5,7 Liter, V8 – der RAM 1500 Laramie Sport ist für Umweltfreunde eine Provokation, für Nutzer praktisch. Wir haben uns den Pick-up genauer angeschaut.
Zwei Dinge stehen fest. Ein RAM 1500 fällt auf. Schon alleine wegen seiner Abmessungen, aber auch wegen der, im Falle des Testwagen, - knallroten Lackierung. Der fünfsitzige Doppelkabiner polarisiert. Man mag ihn oder eben nicht. Darüber hinaus gibt es über den Amerikaner noch einiges zu sagen, gerade weil ein Pick-Up in Deutschland nach wie vor ein echtes Nischenprodukt ist.
Zwar gingen die Absatzzahlen der allradgetriebenen Pritschenwagen in der Midsize-Klasse, also bei den Eintonnern, in den vergangenen Jahren langsam, aber stetig nach oben. Als Alternative zu den nach wie vor beliebten SUV konnte sich der Pick-Up hierzulande allerdings nie so recht durchsetzen. Die mittelgroßen Pritschenwagen aus Asien sind vor allem in den Regionen in Südostasien beliebt. Dort werden sie gut verkauft. Sie dienen als Transportmittel für zahlreiche Personen ebenso wie als Lastesel. Kein Wunder, denn das Straßennetz ist dort meist eher bescheiden ausgebaut und ein Pick-Up steckt seinem robusten, massiven Leiterrahmen die dortigen Schlaglöcher relativ klaglos weg, ebenso wie schwere Lasten.
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Ein Verkaufsrenner sind Pick-Ups auch in den USA. In "gods own country", sind mit schöner Regelmäßigkeit jedes Jahr gleich mehrere allradgetriebene Pritschenwagen unter den Top-Ten der meist verkauften Fahrzeuge. Allerdings sind es dort eher die Full-Size-Modelle, die von den Käufer geliebt werden. Also üppig motorisierte und relativ einfach konstruierte und verflixt große Trucks wie der RAM, die F-Baureihe von Ford oder der Chevrolet Silverado. Die Kisten sind echte Gewinnbringer. Es heisst, dass etwa Ford weltweit an keinem Modell mehr Geld verdient als am F-150. Und das, obwohl die Kunden in diesem Segment in den USA doch recht preissensibel unterwegs sind.
Für die Amerikaner sind die Pick-Ups allerdings auch echte Nutzfahrzeuge, und - noch - weitgehend ohne Probleme mit der sozialen Akzeptanz. Der Pick-Up ist in den USA schon beinahe klassenlos. Die Hausfrau bewegt ihn ebenso wie der Student, der Farmer ebenso wie der Professor oder der Klempner. Bei uns "muss" man schon einen Grund haben, wenn man einen Pick-Up fährt. Etwa den ständigen Transport von Rindenmulch, Zementsäcken oder anderem Baumaterial. Umfangreiches Sportgerät gilt zur Not auch, oder ein Anhänger, der - mit Pferd, Boot, Motorrädern oder sonstigem aufgeladenen Transportgut - von A nach B bewegt werden soll.
Die Sache mit dem Verbrauch
In den USA muss man sich für den Besitz eines Pick-Ups weder schämen noch rechtfertigen. Hierzulade, mit engen Altstadtgassen und ebensolchen Garagen, Parkhäusern und dem durch ständig steigende Kraftstoffpreise verursachtem Bedürfnis nach spritsparenden Fahrzeugen schaut das etwas anders aus.
Bei einem amerikanischen Pick-Up erschaudert der durchschnittliche deutsche Autofahrer schon beim Gedanken daran, was das Fahrzeug denn so verbrauchen könnte. Und natürlich gingen auch die Testfahrten nicht ohne den Besitzer eines aus Südkorea stammenden Geländewagens über die Bühne. Der erkundigte sich nach dem Einparken des RAM auf dem Parkplatz eines Supermarktes halb interessiert, halb höhnisch nach dem Verbrauch des knallroten Doppelkabiners. Er wollte sich vermutlich nur die Bestätigung abholen, dass er das "richtige" Auto gekauft hat - und mit weniger als der Hälfte des Kraftstoffs eines RAM über die Runden kommt. Wie immer reden aber über den Spritverbrauch eines RAM all jene am meisten, die ihn noch nie bewegt haben. Also die eher ahnungslosen Zeitgenossen, dafür aber ausgestattet mit einem gerüttelt Maß an profundem Halbwissen und deftigen Vorurteilen.
Okay, zugegeben: So rund 15 bis 17 Liter auf 100 Kilometer Fahrstrecke sind heute nicht mehr unbedingt zeitgemäß. Und reißen bei den aktuellen Literpreisen beim Volltanken auch ein echt spürbares Loch in den Geldbeutel. Einerseits. Andererseits ist ein RAM 1500 auch über zwei Meter breit, fast zwei Meter hoch und annähernd sechs Meter lang. Und, er darf 3,5 Tonnen wiegen, was für eine Nutzlast von beinahe 1,1 Tonnen reicht. Die findet auf der 173 cm langen und maximal 157 cm breiten Pritsche Platz. Fünf Personen reisen bequem von A nach B und man darf dem RAM sogar noch (gebremst) dreieinhalb - in den USA sogar fünfeinhalb - Tonnen an den Haken hängen. Der ist serienmäßig dabei, aber nicht sonderlich glücklich platziert - und schränkt die Geländetauglichkeit doch etwas ein. Dabei liegt die Bodenfreiheit theoretisch bei 22 cm, wenn nicht auch am anderen Fahrzeugende ein Hindernis wäre. Denn dort ragt die Spoilerlippe recht weit herunter.
Für den Hardcore-Einsatz im Gelände gibt es vielleicht auch geeignetere Fahrzeuge, denn der lange Radstand (367 cm) ist manchmal, etwa an Kuppen, schon etwas hinderlich. Und natürlich kommt es, wie immer bei Allradfahrzeugen, auch auf die montierte Bereifung an. Die auf dem Testwagen aufgezogenen Niederquerschnittsreifen setzen sich im Matsch doch fix zu. Aber für den Einsatz abseits befestiger Straßen taugt der RAM allemal. Serienmäßig bringt er dafür einen zuschaltbaren Allrad mit. Im Alltag wird der Pick-Up über die Hinterachse angetrieben, wahlweise kann bequem per Tastendruck auf automatische Allradsteuerung (die greift bei Traktionsverlust ein und unterstützt beim Vortrieb über die zugeschaltete Vorderachse), auf 4H oder die Untersetzung 4L gewechselt werden. Falls es mal härter her gehen sollte, oder ein Hänger im Wald oder an Steigungen bewegt werden muss.
Kraft genug für den Einsatz auf Straßen - und auch abseits davon - hat der RAM 1500 jedenfalls. Garant dafür ist ein 5,7 Liter großer Vau-Acht mit 295 kW / 402 PS Leistung und einem maximalen Drehmoment von 556 Nm, die bei 3.950 U/min anliegen. Gekoppelt ist das Antriebsaggregat, das gänzlich ohne Kompressor oder Turbo auskommt, an eine von ZF mitentwickelte Automatik mit acht Gängen. Die wird per Drehregler gesteuert, schaltet sanft, butterweich und völlig unaufgeregt. Dass auch die Amerikaner mittlerweile ans Sprit sparen denken, macht die Zylinderabschaltung des Achtzylinders deutlich. Wird keine volle Leistung benötigt, etwa auf Landstraßen oder beim ruhigen Dahingleiten auf der Autobahn, unterbricht eine Zylinderdeaktivierung die Einspritzung und Zündung von vier der acht Zylinder des kultigen HEMI-Motors.
Zudem verfügt das Fahrzeug über Active Grill Shutters: Wird keine Luft zur Kühlung des Motors gebraucht, bleiben die Klappen des Kühlergrills geschlossen. So wird der Luftstrom um die Vorderseite und über die Motorhaube geleitet. Steigt die Motorwärme, öffnen sich die Lamellen und die Kühlluft strömt in den Motorraum. Das dürfte etwa bei Topspeed notwendig sein, bei nicht ganz 180 km/h wird der RAM 1500 abgeriegelt. Nur der Vollständigkeit halber: Den Spurt von null auf Landstraßentempo 100 km/h schafft der viertürige Pick-Up in unter acht Sekunden.
Gasanlage an Bord
Häufige Beschleunigungsorgien sorgen natürlich dafür, dass sich der 98 Liter fassende Treibstofftank zügig leert. Da freut man sich über ein Extra, das der in München ansässige Importeur AEC anbietet und das im Testwagen verbaut ist. Eine Prins Gasanlage, die den Betrieb des RAM mit LPG (Liquified Petroleum Gas, also Flüssiggas) ermöglicht. Das Flüssiggas ist günstiger als Benzin, zum Testzeitpunkt etwa um die Hälfte. So lässt sich der RAM zum etwa gleichen Preis bewegen wie ein vierzylindiger mit Diesel betriebener Pick-Up. In Kombination mit dem platzsparenden Unterbodentank (der anstatt des Reserverads unter der Ladefläche montiert wird) mit einer Bruttokapazität von 122 Liter (entspricht etwa 98 Liter netto) erhöht sich auch die Reichweite des RAM. Ist der LPG-Tank leer, wird automatisch während des laufenden Betriebs wieder auf Benzin umgeschaltet. Je nach Fahrweise sind im Gasbetrieb so um die 500 Kilometer mehr drin.
In Kombination mit dem serienmäßigen Kraftstofftank dürften bis zum nächsten Tankstopp mehr als 1.000 Kilometer machbar sein. Wer noch weiter kommen möchte, kann zudem noch einen optionalen 200 Liter Zylindertank auf der Ladefläche installieren lassen. Platz ist ja reichlich vorhanden auf der 173 cm langen und zwischen 125 und 157 cm breiten Ladefläche. Wie bei einem Pritschenwagen üblich muss die Ladung festgezurrt und gegen den in unseren Breiten nicht selten auftretenden Regen ebenso geschützt werden wie vor dem Zugriff Unbefugter. Davor schützt beim Testwagen ein Deckel mit einem zum Heck hin angedeuteten Spoiler. Typisch amerikanisch: Die Ladeklappe senkt sich auf Knopfdruck automatisch ab.
Überhaupt ist der RAM für ein Nutzfahrzeug ausgesprochen üppig ausgestattet. Dabei ist der RAM 1500 als Laramie Sport so etwas wie die Basis-Ausstattung. Andere Ausstattungsvarianten - insgesamt sieben sind verfügbar: Limited Night Edition, Limited, Longhorn, Rebel Night Edition, Rebel, Laramie Night Edition, Laramie Sport - bieten erheblich mehr an sinnvollem oder nettem Zubehör. Dennoch verfügt der Laramie Sport etwa über ein vom Fahrersitz aus elektrisch bedienbares Fenster im Heck, Keyless-Entry and Go, Rückfahrkamera, eine verstellbare Pedalerie für Gas und Bremse, elektrisch bedienbare Ledersitze für Fahrer und Beifahrer oder ein beheiztes Lenkrad. In Europa verzichtbar ist der Fernstart des Motors. Den nutzen die Amerikaner gerne, um den vor der Haustür geparkten Wagen vor Fahrtantritt zu heizen oder zu kühlen. Konservative Menschen freuen sich über echte und robuste Einstiegsgriffe sowie einen herkömmlichen, großen Lautstärkeregler für die Audioanlage, die auch über Lenkradtasten gesteuert werden kann. Zudem gibt es einen 400 Watt Wechselrichter für die Passagiere auf der Rückbank, der allerdings mit 110 Volt läuft.
Üppig dimensioniert ist der hochformatige zwölf Zoll große Touchscreen mit EU-Navigation, dazu gibt es je vier USB-Anschlüsse (davon je zwei USB-C) vorne und hinten. Der Einstieg in den Allradler gelingt bequem, dazu trägt auch der beim Ein- und Ausstieg elektrisch ganz nach hinten fahrende Fahrersitz bei. Auf der Rückbank ist reichlich Platz für drei Personen, das Platzangebot ist üppig, die rückwärtigen Sitze sind mit Isofix-Verankerungen für Kindersitze versehen. Unmengen an Ablagen und Getränkehaltern machen deutlich, dass mit dem RAM in den USA auch lange Strecken zurückgelegt werden. Alle Bedienelemente sind üppig dimensioniert, robust ausgelegt und lassen sich auch mit Arbeitshandschuhen problemlos bedienen. Immer wieder erfreulich macht sich bemerkbar, wie bequem und völlig unaufgeregt sich der RAM bewegen lässt. Der Wagen ist straff, aber dennoch ausgesprochen komfortabel, auch ohne Last auf der Pritsche. Wenn man sich an die Abmessungen einmal gewöhnt hat, lässt er sich absolut entspannt bewegen. Selbst nach Langstrecken steigt man total entspannt aus dem RAM aus. Das kann man beileibe nicht von allen Transportern behaupten. Reichlich Kraft für alle Lebenslagen hat der V8 ohnehin, er überzeugt mit seiner souveränen und gelassenen Kraftentfaltung. Wer schwere Anhänger bewegen muss, bis zu fünf Personen transportieren möchte und eine gute Tonne Zuladung auf die Pritsche packen will, ist mit dem RAM 1500 gut bedient.
Ab 50.000 Euro netto
Die Verarbeitung ist hochwertig, die Austattung ziemlich komplett und das Preis-/Leistungsverhältnis kann durchaus als fair betrachtet werden. Der offizielle Importeur AEC Europe mit Sitz in München hat mittlerweile europaweit ein Netz von 120 Händlern aufgebaut. Der Grundpreis des Laramie Sport liegt bei 50.411,76 Euro. Mit der verbauten Prins Gasanlage und dem Cover für die Pritsche addiert sich der Preis für den Testwagen auf 53.638,66 Euro.
RAM 1500 Laramie Sport Crew Cab - Technische Daten
Pick-Up, vier Türen, fünf Sitze
Achtzylinder-Benziner in V-Anordnung
5,7 Liter Hubraum
Achtgang-Automatikgetriebe
zuschaltbarer Allradantrieb
Leistung 295 kW / 401 PS bei 5.600 U/min
maximales Drehmoment 556 Nm bei 3.950 U/min
Höchstgeschwindigkeit 179 km/h (abgeriegelt)
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 7,9 Sekunden
Tankinhalt 98 Liter
Kraftstoffverbrauch kombiniert (NEFZ) 14,9 Liter Super auf 100 Kilometer
Testverbrauch: 16,5 Liter / 100 km.
592 cm lang, 197 cm hoch, 208 cm breit (mit Außenspiegeln 247 cm)
Radstand 367 cm
Bodenfreiheit 222 mm
Wendekreis: 13,7 Meter
Laderaum Länge 173 cm, Breite 125 bis 157 cm
Laderaum Volumen 1.526 Liter.
Leergewicht 2.405 Kilogramm
zulässiges Gesamtgewicht 3.500 Kilogramm
Zuladung 1.095 Kilogramm
Stützlast 190 Kilogramm
Anhängelast 3.500 Kilogramm (gebremst)
750 Kilogramm (ungebremst).
Böschungswinkel vorne 19,0 Grad, hinten 24,9 Grad
Rampenwinkel 19,5 Grad
Bodenfreiheit 22 cm.
Ausstattung Testwagen Laramie Sport
Keyless-Entry und Go
12 Zoll Touchscreen mit Navigation und Rückfahrkamera
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