Stolperfalle Gabelstapler? Gericht gibt klare Regeln vor
Das Landgericht Lübeck hat in einem aktuellen Urteil konkrete Vorgaben dafür gemacht, wie Gabelstapler richtig abgestellt werden müssen, damit der Betrieb nicht für Unfälle haftet.
Ein Gabelstapler wurde zur Stolperfalle in einem Baumarkt. Dass man darüber fällt und sich verletzt, gehört auch für Kunden eines Baumarktes zum allgemeinen Lebensrisiko, entschied das Landgericht Lübeck.
Der Fall
Eine Frau stolperte in einem Baumarkt über einen im Gang abgestellten Gabelstapler und verletzte sich. Von dem Baumarktinhaber verlangte sie Schadensersatz, weil der Gabelstapler eine Stolperfalle gewesen sei. Denn die Zinken seien nicht vollständig auf den Boden abgesenkt gewesen, war ihr Argument.
Der Baumarktinhaber weigerte sich, weil der Gabelstapler und die Zinken gut sichtbar gewesen seien.
Das Urteil
Das Landgericht Lübeck hat – wie zuvor schon das Amtsgericht – eine Haftung des Baumarktbetreibers für den Unfall abgelehnt.
Grundsätzlich gilt: Wer eine Gefahrenquelle schafft, muss Schäden für die Allgemeinheit vermeiden, ihn trifft die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Wer diese verletzt, muss Schadensersatz leisten. Die Anforderungen an die Sicherung hängen dabei vom Einzelfall ab.
Das Landgericht (LG) prüft hier, wie ein Gabelstapler möglichst gefahrlos abgestellt wird. Das Ergebnis: Die Gabel müsse gut sichtbar sein und möglichst nach unten auf den Boden gefahren werden – aber nicht auf voller Länge Bodenkontakt haben.
Gabel immer komplett am Boden?
Das LG erklärte wörtlich, dass "bei dem Abstellen eines Gabelstaplers gewisse Verkehrssicherungspflichten bestehen. Wie sich auch aus der DGUV-Information zu Gabelstaplern ergibt, kann den Führer eines Gabelstaplers die Pflicht treffen, die Gabel auf den Boden herabzulassen", so das Urteil. "Dadurch soll insbesondere der von der Gabel ausgehenden Gefahr eines seitlichen Anstoßes im Kopf- und Kniebereich oder eines frontalen Aufpralls auf die Spitze eines Zinkens begegnet werden, etwa für den Fall, dass die Gabel übersehen wird oder es durch Stolpern oder äußere Einwirkungen zu einer unwillkürlichen Bewegung einer Person kommt. Eine dahingehende Verkehrssicherungspflicht ist von der Rechtsprechung konkret für den radfahrenden Verkehr anerkannt."
Das Gericht erkannte in dem vorliegenden Fall jedoch keine Pflicht, die Gabel komplett zu Boden zu lassen: "Anders als die Klägerin meint, besteht jedoch keine allgemeine Verkehrssicherungspflicht dahin, dass eine auf den Boden herabgelassene Gabel in ihrer ganzen Länge Bodenkontakt aufweisen soll. Eine derartige Pflicht lässt sich insbesondere nicht der DGUV-Information zu Gabelstaplern entnehmen. Dort heißt es unter Ziffer 7.4: 'Bei kurzen Arbeitspausen sind Gabelstapler so zu parken, dass andere Verkehrsteilnehmer oder Mitarbeiter nicht behindert werden. Merkregel: [...] Gabelzinken auf den Boden absenken.' Aus dieser Merkregel lässt sich nicht die Aussage entnehmen, dass eine abgesenkte Gabel vollständigen, lückenlosen Bodenkontakt aufweisen soll", stellt das LG in seinem Urteil klar.
Einzelfall entscheidet
Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an, welche Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind. Mehr Sorgfalt an die Sicherung eines abgestellten Gabelstaplers kann laut LG bei herabgelassener Gabel vor allem dann nötig sein, wenn der Gabelstapler als solcher nicht gut zu erkennen ist und die Gabelzinken in einen dem Publikum zugänglichen Verkehrsweg hineinragen. Hierbei seien besondere Warnhinweise und auch ein vollständiger Bodenkontakt der Gabel erforderlich.
Ohne Probleme erkennbar
Das sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. "Der Gabelstapler samt seiner Gabel war für das Publikum unproblematisch erkennbar, so dass es einem durchschnittlich aufmerksamen Kunden möglich war, sich um den Gabelstapler samt Gabel herumzubewegen", so das Urteil im Wortlaut. Das "Grundwesen eines Gabelstaplers" unterstellten die Richterinnen und Richter als allgemein bekannt. Dies gelte umso mehr, als sich der Gabelstapler in einem Baumarkt und damit in "einem sich ohnehin rustikaler darbietenden Umfeld befand".
Daher musste der Betreiber des Baumarkts die Gabelzinken nicht vollständig auf den Boden absenken, mit Pylonen oder Flatterband absichern oder die Gabel mit einer Palette verdecken. Die Kundin erhielt keinen Schadensersatz, weil der Baumarktbetreiber nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen hatte.
Landgericht Lübeck, Urteil vom 2. Mai 2024, Az.14 S 68/23, rechtskräftig.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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