David Roth, Geschäftsführer bei Pütz-Roth Bestattungen und Trauerbegleitung aus Bergisch Gladbach.

David Roth, Geschäftsführer bei Pütz-Roth Bestattungen und Trauerbegleitung aus Bergisch Gladbach. (Foto: © Lisa Milazzo)

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Trauer am Arbeitsplatz: "Alles ist richtig, wenn ich authentisch bin"

Betriebsführung

Wenn Worte fehlen: Welche Bedürfnisse haben Trauernde am Arbeitsplatz? Bestatter und Trauerbegleiter David Roth aus Bergisch Gladbach über erste Hilfe für die menschliche Seele.

"Mit freundlichen Grüßen", "Ich bin dann mal weg" oder "Tschüss, wir sehen uns morgen" – wir alle verabschieden uns täglich unzählige Male von unserem jeweiligen Gegenüber. Mal mit einer förmlichen Grußformel per Mail, mal einsilbig oder auch ganz ohne Worte mit einer herzlichen Umarmung – von Geschäftspartnern, von Kollegen, von Freunden. Aber was ist, wenn der Abschied plötzlich für immer ist?

In den kalten Wintermonaten erreicht die Sterblichkeitsrate ihren Höhepunkt, der Tod hat sprichwörtlich Saison. Dabei ist und bleibt Sterben ein gesellschaftliches Tabuthema. Der Tod selbst ist ein Meister der Verwandlung – mal leise und schier unsichtbar, mal lange angekündigt und vorhersehbar. Er durchdringt alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens und klammert auch das Arbeitsleben nicht aus.

"Wir müssen Trauer zulassen"

Einer, der Worte wiederfindet, wenn sie in einer solchen Situation verloren gehen, ist David Roth, Geschäftsführer bei Pütz-Roth Bestattungen und Trauerbegleitung aus Bergisch Gladbach. "Trauer ist eine Sache von Gemeinschaft. Wir müssen sie zulassen und in den Alltag hineinnehmen. Wenn beispielsweise ein Kollege stirbt, ist es wichtig, das übrige Team mit einzubeziehen, indem man bewusste Erinnerungen oder kommunikative Anlässe schafft, und zwar da, wo Menschen zusammenkommen, wie beispielsweise in der Cafeteria. 

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Auch die Einbindung auf der Trauerfeier kann eine Möglichkeit sein. Es ist sicherlich nicht die Lösung, das Thema totzuschweigen und die Stelle sang- und klanglos neu zu besetzen. Ganz im Gegenteil: Wenn ich mich als Arbeitgeber dem Thema Tod und Trauer öffne, stärkt das den Zusammenhalt und kann erfolgreicher sein als jedes Employer Branding", erklärt David Roth.

In einer solchen Situation ist es wichtig, Zuversicht im Kleinen und Großen anzustreben, "denn wenn wir in einer solchen Situation zusammenstehen, sind wir auch für alle sonstigen beruflichen Herausforderungen gewappnet."

In Deutschland gibt es für unterschiedlichste Aufgaben im Unternehmen Ersthelfer, die leichte Verletzungen versorgen oder für richtiges Handeln im Brandfall geschult sind – dabei wissen die Wenigsten, dass es solche betrieblich ausgebildeten Fachkräfte auch für die menschliche Seele gibt: die "Betrieblichen Ersthelfer für menschliche Trauerbegleitung", die Roth gemeinsam mit der selbständigen Trainerin und Trauerbegleiterin Stephanie Gotthardt ausbildet.

Trauer ist nicht pauschalisierbar

Oft bestehen Berührungsängste im Umgang mit Personen, die einen Trauerfall erlebt haben: "Alles ist richtig, wenn ich ehrlich und authentisch bin. Trauer ist nicht pauschalisierbar, aber oft hilft es, auf mein Teammitglied zuzugehen, vielleicht auch mehrfach, und die Situation und die Lage der Person auszuhalten. Trauer hat auch viele positive Facetten, wenn sie beispielsweise in der Mittagspause vertraute Erinnerungen an das Lieblingsessen einer verstorbenen Person weckt", so der Trauerbegleiter weiter.

Der Gesetzgeber sieht im Todesfall von Ehe- oder Lebenspartnern, Kindern oder Elternteilen zwei Tage Sonderurlaub vor, in dieser Zeit gibt es allerhand Formalitäten zu erledigen, vielleicht ein Zimmer im Altenheim auszuräumen und dann muss die Beerdigung an sich bewältigt werden.

"Wenn die trauernde Person an den Arbeitsplatz zurückkommt, hilft es, ihre Bedürfnisse zu sehen und ihnen den nötigen Raum zu geben. Ich weiß von einem Beispiel, in dem der Firmenlieferwagen genutzt werden durfte, um einen Umzug zu bewerkstelligen."

Niemals Floskeln wie: "Das Leben geht weiter"

Es sind oft kleine Gesten, die in dieser Situation hilfreich sind. Dabei ist auch eine gesunde Abgrenzung von der trauernden Person wichtig: "Ich kann nur dann helfen, wenn ich selbst in einer stabilen emotionalen Verfassung bin. Im Umgang mit Trauernden sollte ich nicht versuchen, Dinge, die mit meiner Person und meiner Erfahrung verknüpft sind, auf mein Gegenüber zu projizieren. Vermeintlich tröstende Floskeln wie ›Das Leben geht weiter‹ sollte ich in jedem Fall vermeiden."

Auf die Frage, warum es sinnvoll ist, den Tod als festen Bestandteil des Lebens anzunehmen und diesen nicht auszuklammern, hat der 46-Jährige eine eindeutige Antwort: "Der Tod kommt früher oder später auf uns alle zu. Daher ist es für uns persönlich gut, vorbereitet zu sein und sich dem Thema zu stellen. Viele Bestattungshäuser, so auch wir, schaffen regelmäßig kommunikative Anlässe und laden ein, sich mit den Themen Tod und Trauer auf unterschiedlichste Weisen zu befassen – ohne dass zwingend ein konkreter Todesfall vorliegen muss."

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Das Abschiednehmen wird immer digitaler

Mit Blick auf das Berufsbild des Bestatters stellt David Roth fest, dass sich die Anforderungen im Laufe der Zeit gewandelt haben: "Unser Handwerk ist insgesamt offener und zugänglicher geworden. Wir erklären Angehörigen nicht die Welt, stattdessen haben sie die Möglichkeit, selbst Wünsche zu äußern, wie die Situation heller und besser werden kann als sie es gerade ist."

Roth, der gemeinsam mit seiner Schwester Hanna und Mutter Inge die Geschäftsführung bildet, beschäftigt neben 29 Festangestellten auch vier Auszubildende: "Uns ist der Blick über den Tellerrand hinaus wichtig. Daher organisieren wir für unsere Auszubildenden auch Praktika in anderen Bereichen, beispielsweise im Hotel, im Altenheim oder beim Floristen."

Der gebürtige Bergisch Gladbacher hat mit seinem Team schon Trauerfeiern mit bis zu 6.000 Gästen organisiert, es gibt fast keinen Ort, der sich nicht für eine Trauerfeier eignet: "Wir haben schon im Brauhaus, im Musikclub, im Dom und auf dem Flugplatz Menschen verabschiedet." Dabei wird die Welt des Abschiednehmens zunehmend digitaler: "Sei es die Einladung der Gäste, das Einbinden von Fotos und Videos, das Abspielen der Lieblingsmusik über Online-Musikdienste, dass Trauergäste aus anderen Ländern zur Trauerfeier dazu geschaltet werden oder die Einbindung von QR-Codes auf dem späteren Grabstein – als Bestatter setzen wir uns dafür ein, einen intensiveren und bunteren Umgang mit Erinnerungen möglich zu machen."

Die Autorin Daniela Rissinger ist Stv. Pressesprecherin der Handwerkskammer zu KölnDHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

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