Geld: Man darf darüber reden
"Wie viel verdienst Du denn hier?" Wer hat dies nicht schon mal gefragt. Darf der Chef dem Arbeitnehmer verbieten, über sein Einkommen zu sprechen, etwa um zu verhindern, dass unterschiedliche Löhne im Betrieb bekannt werden?
Nein, entschied das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in einem jetzt veröffentlichten Urteil.
Gehalt und Lohn sind für viele ein Tabuthema. Aus rechtlicher Sicht gibt es jedoch keinen Grund, die Höhe seines Verdienstes zu verheimlichen. Klauseln in Arbeitsverträgen, die zum Stillschweigen verpflichten, sind nach Ansicht der Rostocker Richter unwirksam. Die Urteile beziehen sich auf Fälle, in denen ein Arbeitnehmer trotz einer entsprechenden Klausel in seinem Vertrag mit einem Kollegen über sein Gehalt gesprochen und deshalb eine Abmahnung erhalten hatte.
Verbot benachteiligt Arbeitnehmer
Dagegen zog der betroffenen Mitarbeiter vor Gericht und gewann. Die Klausel benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen, so die Richter. Jeder dürfe frei über sein Gehalt reden.
Das Gespräch mit den Arbeitskollegen sei schließlich die einzige Möglichkeit festzustellen, ob der Arbeitgeber bei der Lohnhöhe den Gleichbehandlungsgrundsatz einhalte, so das Gericht. Ein solcher Austausch sei nur erfolgreich, wenn der Arbeitnehmer selbst auch bereit sei, über seine eigene Lohngestaltung Auskunft zu geben.
Könnte man ihm derartige Gespräche wirksam verbieten, hätte der Arbeitnehmer kein erfolgversprechendes Mittel, etwaige Ansprüche wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Lohngestaltung gerichtlich geltend zu machen.
Ein solches Verbot verstoße auch gegen die sogenannte Koalitionsfreiheit, weil es Mitteilungen über die Lohnhöhe an eine Gewerkschaft verbiete. Wenn aber die Gewerkschaften die Lohnstruktur eines Unternehmens nicht kennen, seien sinnvolle Arbeitskämpfe unmöglich.
Auswirkungen für die Praxis
Die Verpflichtung zum Stillschweigen über Gehälter wird zumindest in den meisten Arbeitsverträgen unwirksam sein.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.10.2009, Az: 2 Sa 183/09
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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