entscheiden – mit dem Riesenvorteil, dass er keine Zeit verliert, weil das halbe Jahr dann entweder auf das Studium oder die Ausbildung angerechnet wird.
Das Projekt ist 2024 gestartet, aber wir wollen das noch bekannter zu machen. Berufsorientierung muss zwar früh in der Schule schon ab dem fünften oder sechsten Schuljahr anfangen, aber mit diesem Projekt können wir sofort bei Abiturienten ansetzen, die noch nicht wissen, was sie machen sollen. Einen kleinen Haken gibt es: Die Azubis bekommen ihre Ausbildungsvergütung vom Unternehmen. So trägt der Handwerksunternehmer die Kosten für eine Aufgabe, die eigentlich die Gesellschaft übernehmen müsste, während im Falle der akademischen Bildung der Staat dafür geradesteht.
DHB: Das ist ein sehr spannendes Beispiel, das sich auch auf andere Bereiche übertragen lässt.
Herwartz: Das ist bewusst als Pilotprojekt gestartet worden. Ich weiß, dass Kollegen aus Siegen die Idee mitgenommen haben, um dort mit der Hochschule über so ein Projekt zu diskutieren. Ich hoffe, dass so etwas Schule macht, weil es eine fehlende Berufsorientierung etwas kompensieren kann. Seit 60 Jahren fördern wir die akademische Bildung. Jetzt fehlt überall in der beruflichen Bildung, nicht nur im Handwerk, der Nachwuchs. Eine akademische Bildung ist gut, ohne jede Frage, aber wir müssen die berufliche Bildung mindestens gleichwertig fördern, damit wir unserer Gesellschaft Gutes tun.
DHB: Wie fangen Sie denn Studienabbrecher auf?
Stoffels: Da haben wir eine Kooperation mit beiden Hochschulen über unser Projekt Switch, bei dem auch die IHK mit im Boot sitzt. Wir sind in der Fachhochschule in der Studienberatung fest verankert, wenn es darum geht, Zweifler aufzufangen und in die berufliche Bildung zu führen.
DHB: Sie haben auch eine beeindruckende Kooperation mit der Bundeswehr, die Sie zu Kfz-Meistern ausbilden…
Stoffels: …und das seit 2005, unsere integrative Ausbildung der Bundeswehr. Integrativ heißt, wir bilden nicht für die Zwecke der Bundeswehr aus, sondern für den Übergang in das zivile Leben. Das ist keine Kooperation mit der Bundeswehr an sich, sondern mit dem Berufsförderungsdienst der Bundeswehr mit dem Ziel, die Zeitsoldatinnen und Zeitsoldaten fir für die Rückkehr in den Job im zivilen Leben zu machen. Das läuft sehr erfolgreich: Wir haben im Schnitt 60 Absolventen und in den letzten 20 Jahren rund 1.200 Meisterinnen und Meister in Uniform verabschieden können.
DHB: Profitieren Sie als Kammerbezirk Aachen davon?
Stoffels: Die Zahlen sind weiterhin sehr hoch und unser Interesse ist natürlich, weiterhin gute Fachkräfte aus den Reihen der Bundeswehr für uns zu gewinnen. Die Absolventen kommen aus ganz Deutschland, aber wir hoffen, dass sie nach der Ausbildung in der Region bleiben. Aber selbst wenn sich der ein oder die andere nicht für den Handwerksstandort Aachen entscheidet, dann entscheidet er sich hoffentlich für einen anderen Standort – Hauptsache Handwerk.
DHB: Als Standort grenzt Aachen an Belgien und die Niederlande. Inwieweit beeinflusst das das Handwerk?
Herwartz: Jeder Handwerker kennt einen anderen Handwerkskollegen, der schon mal in den Niederlanden oder in Belgien gearbeitet hat. Aber: Es ist keine große Auftragslage, für beide Seiten. Aber, das macht den Standort Aachen tatsächlich aus, wir haben enge Kooperationen Richtung Belgien und Niederlande, weil wir überzeugt sind, dass wir zwar eine Grenze dazwischen haben, aber die Bedürfnisse der Menschen gleich sind. Die Arbeit, die Aufgabe ist identisch. Wenn ich meinen Bereich, die Elektrotechnik, nehme, gibt es keinen Elektrotechniker, der gern in Belgien arbeitet, weil das sehr bürokratisch geregelt ist. Ob es ein Meisterbetrieb ist, interessiert den Belgier nicht, jeder aus dem Ausland muss einen Antrag bei der Behörde einreichen, damit ein Inspektor die Anlage abnimmt.
Stoffels: Wir haben aber gute Kooperationen, etwa mit Institutionen wie dem Zentrum für Aus- und Weiterbildung des Mittelstandes (ZAWM) in Eupen. Wir haben eine gemeinsame Berufsausbildung, zum Beispiel bei den Fleischern, im Kfz-Bereich und bei den Friseuren gibt es ein Bi-Diplom, das heißt mit nur einer Prüfung vor dem jeweiligen heimischen Prüfungsausschuss bekommen die Absolventen/innen die Gesellenbriefe beider Länder bzw. Prüfungsinstitutionen ausgehändigt. . Bei den Fleischern haben wir eine gemeinsame überbetriebliche Unterweisung der Auszubildenden zum Fleischer und Fleischereifachverkäufer im belgischen Eupen, auch durch Dozenten aus Belgien. Auch im Rahmen der Meisterausbildung für Bäcker und Fleischer gibt es eine Kooperation mit den Belgiern. So schaffen wir es Grenzen zu überwinden und vor allem bei der Bildung die Gesellschaft zusammenzubringen.
DHB: Beim unternehmerischen Teil sieht es anders aus.
Stoffels: Richtig, wir bieten Mitgliedsbetrieben Beratung und Hilfestellung an, wenn sie in Belgien oder den Niederlanden arbeiten möchten. Aber das ist hoch bürokratisch, auch wenn der Fokus unserer Betriebe naturgemäß über die Grenze gerichtet ist, weil unser Kammerbezirk abgeschnitten ist. Nach Deutschland zu kommen und grenzüberschreitend tätig zu werden, ist deutlich einfacher.
DHB: Bei uns sind die Wahlen gelaufen, die Regierungsbildung wartet noch auf sich, aber die Forderungen des Handwerks sind klar.
Herwartz: Das stimmt, die haben wir gemeinsam über den ZDH erarbeitet. Der Flyer 25 für 25 enthält unsere Kernbotschaften und Forderungen. Das sind die Punkte, die uns im Handwerk stark bewegen, von der Berufsorientierung über den Bürokratieabbau bis hin zu den wirtschaftlichen Belangen. Der wichtigste Punkt ist, dass die Sozialabgaben wieder unter 40 Prozent kommen. Wenn wir da etwas anfassen, können wir nicht mehr homöopathisch vorgehen, sondern müssen radikal etwas ändern.
DHB: Was erwarten Sie von der Umstellung von Handwerkswirtschaft auf das DHB-Magazin, das Sie Ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen?
Herwartz: Ich freue mich, dass wir uns so entschieden haben und die Betriebe, unsere Leser, eine Aufbruchstimmung spüren. Das Handwerk ist innovativ, weit vorne – und das dokumentieren wir mit dem neuen Format.
Stoffels: Es ist auch haptisch angenehmer, ansprechender vom Format, man kann es besser herumreichen, sammeln oder abheften. Außerdem ist positiv, dass es eine digitale Fassung gibt und wir so den Leserkreis noch weiterziehen können, mal abgesehen vom nachhaltigen Aspekt – weniger Papier, weniger Logistik.
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