Arbeitszeugnis: Dank kann der Chef nicht rückgängig machen
Einen Anspruch auf die Dankesformel in einem Arbeitszeugnis gibt es zwar laut Bundesarbeitsgericht nicht, aber der Arbeitgeber darf sie auch nicht nachträglich streichen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Arbeitszeugnisse richtig schreiben
Der Arbeitgeber ist zwar nicht zu einer Dankesklausel in einem Arbeitszeugnis verpflichtet. Er darf sie aber nicht "aus erzieherischen Gründen" später streichen, wenn die Ex-Angestellte das Zeugnis mehrfach hat verbessern lassen. Das verstößt gegen das Maßregelungsverbot, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Der Fall
Im Streit über ihr Arbeitszeugnis nach ihrer Kündigung erkämpfte eine ehemalige Assistentin der Geschäftsführung mehrere Änderungen. Der Ex-Chef reagierte darauf, indem er aus der letzten Fassung die Dankesformel strich. Seine frühere Angestellte zog dagegen vor Gericht.
Das Urteil
Laut Bundesarbeitsgericht gibt es kein Recht auf gute Wünsche vom Arbeitgeber. Die beliebte "Dankesformel" erhöhe zwar die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, der Arbeitgeber könne sie grundsätzlich aber auch weglassen.
Allerdings ging das nicht in diesem Fall, erklärten die Erfurter Richter. Da der Chef hier das erste Zeugnis mit einem Dank abgeschlossen habe, könne er später nicht mehr darauf verzichten. Das Gericht begründet dies mit dem sogenannten Maßregelungsverbot nach § 612 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Einem Arbeitnehmer darf es nicht übel genommen werden, wenn er nur sein gutes Recht wahrnimmt. "Nachkarten" ist dem Arbeitgeber somit untersagt, das Zeugnis darf nicht verschlechtert werden.
Wörtlich aus dem Urteil: "Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben an den Inhalt eines erteilten Zeugnisses gebunden. Von seinen Wissenserklärungen zum Verhalten oder der Leistung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber nur dann abrücken, wenn ihm nachträglich Umstände bekannt werden, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. In gleicher Weise kann der Arbeitgeber – soweit er ursprünglich eine Schlussformel erteilt hat – an den Ausdruck persönlicher Empfindungen, wie Dank, Bedauern oder gute Wünsche für die Zukunft, gebunden sein.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. Juni 2023, Az. 9 AZR 272/22
Es gibt verschiedene Arten von Zeugnissen:
• Ein so genanntes einfaches Zeugnis wird normalerweise bei kurzfristigen oder geringer qualifizierten Tätigkeiten ausgestellt. Es enthält lediglich Angaben über die Person des Arbeitnehmers sowie über den Inhalt und die Dauer des Arbeitsverhältnisses.
• Das qualifizierte Zeugnis enthält zusätzlich die Beurteilung der Führung und der Leistung und ist nur auf Verlangen des Arbeitnehmers auszustellen. Was drin stehen muss, ist nicht vorgeschrieben. Üblich sind die vier Bestandteile Eingangspassus, Tätigkeitsbeschreibung, Leistungs- und Führungsbeurteilung sowie Schlussformel mit entsprechendem Inhalt. Ein qualifiziertes Zeugnis kann der Arbeitgeber nur ausstellen, wenn der Mitarbeiter solange bei ihm beschäftigt war, dass er Leistung und Verhalten beurteilen kann. Dazu sollte ein Zeitraum von 6 Wochen ausreichen (Landesarbeitsgericht Köln, Az. 4 Sa 1485/00).
• Das so genannte Zwischenzeugnis ist fällig, wenn ein triftiger Grund vorliegt, etwa wenn sich der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers ändert oder der Vorgesetzte wechselt.
Urteile zum Arbeitszeugnis:
• Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, im Zeugnis Dank und gute Wünsche auszusprechen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2012, Az. 9 AZR 227/11).
• Die Art der Tätigkeit – hier eines Maurers – muss das Zeugnis möglichst genau und in der branchenüblichen Weise darstellen (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2013, Az.: 6 Sa 468/12).
• Wer ein Arbeitszeugnis mit Kinderschrift oder quer zum Text unterschreibt, handelt nicht korrekt. Denn das lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Zeugnisses zu (Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 27. Juli 2016; Az. 4 Ta 118/16).
• Ein Smiley mit heruntergezogenem Mundwinkel in der Zeugnis-Unterschrift enthält eine negative Aussage, die nicht hingenommen werden muss (Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 18. April 2013, Az. 5 Ca 80 b/13).
• Kein rosa Papier fürs Arbeitszeugnis! (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. Juni 2016, Az. 1 Ta 68/16).
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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