Ende der Hochkonjunktur im Handwerk absehbar
Derzeit ist die wirtschaftliche Lage im Handwerk noch hervorragend. Aber die Geschäftsaussichten für das nächste Jahr lassen eine Abkühlung erwarten.
Die wirtschaftliche Lage im Handwerk ist entgegen dem gesamtwirtschaftlichen Trend weiterhin sehr gut. Doch langsam macht sich nun auch hier eine gewisse Skepsis breit – zumindest in einigen Gewerken. Das sind die zentralen Ergebnisse des Konjunkturberichts Herbst 2019 des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Holger Schwannecke spricht von einer sich andeutenden nachlassenden Konjunkturdynamik. "Im Handwerk dauert die konjunkturelle Hochphase derzeit noch an. Bis zum Jahresende 2019 ist von einer stabilen Entwicklung der Konjunktur im Handwerk auszugehen", so der ZDH-Generalsekretär. Für das Gesamtjahr rechnet der ZDH mit einem Umsatzplus von vier Prozent und einem leichten Anstieg der Beschäftigung.
Handwerk fordert stärkere Wirtschaftspolitik
Von der Politik erwarte das Handwerk nun eine stärkere Wirtschaftspolitik, die sich auf Wettbewerbsstärkung konzentriert, um die Konjunktur in Gang zu halten beziehungsweise wieder in Schwung zu bringen, so ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. Foto: © ZDH / SchuerringAber: Die Geschäftsaussichten der Betriebe für das nächste Jahr ließen einen Rückgang der Handwerkskonjunktur im kommenden Jahr erwarten. Allerdings soll dieser Rückgang nicht so stark ausfallen wie in anderen Wirtschaftsbereichen. Gleichwohl sei der Ausblick auf 2020 mit großen Unsicherheiten verbunden: "Die Industriekonjunktur hängt entscheidend vom Außenhandel ab – dieser wird allerdings weiter von Handelsstreitigkeiten und dem Schlingerkurs beim Brexit belastet. Sollten weitere Belastungsfaktoren hinzukommen, würde dann auch die Binnenkonjunktur beeinträchtigt und das Handwerk nicht unberührt lassen", warnt Schwannecke. Von der Politik erwarte das Handwerk nun eine stärkere Wirtschaftspolitik, die sich auf Wettbewerbsstärkung konzentriert, um die Konjunktur in Gang zu halten beziehungsweise wieder in Schwung zu bringen.
Aktuelle Geschäftslage auf Spitzenniveau
97 Prozent der Betriebsinhaber der Bau- und Ausbau-Gewerke sprechen weiterhin von einer guten bis befriedigenden Geschäftslage. Foto: © ilker celik/123RF.comZu den Konjunkturparametern schreibt der ZDH im Einzelnen: Die aktuelle Geschäftslage verbleibt auf Spitzenniveau. 62 Prozent der Betriebsinhaber melden aktuell gute Geschäfte, nur sieben Prozent schlechte. Besonders gut läuft es weiter am Bau und beim Ausbau: 97 Prozent der Betriebsinhaber dieser Gewerke sprechen von einer guten bis befriedigenden Geschäftslage, wobei das Urteil "gut" überwiegt und im Bau bei 73 Prozent / im Ausbau bei 72 Prozent liegt.
Hohe Zufriedenheitswerte mit Blick auf die aktuelle Geschäftslage finden sich auch bei den Lebensmittelhandwerken (92 Prozent melden gute bis zufriedenstellende Geschäfte) und bei den konsumnahen privaten Dienstleistern (88 Prozent gut bis zufriedenstellend). Handwerker für den gewerblichen Bedarf spüren zunehmend die Konjunkturschwäche der Industrie, 88 Prozent halten ihre derzeitige Geschäftslage für gut oder befriedigend, im Vorjahresherbst lag dieser Wert noch bei 94 Prozent.
Kaum noch freie Kapazitäten
Mit gut bewerten 42 Prozent der Betriebsinhaber im Kfz-Gewerbe und damit weniger als im Vorjahr mit 49 Prozent ihre aktuelle Geschäftslage. Foto: © Markus Lambrecht/123RF.comAuch im Kfz-Bereich wird die Lage verhaltener beurteilt. Mit gut bewerten 42 Prozent der Betriebsinhaber und damit weniger als im Vorjahr mit 49 Prozent ihre aktuelle Geschäftslage. Zugleich sprechen nunmehr 47 Prozent von einem befriedigenden Geschäft (Herbst 2018 waren es 41 Prozent ). Auf einem Allzeithoch verbleibt mit 84 Prozent die Auslastung der betrieblichen Kapazitäten, besonders hoch liegt sie am Bau mit 90 Prozent und im Ausbau mit 89 Prozent. In diesen Gewerken bestehen weiterhin kaum noch freie Kapazitäten. Entsprechend lang sind daher auch weiter die Wartezeiten auf Handwerker.
Im Gesamthandwerk dauert es inzwischen im Durchschnitt 9,1 Wochen, bis ein Auftrag erfüllt werden kann. In den Bau- und Ausbauhandwerken müssen die Kunden sogar 13,4 bzw. fast 10,6 Wochen, bei den gewerblichen Zuliefererbetrieben 9,6 Wochen bis zur Auftragsrealisierung warten. Mit Ausnahme der Kfz-Gewerke, deren Werkstattgeschäft schwach läuft, berichten alle Handwerksgruppen im Herbst 2019 von Umsatzzuwächsen. Wegen höherer Löhne und Lohnzusatzkosten sowie gestiegener Einkaufspreise für Rohstoffe, Material und besonders für Energie bleiben Preiserhöhungen notwendig. 27 Prozent der Betriebe melden höhere Absatzpreise.
Einstellungsbereitschaft bleibt hoch
Die Einstellungsbereitschaft im Handwerk bleibt hoch, allerdings würden die Betriebe noch mehr zusätzliche Stellen schaffen, wenn die dafür benötigten Fachkräfte verfügbar wären. Bei den Personalplanungen zeichnet sich bereits eine erhöhte Vorsicht infolge der gesamtwirtschaftlichen Konjunkturschwäche ab. Wenn Fachkräfte verfügbar sind, wollen die Handwerksbetriebe aber weiter einstellen. Nur knapp unter dem Allzeithoch vom Herbst 2018 bewegt sich aktuell die Investitionstätigkeit im Handwerk. Per saldo haben alle Handwerksgruppen im dritten Quartal 2019 mehr investiert. Bei ihren Investitionsplanungen jedoch sind beinahe alle Gewerkegruppen vorsichtiger
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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