Die Landesregierung hat das Netzwerk Klimaanpassung und Unternehmen.NRW gegründet. Prof. Dr. Hans Jörg Hennecke, Hauptgeschäftsführer von Handwerk.NRW, erklärt, wie das Handwerk profitieren kann.
Mit einem neuen Netzwerk Klimaanpassung & Unternehmen.NRWhat das Land im Auftrag des Umweltministeriums eine zentrale Anlaufstelle für die Privatwirtschaft geschaffen. Dessen Aufgabe soll sein, die Unternehmen in ihrem eigenen Beitrag zur Klimawandelvorsorge so zu stärken, dass sie – in den Worten von Umweltministerin Ursula Heinen-Esser bei der Auftaktveranstaltung des Netzwerks im Februar – zu "Innovationsschmieden" werden können, "die Lösungen zur Klimawandel-Vorsorge in Form von Produkten, Technologien und Dienstleistungen entwickeln". Vonseiten der Landeshandwerksvertretung gehört Handwerk.NRW-Hauptgeschäftsführer Prof. Hans Jörg Hennecke dem Klimaanpassungsbeirat der Landesregierung an. Im Interview mit dem DHB spricht er über die Rolle und Erwartungen des Handwerks an das neue Gremium.
Ich bin damit einverstanden, dass mir alle externen Inhalte angezeigt werden und meine Cookie-Einstellung auf 'Alle Cookies zulassen' geändert wird. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
DHB: Wie ist das Handwerk vom Klimawandel besonders betroffen, und was bereitet Sorgen oder Verunsicherung? Hennecke: Das Handwerk ist genau wie andere Zweige der Wirtschaft zuallererst durch seine Gewerbestandorte betroffen. Egal ob groß oder klein: Jeder Standort kann von Fragen wie Hochwasser, Starkregen, Trockenheit oder Hitze betroffen sein. Daraus können sich größere Risiken ergeben, in vielen Fällen auch Investitionsbedarfe für Gewerbeimmobilien und Grundstücke, für die es Finanzierungswege geben muss. Es können am Ende auch Probleme bei der Bewertung des Betriebsvermögens aufkommen. Und natürlich wird das Handwerk auch bei Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement auf neue Herausforderungen durch Klimafolgen reagieren müssen. Natürlich ist nach dem Unwetter vom Juli 2021 derzeit die Sorge vor Starkregen oder Hochwasser besonders präsent. Das werden aber vermutlich punktuelle Ereignisse bleiben. Weniger spürbar oder greifbar sind dagegen strukturelle Risiken der Energieversorgung oder bei der Stabilität von Lieferketten. Hier sind wir verletzlich – einerseits unmittelbar durch Klimafolgen, aber andererseits auch dann, wenn Klimaschutzpolitik zu planwirtschaftlich und ohne Blick auf die ökonomischen Zusammenhänge betrieben wird. Wichtig ist, dass Zielkonflikte, Widersprüche und Fehlanreize der Regulierung hinterfragt werden, mit denen Wirtschaft konfrontiert wird. Hier ist Konsistenz und Konstanz der Politik ungeheuer wichtig, damit die Unternehmen durch Flexibilität resilienter werden.
DHB: Welche neuen Geschäftsfelder ergeben sich für das Handwerk aus den Anforderungen der Klimaanpassung? Hennecke: Handwerk ist nicht nur potenziell betroffen von Klimafolgen, sondern ist auch ein unverzichtbarer Partner für Maßnahmen und Dienstleistungen in Sachen Klimafolgenanpassung. Das Bauhauptgewerbe wird noch mehr Nachfrage erhalten – im Straßen- und Tiefbau genauso wie bei den Dachdeckern oder bei Kanalüberwachung. Im Ausbaugewerbe wird noch mehr zu tun sein in Fragen der Klimatechnik oder der Kältetechnik. Handwerk ist mit dem Kfz-Gewerbe auch stark gefordert bei der Modernisierung unseres Mobilitätsverhaltens. Hier und im SHK-Gewerbe wird Wasserstofftechnologie eine Rolle spielen. Nicht zuletzt ist Handwerk auch Ausrüster der gesamten Wirtschaft für Maschinen, elektrische Anlagen und Digitalisierungsinfrastruktur. Also etwas ketzerisch gesagt: Netzwerker in Sachen Klimafolgenanpassung sind schön und gut, aber vor allem brauchen wir Handwerker, um Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung auf den Weg zu bringen. Im Rahmen der Daseinsvorsorge kann das auch zu neuen Geschäftsmodellen zwischen Kommunen und Handwerk führen – zum Beispiel in Fragen der Katastrophenvorsorge oder des Katastrophenmanagements. Die größte Herausforderung ist ganz klar der Fachkräftebedarf. Denn die Nachfrage wird steigen, die Innovationsdynamik wird steigen, und die Komplexität vieler Techniklösungen wird noch zunehmen. Wir brauchen also nicht nur mehr Fachkräfte, sondern wir müssen auch die unterschiedlichen Wissenswelten aus Forschung und Unternehmenspraxis zusammenbringen, um innovative, passgenaue Lösungen zu entwickeln und am Markt durchzusetzen.
DHB: Was kann sich das Handwerk vom Netzwerk Klimaanpassung & Unternehmen.NRW erhoffen? Hennecke: Ganz kurz gesagt: die gemeinsame Erkenntnis, dass Klimafolgenanpassung kein Orchideenthema ist, sondern knallharte Standortpolitik. Und deshalb müssen wir auch bei diesem Thema hektischen Dirigismus der Politik vermeiden und Verlässlichkeit schaffen für alle, die langfristige unternehmerische Entscheidungen treffen müssen.
Kommentar schreiben