Die Grünen beantworten acht Fragen zur Handwerkspolitik für die kommende Legislaturperiode.

Die Grünen beantworten acht Fragen zur Handwerkspolitik für die kommende Legislaturperiode. (Foto: © Bündnis 90/Die Grünen)

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Europawahl: Das sagen die Grünen zu handwerkspolitischen Themen

Vor der Europawahl beantworten verschiedene Parteien Fragen zu handwerkspolitischen Themen. Hier finden Sie die Antworten der Grünen.

DHB: Das Handwerk hofft auf ein stabiles politisches Umfeld innerhalb der Europäischen Union. Wie können die Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten erhalten und durchgesetzt werden?

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Die EU ist die beste Garantin für ein stabiles politisches Umfeld und einen einheitlichen Rechtsrahmen für das Wirtschaften auf unserem Kontinent. Dank der vier Grundfreiheiten des EU-Binnenmarkts können Unternehmen überall in der EU ihre Waren und Dienstleistungen anbieten. Jedoch greifen Populist*innen, wie Viktor Orbán in Ungarn, die EU und den Rechtsstaat an. Einschränkungen von Grundrechten, Korruption und Vetternwirtschaft haben auch negative Folgen für die Wirtschaft und schaden dem Wettbewerb. Deswegen wollen wir die Instrumente zur Sicherung des Rechtsstaats schärfen und den Missbrauch europäischer Steuergelder stoppen. Das heißt: Die Auszahlung von EU-Mitteln soll an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, demokratischer Prinzipien und der Grundrechte geknüpft werden.

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DHB: Aus Sicht des Handwerks sollte die EU nur dann regulieren, wenn dies einen Mehrwert bietet und das Vorhaben nicht besser auf nationaler oder regionaler Ebene umgesetzt werden kann. Wie wollen Sie das Subsidiaritätsprinzip in der kommenden Legislaturperiode mit Leben füllen?

Wir unterstützen das Subsidiaritätsprinzip, demzufolge Entscheidungen auf der am besten geeigneten Ebene getroffen werden. Die einheitlichen Regeln des Binnenmarkts haben aber meist einen wirtschaftlichen Mehrwert: Wo es in der EU eine gemeinsame Regel gibt, müssen Unternehmen nicht mehr 27 verschiedene befolgen. Der Brexit zeigt britischen Betrieben schmerzhaft, was sie an der EU vermissen: zollfreier Handel, der viel Papierkram erspart. Deshalb wollen wir den Binnenmarkt stärken und vertiefen, etwa indem wir die A1-Bescheinigungen für grenzüberschreitende Dienstleistungen durch einen praktikableren Ansatz mit pragmatischen Lösungen für kleine Betriebe ersetzen. Außerdem wollen wir Kommunen mit einem besseren Vergaberecht ermöglichen, sich für qualitativ hochwertige regionale Angebote zu entscheiden.

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DHB: Die Wirtschaft, auch die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks, sind auf gute Rahmenbedingungen angewiesen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie wollen Sie die Wirtschaftspolitik ausrichten, um besonders den vielen mittelständischen Unternehmen gerecht zu werden?

Das Handwerk und der Mittelstand sind der Motor der deutschen und europäischen Wirtschaft, und essenziell für grüne Zukunftstechnologien in Europa. Dafür müssen mehr Fachkräfte aus- und weitergebildet, gewonnen und gehalten werden. Mit Investitionen in moderne Infrastruktur und Klimaschutz schaffen wir zukunftsfeste Arbeitsplätze. Durch den entschlossenen Ausbau der Erneuerbaren Energien sorgen wir für sichere und günstige Stromkosten. Außerdem müssen neue Regelungen und Förderprogramme mit gezielten Ausnahmen und Übergangsfristen KMU-tauglich gemacht und KMU-Teilhabe durch KMU-Quoten garantiert werden. Auch die Digitalisierung der Verwaltung muss vorangetrieben werden, um Berichtspflichten zu vereinfachen.

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DHB: Das Handwerk fordert im Rahmen der Gesetzgebung eine bessere Folgenabschätzung – besonders mit Blick auf den Erfüllungsaufwand für den Mittelstand. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht geeignet, um für KMU praxistauglichere Regeln zu finden?

KMU und Handwerk sind der Motor der europäischen Wirtschaft, werden aber besonders durch neue Regelungen und bürokratische Hürden bei Förderprogrammen belastet. Wir werden deshalb die KMU-Tests verbessern und konsequent anwenden, mit denen die Auswirkungen von neuen Gesetzen auf KMU entsprechend dem „Think small first“-Prinzip vorab überprüft und angepasst werden. Wir setzen uns zudem für angemessene Ausnahmen und Übergangsfristen für KMU in neuen Gesetzen ein und unterstützen bei der Umstellung. Auch existierende Gesetzesvorschriften erweisen sich zum Teil als mittlerweile überholt oder in der Praxis untauglich. Wir setzen uns für eine regelmäßige Überprüfung aller Regulierungen ein, um bürokratische Anforderungen zu vereinfachen und Vorschriften, die ihr Ziel verfehlen, zu streichen.

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DHB: Wie wollen Sie sicherstellen, dass mittelständische Betriebe bei neuen Regelungsvorhaben nicht mit unnötigen bürokratischen Belastungen überfordert werden?

Wir stehen für angemessene Ausnahmen und Übergangsfristen für KMU in neuen Gesetzen ein, und bevorzugen, wenn möglich und gleich effektiv, eine gestufte und flexible Regulierung für Unternehmen anstatt harter Regulierung. Ein zentrales Mittel für den Bürokratieabbau ist auch die Digitalisierung der Verwaltung: durch digitale Verwaltungsleistungen und online einsehbare Verfahrensstände können viele Behördengänge entfallen. Die Förderlandschaft in der EU werden wir vereinheitlichen und stärker mit nationalen Förderinstrumenten verzahnen. Durch eine stärkere Vernetzung von europäischen und nationalen Behörden soll zudem das Once-Only-Prinzip eingeführt werden, damit relevante Daten künftig nur noch einmal bei Unternehmen abgefragt werden.

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DHB: Die Fachkräftesicherung bleibt auch in der nächsten Legislaturperiode ein essenzielles Thema. Welche Maßnahmen sind nötig, um den Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken?

Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist eine der größten Bremsen unserer Wirtschaft. Wir setzen uns daher für eine umfassende EU-Fachkräftestrategie ein. Mit attraktiven Aus- und Weiterbildungsangeboten und guten Arbeitsbedingungen wollen wir junge Menschen besser auf die heutige Arbeitswelt vorbereiten und ältere Fachkräfte länger im Berufsleben halten. Um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern, müssen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherstellen. Bei der Anwerbung aus Drittstaaten sollte die EU-Blue-Card-Initiative auf nicht akademische Berufe ausgeweitet werden, sofern ein konkretes Jobangebot zu marktüblichen Konditionen vorliegt. Auch Geflüchtete sollten arbeiten dürfen und schnellen Zugang zu Sprachkursen haben, damit sie schneller auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen.

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DHB: Was tun Sie, um die berufliche Bildung in Europa zu stärken und sie im Vergleich mit der akademischen Bildung gleichwertig aufzustellen?

Deutschland braucht gleichermaßen Meister und Master. Beide Ausbildungswege verdienen die gleiche Wertschätzung. Daher wollen wir die Ausbildung in den Handwerksbetrieben besonders fördern. Wir setzen uns dafür ein, dass berufliche Ausbildungsabschlüsse im Rahmen des Europäischen Qualifizierungsrahmens einfacher und schneller in jedem Land der EU gelten, statt mühsam anerkannt werden zu müssen. Außerdem wollen wir mehr Auszubildenden die Möglichkeiten eröffnen, im Rahmen eines Erasmus+ einen Auslandsaufenthalt zu machen und dafür die finanzielle Förderung erhöhen. Durch mehr bilaterale Ausbildungspartnerschaften wollen wir Menschen aus Drittstaaten die Möglichkeit bieten, zum Zwecke einer Ausbildung nach Europa zu kommen und damit sonst offen bleibende Ausbildungsplätze zu füllen.

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DHB: Im Zuge der Digitalisierung werden digitale Märkte auch für das Handwerk immer wichtiger. Wie sind die Märkte zu gestalten, um KMU einen fairen Datenzugang zu sichern und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden?

Wir wollen, dass Europa bei der Verfügbarkeit von Daten einen entscheidenden Schritt vorangeht. Gerade der Mittelstand profitiert davon, dass die europäische Daten-Gesetzgebung, an der wir GRÜNE entscheidend mitgewirkt haben, Anreize zur freiwilligen gemeinsamen Datennutzung schafft. Dies betrifft primär nicht-personenbezogene Industriedaten, aber auch anonymisierte personenbezogene Daten. Für den leichteren, rechtsbasierten Zugang zu personenbezogenen Daten haben wir im Datengovernance-Gesetz die Möglichkeiten der Bereitstellung über Datenvermittlungsdienste und -genossenschaften gestärkt. Grüne Verhandlungserfolge stärken KMU im Wettbewerb, gerade mit international tätigen Firmen. Auch im B2B-Bereich werden durch klare Vorgaben zu Interoperabilität und Standards Innovation und Wettbewerb gefördert.

Die Fragen stellte Lars Otten

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Text: / handwerksblatt.de

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