Handwerksunternehmer, die auf dem französischen Markt Erfolg haben wollen, müssen mitunter dicke Bretter bohren. In puncto Qualität und Zuverlässigkeit haben die deutschen Handwerker ihren französischen Kollegen zwar einiges voraus. Aber in dem Nachbarstaat ist man Deutschen gegenüber zunächst skeptisch. "Man muss erst das Vertrauen der Franzosen gewinnen", sagt Peter Juen. "Wer das aber schafft, gewinnt sehr treue Kunden", so der Außenwirtschaftsberater der Handwerkskammer des Saarlandes. Denn bei aller Skepsis genießen die Dienstleistungen deutscher Betriebe in Frankreich ein hohes Ansehen. Und sie werden auch dringend gebraucht.
Wer sich entschließt, den französischen Markt in Angriff zu nehmen, sollte wissen, dass die Sprache dafür ein ganz wichtiger Schlüssel ist. "Mindestens ein Mitarbeiter sollte möglichst fließend Französisch sprechen. Außerdem sollte das Marketing umgestellt werden", rät Juen. Das heißt: Flyer, Werbeprospekte und -anzeigen sollten übersetzt werden. Die amtliche Korrespondenz läuft ebenfalls nur auf Französisch. Bei der Kundenakquise sollten deutsche Handwerker wissen, dass Franzosen etwas anders ticken als deutsche Kunden.
Der Tipp vom Fachmann: "Eine angenehme Gesprächsatmosphäre ist wichtig; dazu darf man nicht mit der Tür ins Haus fallen. Erst muss man mit dem französischen Kunden warm werden." Der Außenwirtschaftsberater empfiehlt deshalb, Geschäftliches erst am Ende des Gesprächs anzuschneiden. Möglicherweise könne es aber auch zwei oder gar mehrere Termine brauchen, um zu einem Abschluss zu kommen.
Einige Formalien sind bei einem Frankreich-Engagement zu beachten
Wenn das aber geschafft ist und es an die grenzüberschreitenden Dienstleistungen geht, sind einige Formalien zu beachten. Eine Arbeitserlaubnis ist für deutsche Handwerker meist nicht notwendig (Ausnahmen: Wartung und Reparatur von Fahrzeugen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, Heizungsbau, Schornsteinfeger und Zahntechnikerarbeiten müssen bei der örtlichen Handwerkskammer angezeigt werden). Aber handwerkliche Dienstleistungen unterliegen in aller Regel der französischen Umsatzsteuer (taxe sur la valeur ajoutée (TVA)) – auch wenn der Handwerker seinen Sitz in Deutschland hat.
Aktuell liegt der Steuersatz bei 20 Prozent und der ermäßigte Satz, für zum Beispiel Renovierungsarbeiten im Immobilienbestand, liegt bei zehn Prozent. Außerdem gilt ein ermäßigter Steuersatz von 5,5 Prozent für energetische Sanierungsmaßnahmen. Bei Leistungen für gewerbliche Kunden greift das Reverse-Charge-Verfahren. In diesen Fall geht die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger über.
Dieser bekommt eine Nettorechnung mit dem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld (la TVA est due par le client (Art. 283-1 CGI)) und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ausführenden Handwerkers sowie der des Kunden. Bei Privatkunden funktioniert das anders: Deutsche Betriebe müssen dann eine französische Umsatzsteuernummer (SIRET-Nummer) und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (numéro intracommunautaire) beim Finanzamt Noisy-le-Grand (directions générale des Impôts) beantragen, das ausschließlich für alle nicht in Frankreich niedergelassenen Firmen zuständig ist. Dabei gehören einige Unterlagen in den Antrag.
Bei Kontrollen vor Ort sollten gewisse Unterlagen zur Hand sein
Unternehmen, die Mitarbeiter zu vorübergehenden Montagearbeiten nach Frankreich entsenden, sind verpflichtet, dies vor der Aufnahme der Arbeiten der örtlich zuständigen Arbeitsinspektion (l'inspection du travail) zu melden. Das kann formlos per Einschreiben mit Rückschein oder Fax geschehen. Anzugeben sind Name und Adresse des Betriebs, Arbeitsbeginn, -ort, voraussichtliche Dauer der Tätigkeit und die Personalien der entsandten Mitarbeiter.
Eine Kopie der Anmeldung sollte auf der Baustelle zur Hand sein. Solange die entsandten Mitarbeiter (auch Selbstständige) nicht länger als 24 Monate in Frankreich arbeiten, bleiben sie in Deutschland sozialversicherungspflichtig. Als Nachweis dient die A1-Bescheinigung. Sie wird in der Regel von der Krankenkasse oder dem Rentenversicherungsträger des jeweiligen Mitarbeiters ausgestellt. Bei Kontrollen vor Ort sollten auch diese Unterlagen nicht fehlen.
Einige arbeitsrechtliche Dinge sind beim Einsatz in Frankreich unbedingt zu beachten. Der Mindestlohn liegt derzeit bei 9,61 Euro pro Stunde bei einer Höchstarbeitszeit von zehn Stunden pro Tag. In Frankreich gilt die 35-Stunden-Woche (monatlicher Mindestlohn dafür: 1.457,52 Euro). Die wöchentliche Höchstarbeitszeit liegt allerdings bei 48 Stunden. Ab der 36. Stunde gilt die geleistete Arbeit als Überstunde und ist mit Aufschlägen zu vergüten (36. bis 43. Stunde plus 25 Prozent; ab der 44. Stunde plus 50 Prozent). An Sonn- und Feiertagen ist die Arbeit in Frankreich grundsätzlich unzulässig.
Steuernummern, Betriebsstätten, Pflichtversicherung und Normen
Nur vorübergehend in Frankreich tätige Handwerksbetriebe sind nicht verpflichtet, Einkommen in Frankreich zu versteuern. Etwas anderes gilt, wenn Betriebsstätten gegründet werden. Hierunter versteht man feste Geschäftseinrichtungen, wie etwa Baustellen oder Montagen, die länger als zwölf Monate dauern. Wichtig: Arbeitsverzögerungen oder -unterbrechungen bewirken keine Fristunterbrechung. Wird diese Frist überschritten, ist die Einkommensteuer (auch rückwirkend) in Frankreich zu entrichten.
Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit werden, wenn die Arbeitnehmer in Deutschland wohnen und sich nicht länger als 183 Tage im Laufe eines Kalenderjahres in Frankreich aufhalten, in Deutschland besteuert. Voraussetzung ist, dass die Vergütung nicht von einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung getragen wird, die der Arbeitgeber im Nachbarland unterhält.
Steuernummern
Anträgen auf französische Steuernummern müssen folgende Unterlagen beiliegen:
- Eine Kopie des Handelsregisterauszugs (juristische Personen) oder Eintragsbestätigung der zuständigen Handwerkskammer (natürliche Personen)
- Eine Originalbescheinigung der Umsatzsteueranmeldung in Deutschland samt Angabe der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Unternehmerbescheinigung des deutschen Finanzamtes)
- Ein Angebot oder eine Rechnung an einen nicht in Frankreich umsatzsteuerlich registrierten Kunden
- Eine Kopie des Personalausweises oder Reisepasses (natürliche Personen)
- Eine Kopie des ins Französische übersetzten Gesellschaftsvertrages (juristische Personen)
Das französische Recht räumt Verbrauchern einen besonders weitgehenden Schutz ein – das gilt auch für Bauherrn. Deswegen sollten Auftragnehmer ihm gegenüber ihrer Hinweis- und Bedenkenpflicht konsequent nachkommen. In Frankreich gilt der Bauherr grundsätzlich als Laie; er muss also über alle Risiken und Fehlerquellen, die bei verschiedenen Bauverfahren und -materialien möglich sind, informiert werden. Zudem gelten bestimmte Garantieansprüche: Für Bauwerke und tragende Teile von Gebäuden gilt dieser zehn Jahre lang, für abnehmbare beziehungsweise demontierbare Ausstattungsteile zwei Jahre.
Besondere Pflichtversicherung
Um die zehnjährige Garantiehaftung (Fristbeginn ab Bauabnahme) abzudecken, besteht in Frankreich ein Pflichtversicherungssystem: Die sogenannte Assurance Responsabilité Civile Décennale erfasst die Garantieansprüche, die unter die zehnjährige Haftung für Bauwerke und tragende Teile von Gebäuden fallen. Es handelt sich hierbei um zwingendes Recht, das auch ausländische Unternehmer und damit deutsche Handwerker beachten müssen.
Verbraucher sollen so möglichst umfassenden Schutz genießen – auch wenn der Dienstleister insolvent sein sollte. Es gilt sowohl für Neubauten als auch für Arbeiten an Bauwerken im Bestand. Bevor deutsche Handwerker in Frankreich Arbeiten ausführen, die unter die Versicherungspflicht fallen, sollten sie sich umfassend informieren. Das geht unter anderem bei den Außenwirtschaftsberatern der zuständigen Handwerkskammern. Sie bieten auch wichtige Informationen zu eventuell nötigen Zulassungen (etwa für das Elektrohandwerk) und zu Normen, die von den in Deutschland üblichen abweichen.
Zwei Handwerksunternehmer erweitern ihr Einsatzgebiet ins französische Ausland
Jürgen Prediger ist ein Frankreich-Fan. Er macht nicht nur jedes Jahr dort Urlaub und spricht fließend Französisch, sondern ist dort auch beruflich sehr aktiv. Der Schreinermeister aus Saarlouis hat sich mit seinem Betrieb auf den Treppenbau spezialisiert und erwirtschaftet bis zu 30 Prozent seines Umsatzes mit seinen Dienstleistungen im Nachbarland. "Im grenznahen Bereich arbeiten wir schon sehr lange in Frankreich."
So richtig strategisch ist er das Auslandsgeschäft aber erst vor fünf Jahren angegangen: "Ich habe immer die Internationale Messe Metz besucht. Da ist mir aufgefallen, dass dort kein Treppenbauer vertreten ist", erinnert sich der Handwerker. Sein erster Gedanke war: "Da muss man doch was machen." Und das tat er auch. Seit 2008 stellt er selbst regelmäßig auf der Messe aus. "Das ist wichtig, um sich in Frankreich bekannt zu machen. Man muss auf dem Markt immer präsent sein".
Um bei den potenziellen Kunden auf der Messe anzukommen, ließ er alle Werbematerialien und Angebotstexte ins Französische übersetzen. "Das setzen die Franzosen voraus. Ich selbst spreche die Sprache nicht perfekt, aber für Verkaufsgespräche reicht es – das kommt beim Kunden gut an", sagt Prediger. Seine Auftraggeber sind zum größten Teil Privatkunden (90 Prozent). Pro Auftrag setzt er zwischen 6.000 und 12.000 Euro um. "In Frankreich kann ich höhere Preise erzielen als hierzulande. Vergleichbare Treppen sind dort teurer."
Krisenresistenz durch Auslandseinsatz
In Predigers Betrieb arbeiten 15 Mitarbeiter. Um die Aufträge in Frankreich zu erledigen, schickt er meist ein Team von zwei Gesellen und einem Lehrling über die Grenze. Der bürokratische Aufwand für die Entsendung seiner Mitarbeiter sei relativ gering: "Meine Leute für die jeweilige Baustelle anzumelden, ist kein Problem."
Etwas komplizierter war es laut dem Schreinermeister, eine französische Steuernummer zu bekommen. Aber das ist ein einmaliger Aufwand, denn sie gilt ein Leben lang. "Auch die Steuermeldung, die monatlich nach Paris geht, sollte Hand und Fuß haben. Aber wenn man das einmal gemacht hat, ist das auch kein Problem mehr, vieles spielt sich ein." Der Lohn für die Mühen ist eine gewisse Krisenresistenz. "Wenn wir das Geschäft in Frankreich während der Finanzkrise nicht gehabt hätten, wäre es sehr eng geworden", erinnert sich der Prediger.
Paul Heinrich möchte sein Engagement in Frankreich intensivieren. Aktuell erwirtschaftet der Geschäftsführer der Clima Kälte Service GmbH in Saarbrücken fünf bis sieben Prozent des Umsatzes jenseits der Grenze. "Wir wollen das Geschäft aber ausbauen und den Schritt nach Frankreich richtig gehen – der Markt ist da." Sein Problem: Noch hat er im Vertrieb niemanden, der Französisch spricht. Das soll sich aber im nächsten Jahr ändern.
"Wir fahren dahin, wo der Kunde uns haben will"
Neben der persönlichen Kundenakquise kann er im Augenblick vor allem über Mund-zu-Mund-Propaganda Kunden gewinnen. Bei ihm sind das überwiegend gewerbliche Kunden – darunter viele aus Deutschland. "Französische Kunden sind nicht so einfach zu finden wie deutsche." Aber auch das soll in Zukunft anders werden. Außerdem seien französische Kunden besonders anspruchsvoll: "Sie schätzen die deutschen Unternehmen für ihre Qualität und Zuverlässigkeit, erwarten aber auch 120 Prozent Leistung."
Anders als Jürgen Prediger (arbeitet in einem Umkreis von 70 bis 80 Kilometern) möchte sich Paul Heinrich keine Grenzen bei seinem Frankreich-Engagement setzen. "Wir fahren dahin, wo der Kunde uns haben will – auch nach Paris (wie kürzlich geschehen, um ein Klimasystem in ein Wohn-Geschäftsgebäude zu installieren) Dijon, Grenoble oder Südfrankreich."
Ab einer Auftragssumme von etwa 10.000 Euro spielten An- und Abfahrt keine Rolle mehr. "Der 180-Grad-Kreis in Frankreich fehlt uns als Einzugsgebiet, den brauchen wir." Er ist optimistisch, dass er im nächsten Jahr einen großen Schritt weiterkommt. "Ich verspreche mir von dem französischen Markt jedenfalls sehr viel", so Heinrich.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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