Die Anschaffung eines E-Autos ist mehr als nur emissionsfreies Fahren: Sie ist oft der Einstieg in neue Prozesse und Abläufe. (Foto: © Sergey Rasulov/123RF.com)

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Emissionsfrei zum Kunden

Das Angebot elektrisch fahrender Autos ist in den Modellkatalogen der Hersteller breit gefächert. Doch noch hapert es an Verfügbarkeit und der Ladeinfrastruktur.

Der typische Autokauf im Handwerk sieht so aus: Der Meister stellt fest, er braucht einen neuen Lieferwagen. Möglichst schnell. Er greift zum Telefon und sagt zum Händler seines Vertrauens: "Mach mal fertig." Das gewünschte Nfz sollte möglichst schnell in der benötigten Konfiguration beim Betrieb ankommen. Schließlich gilt immer noch: Ohne Mobilität verdient der Handwerksbetrieb kein Geld.

Doch die Zeiten ändern sich – und beim E-NUTZfahrzeug reicht der Griff zum Telefon nicht mehr. Richtig ist: Das Angebot reicht vom kleinsten Stadtlieferwagen bis zum Schwer-Lkw. Doch die Lieferzeiten berechnen sich je nach Hersteller eher in Monaten, gern auch schon mal ein Jahr. Wer schnell ein neues Fahrzeug braucht, ist aufgeschmissen. Vor allem aber gehört viel mehr dazu, als nur ein passendes Auto zu kaufen: Es muss nicht nur in die Flotte, sondern gleich in die Mobilitätsstrategie des Hauses passen.

Integration im Betrieb

Die erste Frage muss daher nicht dem Fahrzeug gelten, sondern ob ein E-Fahrzeug überhaupt zur Firma passt und wie es sich in eine bestehende oder noch aufzubauende Flotte integrieren lässt. Wer morgens mit einem vollgeladenen Fahrzeug losfahren möchte, muss also einen Stellplatz mit Lademöglichkeit haben. Passt das in die Betriebsstruktur, sind Lademöglichkeiten überhaupt bei den Parkplätzen vorhanden? Was ist, wenn sich das Experiment als erfolgreich erweist und noch ein zweites oder drittes E-Fahrzeug dazu kommen soll? Theoretisch reicht der Strom aus der Steckdose, in der Praxis gerät das schnell an seine Grenzen. Daher müssen bei den Parkmöglichkeiten der Platz und die Leitungen vorhanden sein, um eine Wallbox oder eine Ladesäule aufzustellen.

Noch tiefer ans Eingemachte geht die Frage, woher der Ladestrom für die Fahrzeuge kommen soll. Wer wirklich emissionsfrei unterwegs sein will, sollte die Batterien seiner Flotte mit Öko-Strom füttern. Damit steht eine weitere betriebliche Entscheidung an: Kaufe oder bekomme ich schon Öko-Strom? Oder soll ich selbst Strom erzeugen? Die Vorteile einer eigenen Stromproduktion zum Beispiel aus einer eigenen Photovoltaikanlage sind nicht von der Hand zu weisen, kann der Betriebsinhaber den Strom nicht nur zum Laden, sondern auch im eigenen Betrieb nutzen. Wenn keine Anlage vorhanden ist, könnte sich ein Umbau oder eine Umstrukturierung langfristig lohnen – mal abgesehen vom Imageplus als "sauberer" Handwerker.

Übernacht-Ladung ein Muss

Doch auch rein praktisch stellt das Laden die Betriebsinhaber oft vor nicht ganz einfache Probleme. Tagsüber sollte das Fahrzeug an den Strom, aber nicht immer besteht dazu die Möglichkeit vor Ort. Zwingend ist daher die Lademöglichkeit im eigenen Betrieb. Der Verlockung, eine Schnellladestation zu installieren und darauf zu bauen, dass innerhalb einer halben Stunde der Batteriefüllstand auf 80 Prozent schnellt, sollte aber keiner voreilig erliegen. Mal abgesehen von den deutlich höheren Kosten im Vergleich zu einer Wallbox oder einer Säule, gibt es noch einen viel simpleren Grund dagegen: Die Schnellladung ist kein Standard. Anders gesagt: Die meisten E-Nutzfahrzeuge drosseln die Kapazität, mit der der Strom in die Batterie fließen kann.

Bei einer auf 4,2 oder gar 2,7 kWh gedrosselten Zuleitung muss das Fahrzeug zwangsläufig in der Nacht am Strom hängen, damit der Fahrer auch tatsächlich mit einer vollgeladenen Batterie losfahren kann. Die gute Nachricht dabei lautet: Unabhängig von der Marke und der Zuladung schafft jedes E-Nfz die durchschnittliche Tageskilometerleistung im gewerblichen Einsatz. 2017, so hat das Kraftfahrtbundesamt ermittelt, hat jeder Lkw im Gesamtjahr 19.371 Kilometer zurückgelegt. Umgerechnet auf 220 Arbeitstage hat damit jeder Lkw 88,05 Kilometer täglich zurückgelegt. Diese Strecke, das haben Praxistests unter anderem vom Deutschen Handwerksblatt erwiesen, schaffen auch die 3,5-Tonner im Winter, wenn sie unter voller Nutzlastauslastung über die Straßen fahren.

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Ein noch ganz anderes Problem stellt der finanzielle Aufwand dar, um überhaupt elektrisch zu fahren. Viele schreckt der hohe Anschaffungspreis ab, kostet doch ein Elektroauto so viel wie zwei klassische Verbrennerfahrzeuge. Daran kommt keiner vorbei, aber Fakt ist auch, dass sich die Investitionen auf lange Sicht rechnen können. Zugegeben: Die Rechnungen hängen von den Vergleichswerten wie Strompreis, Spritpreis und Kilometerleistung ab. Damit kann man sich die Kosten schön oder schlecht rechnen. Aber Ökostrom aus eigener Produktion ist kostengünstiger als Sprit von der Tankstelle, die Fahrzeuge sind weniger wartungsintensiv, und als Betrieb zählt man derzeit immer noch zu den First Movern. Wer elektrisch zum Kunden fährt, baut sich ein positives (Öko-) Image auf. Hinzu kommt die Gemengelage durch die Diesel- und Umweltdiskussion inklusive aller Fahrverbote: Elektrisch fahren ist immer besser als gar nicht fahren, weil das eigene Modell auf der Fahrverbotsliste gelandet ist. Und es macht tatsächlich viel Spaß, elektrisch zu fahren. Denn der E-Motor liefert sein volles Drehmoment von der ersten Umdrehung an.

Fördergelder vorhanden

Die volle Kostenlast muss der Betriebsinhaber auch nicht alleine tragen. Denn es wird gern übersehen, dass für die Anschaffung von E-Fahrzeugen, für den Bau einer Ladeinfrastruktur und für weitere betriebliche Vorhaben im Zusammenhang mit der E-Mobilität öffentliche Mittel fließen. Als Zuschuss und als zinsverbilligter Förderkredit. 

Hier lohnt sich ein genauer Blick in die Förderprogramme. Die meisten kennen die klassische Umweltprämie, die sich Hersteller und Bund teilen. Die Gelder fließen als nicht zahlbarer Zuschuss, wenn das Fahrzeug auf der Liste der förderfähigen Modelle steht. Die Förderung fängt übrigens nicht beim Pkw oder Nfz an, sondern gilt auch für die Lastenfahrräder oder neudeutsch Cargobikes. Wenn diese den Förderbedingungen entsprechen, schießt der Staat auch bei diesen Fahrzeugen ordentlich Geld dazu. Kriterium dafür sind zum Beispiel eine bestimmte Nutzlast und die Fähigkeit, mindestens einen Kubikmeter an Volumen zu fahren.

Klassische E-Mobilitätsprogramme vom Bund, aber auch Ländern, finanzieren die Anschaffung von E-Fahrzeugen bis hin zu Hybriden, aber unterstützen auch den Bau öffentlicher Ladestationen. Auch vor einer größeren Investition in den Betrieb mit einer eigenen Solaranlage sollte keiner zurückschrecken. Als betriebliche Maßnahme kann der Chef aus den unterschiedlichsten Töpfen Gelder beantragen, von Umweltprogramm über Restrukturierungsprogramme bis hin zu E-Mobilitätstöpfen.

Text: / handwerksblatt.de

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