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HWK Koblenz | November 2024
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Neue Arbeitnehmer müssen über die wesentlichen Vertragsbedingungen einen schriftlichen Nachweis erhalten. (Foto: © akkamulator/123RF.com)
Vorlesen:
Arbeitgeber müssen künftig bei Einstellungen den Mitarbeitern weit mehr Informationen geben als bisher. Das neue Nachweisgesetz wird ab dem 1. August 2022 wirksam.
Der Gesetzgeber bereitet weitreichende Änderungen im Arbeitsrecht vor. Denn bis zum 1. August 2022 muss Deutschland die "EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen" (EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie) umsetzen. Der Bundestag hat das geänderte Nachweisgesetzes (NachwG) am 23. Juni 2022 verabschiedet. Arbeitgeber müssen künftig noch mehr Informationen und Dokumentationen vornehmen.
Die EU-Richtlinie verlangt, dass Arbeitnehmern über die wesentlichen Vertragsbedingungen ein schriftlicher Nachweis auszuhändigen ist. Dieser muss spätestens zum Arbeitsantritt erbracht werden. Einige Nachweise können nachgeschoben werden. Es gilt aber eine kurze Frist von sieben Tagen.
Der entscheidende Unterschied zur bisherigen deutschen Rechtslage liegt darin, dass der Arbeitnehmer nun auch über Bedingungen des Arbeitsverhältnisses zu unterrichten ist, die sich nicht zwingend aus dem Arbeitsvertrag ergeben, sondern automatisch aus dem geltenden Recht oder aus Tarifverträgen oder den Regelungen des Betriebs. Arbeitgeber müssen dann unter anderem zwingend festhalten, dass Kündigungen nur schriftlich erfolgen dürfen und wie lange die Frist für eine Kündigungsschutzklage beträgt.
Das Nachweisgesetz (NachwG) ist in Deutschlang seit 1995 geltendes Recht, wurde aber in der Praxis kaum beachtet, weil Verstöße nicht mit unmittelbaren Sanktionen verbunden waren. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer nach dem NachwG über eine Liste von Vertragsbedingungen informieren. Die meisten dieser Bedingungen ergeben sich aber ohnehin aus dem Arbeitsvertrag und daher wurde in der Praxis bis heute in aller Regel darauf verzichtet, dem Arbeitnehmer eine zusätzliche Niederschrift auszuhändigen.
Das NachwG erlaubt sogar ausdrücklich die Aushändigung eines schriftlichen Arbeitsvertrags, der die Nachweise bereits beinhaltet. Auch sind großzügige Verweise auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zulässig, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Die Risiken waren bisher überschaubar. Bei Verstößen drohen zwar Schadensersatzforde-rungen von Arbeitnehmern, die aber in der Praxis selten eine Rolle spielen.
Das Gesetz sieht nun einen erweiterten Katalog von Nachweisen vor, die nicht mehr durch den schriftlichen Arbeitsvertrag erbracht werden können. Diese Informationen muss der Arbeitgeber nun liefern:
Auf geltende Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen darf zwar weiterhin verwiesen werden. Zusätzlich ist nun auch der Verweis auf kirchliche Arbeitsvertragsbedingungen zulässig. Jedoch gilt das nicht für alle Bedingungen des Arbeitsverhältnisses.
Am schwierigsten dürften sich die Nachweise bei Vereinbarungen über unregelmäßige Arbeitszeiten, zum Beispiel bei Abrufarbeit, umsetzen lassen. Was unter dem bei der Kündigung einzuhaltenden Verfahren zu verstehen ist, bleibt offen, zumal der Kündigungsschutz in Deutschland höchst individuelle Ausprägungen haben kann, je nachdem, ob im Betrieb eine Arbeitnehmervertretung existiert, ob Sonderkündigungsschutz besteht, oder etwa ob sich Regelungen über die Kündigungsfrist im Tarifvertrag oder Vertrag mit den gesetzlichen Fristen in Einklang bringen lassen.
Gegenüber Arbeitnehmern, die im Ausland tätig werden sollen, gelten darüber hinaus weitere Nachweispflichten. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die bisherigen Regelungen über Nachweise weiterhin gelten.
Der Arbeitgeber ist nur zum Nachweis verpflichtet; er muss also den Arbeitnehmer über die wesentlichen Arbeitsbedingungen aufklären. Bestehende Arbeitsverträge müssen nicht geändert werden. Einige der neuen Voraussetzungen sind ohnehin nicht sinnvoll als Vertragsbedingungen zu vereinbaren, weil sich Arbeitgeber dann unnötig einschränken. Es sollte bei der bloßen Unterrichtung bleiben.
Automatisch gelten die Nachweispflichten zunächst nur bei Neueinstellungen ab dem 1. August 2022. Es ist also darauf zu achten, die Standardabläufe im Unternehmen rechtzeitig nachweisgerecht anzupassen. Bereits am ersten Arbeitstag muss dem Arbeitnehmer die Niederschrift mit den Informationen über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung sowie über die Arbeitszeit vorliegen. Die weiteren Nachweise müssen spätestens nach sieben Kalendertagen vorliegen.
Bestandsbeschäftigte müssen nur schriftlich über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen unterrichtet werden, wenn sie den Arbeitgeber auffordern. Es gilt eine Frist von sieben Tagen. Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Kollektivvereinbarungen müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden.
Ändern sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer spätestens am Tag der Änderung unterrichtet haben. Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen weiterhin nicht schriftlich angezeigt werden.
Bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro. Es kommt nicht darauf an, ob (einzelne) Nachweise fehlen oder es lediglich zu Verspätungen kommt.
Weitere Konsequenzen ergeben sich zwar nicht aus dem Gesetz. Wenn die Arbeitsgerichte das Gesetz streng auslegen, muss der Arbeitgeber im Streitfall aber bei Verstößen gegen das NachwG Tatsachenvermutungen gegen sich gelten lassen, die er dann entkräften muss. Gelingt die Widerlegung nicht, könnte der Arbeitnehmer wegen fehlender oder falscher Angaben den Prozess gewinnen.
Arbeitgeber sollten das Thema ernst nehmen und sich rechtlich nicht angreifbar machen. Neben der Anpassung der Standardabläufe bei Neueinstellungen muss der Arbeitgeber auch auf Nachfragen von Bestandsarbeitnehmern gefasst und vorbereitet sein. Allein durch den vorherigen Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags lassen sich die Nachweise nicht mehr vollständig erbringen. Die Nachweispflicht kann nur bei vollständig gleichen Arbeitsbedingungen mit einem "Standardschreiben" erfüllt werden. Arbeitgeber müssen individuelle Abweichungen in den Arbeitsbedingungen in ihren Niederschriften berücksichtigen. Je nach Homogenität der Arbeitsbedingungen im Betrieb kann dies mit großem Verwaltungsaufwand und Beratungsbedarf verbunden sein. Erhält der Arbeitgeber eine Aufforderung von mehreren Arbeitnehmern, entsteht für ihn ein erheblicher Zeitdruck!
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