Flüchtlinge praxisnah in Ausbildung bringen
Ab 1. Juni können junge Flüchtlinge in den überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks (ÜBS) eine zielgenaue Vorbereitung auf eine betriebliche Ausbildung erhalten.
Die jungen Flüchtlinge lernen bis zu drei Ausbildungsberufe und das betriebliche Miteinander in den Bildungszentren und Betrieben des Handwerks intensiv kennen und können Kontakte zu einem potenziellen Ausbildungsbetrieb knüpfen, erklärt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Die jungen Flüchtlinge werden dabei durch Sozialpädagogen und berufsbezogenen Sprachunterricht unterstützt. Das Handwerk stellt im Rahmen des Programms bis zu 10.000 Praktikumsplätze zur Verfügung. Es bietet geeigneten und interessierten Absolventen des Programms qualifizierte Ausbildungsangebote.
Dreistufiges Förderprogramm
Das Programm des Bundesbildungsministeriums (BMBF) "Berufsorientierung für Flüchtlinge - BOF" soll junge Flüchtlinge für eine betriebliche Ausbildung im Handwerk fit machen. Es ist die dritte Stufe der Initiative "Wege in Ausbildung für Flüchtlinge". Die erste Stufe ist ein Integrationskurs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Hier erwerben die jungen Flüchtlinge Sprachkenntnisse und lernen die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft sowie unserer Rechtsordnung, Geschichte und Kultur kennen. Die zweite Stufe ist die Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit (BA) "Perspektiven für junge Flüchtlinge im Handwerk – PerjuF-H". Hier sammeln sie vier bis sechs Monate lang erste Erfahrungen in Berufsfeldern des Handwerks und erhalten einen umfassenden Einblick in das deutsche Ausbildungs- und Beschäftigungssystem.
Nach der zweiten Stufe nehmen junge Flüchtlinge am BMBF-Programm "Berufsorientierung für Flüchtlinge - BOF" teil. Hier werden sie 13 Wochen lang gezielt auf bis zu drei Ausbildungsberufe ihrer Wahl im Handwerk vorbereitet. Die Vorbereitung findet in Werkstätten überbetrieblicher Berufsbildungsstätten der Handwerksorganisationen und in Betrieben vor Ort statt. Zunächst testen die jungen Flüchtlinge in Lehrwerkstätten, ob die ausgewählten Ausbildungsberufe tatsächlich ihrer persönlichen Eignung und Neigung entsprechen. Im Anschluss daran erproben sie sich in ihrem Wunschberuf im Betrieb. Während der gesamten Dauer wird ihnen Fachsprache vermittelt und jeder profitiert von einer intensiven, individuellen Begleitung.
Förderbekanntmachung für ÜBSIm Anschluss sollen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die die Voraussetzungen erfüllen, in ein Ausbildungsverhältnis übernommen werden. Das Handwerk stellt dafür die notwendigen Ausbildungsplätze zur Verfügung. Das Programm ist zunächst auf 24 Monate angelegt. Ziel ist die Integration von bis zu 10.000 Flüchtlingen in eine Handwerksausbildung. Träger von ÜBS, die sich an dem BMBF-Programm beteiligen möchten, können bis zum 20. Mai 2016 einen Förderantrag stellen.
Vielfalt und Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung
Wege in Ausbildung für Flüchtlinge"Junge Flüchtlinge mit sicherer Bleibeperspektive bekommen im Handwerk eine Chance auf Integration in den Arbeitsmarkt. In unseren Bildungszentren wollen wir ihnen dafür die Vielfalt und Möglichkeiten der beruflichen Aus- und Weiterbildung im Handwerk aufzeigen", so ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Für Bundesbildungsministerin Johanna Wanka kann die Integration von Flüchtlingen gelingen, wenn sie dabei unterstützt werden, rasch einen Ausbildungsplatz und einen Beruf zu bekommen. Sie sollen durch eine vertiefte Berufsorientierung praktisch erfahren, wie eine Ausbildung im Handwerk funktioniert. "Wenn die Flüchtlinge im Betrieb sind und sehen, wie Fachkräfte arbeiten und welchen Lebensstandard sie haben, dann ist das lehrreich und zugleich motivierend. Eine abgeschlossene Berufsausbildung kann für junge Flüchtlinge die Eintrittskarte in ein selbstbestimmtes Leben sein."
Integrationsgesetz muss zügig kommen
Mitte April haben sich die Koalitionspartner auf das geplante Integrationsgesetz für Flüchtlinge geeinigt. "Das Handwerk begrüßt, dass die lange erhobene Forderung nach der Schaffung eines rechtssicheren Aufenthalts für Flüchtlinge in Ausbildung (3+2-Formel) endlich gesetzlich umgesetzt werden soll", so Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Damit werde die ohnehin vorhandene Bereitschaft der Betriebe des Handwerks, Flüchtlinge zu qualifizieren und auszubilden, weiter gestärkt. In diesem Zusammenhang sei es richtig, dass der Zugang zu ausbildungsbegleitenden Maßnahmen für Flüchtlinge weiter erleichtert wird.
Für das Handwerk stehen die Qualifizierung und der schnelle Zugang für Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt an erster Stelle. Für die Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft sei ein angemessenes Verhältnis zwischen Fördern und Fordern der richtige Weg. Der schnelle Zugang zu Sprachangeboten und zu abschlussorientierten Qualifizierungsmaßnahmen sei dabei unerlässlich. "Die geplanten Punkte müssen jetzt zügig umsetzt werden", fordert Wollseifer. Aus Sicht des ZDH-Präsidenten sind Arbeitsgelegenheiten im Sinne von 1-Euro-Jobs jedoch kein sinnvolles Instrument für eine Integration in den Arbeitsmarkt. "Sie müssen auf das Asylbewerberleistungsgesetz und den Einsatz in Flüchtlingseinrichtungen beschränkt bleiben."
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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