Handwerk hat Hochkonjunktur
Das Handwerk im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region boomt: Nur der Fachkräftemangel steht einem weiteren Wachstum im Weg.
"Das Handwerk im Kammerbezirk Münster prosperiert: Der Geschäftslageindikator toppt mit 93,1 Prozentpunkten die bisherigen Spitzenwerte und sogar die Boomzeit Anfang der Neunziger", berichtete Hans Hund über die Ergebnisse der Frühjahrsumfrage unter 390 Handwerksbetrieben aus 39 Berufen. Der Präsident der Handwerkskammer Münster hob zudem hervor, dass die meisten Branchen weiter expandieren könnten, wenn der Fachkräftemangel das Wachstum nicht begrenzte.
Eine anhaltende Hochkonjunktur lässt sich an Zahlen festmachen: 51 Prozent der Betriebe aller Branchen bezeichnen ihre Geschäftslage als "gut" – "das ist mit Abstand der größte Anteil seit Beginn unserer Konjunkturaufzeichnung", erklärte Hund. 41 Prozent melden eine "befriedigende" Situation. Nur acht Prozent bewerten ihre Lage als "schlecht".
Boomphase im heimischen Handwerk
Für eine Boomphase im heimischen Handwerk spricht aus Kammersicht auch die ausgeprägte Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität gegenüber dem Vorjahr: Die Auftragslage stellt einen Rekord auf. Kunden des Handwerks müssen im Schnitt 7,4 Wochen warten, bis ihr Auftrag erledigt wird. Die Kapazitäten der Betriebe sind zu 84 Prozent ausgelastet. Der Umsatz wuchs im Saldo um fünf Prozentpunkte. Jeder vierte Betrieb kann höhere Preise für seine Produkte und Dienstleistungen am Markt erzielen. Die Wirtschaftsgruppe hat mehr investiert.
Der handwerkliche Arbeitsmarkt brummt: 17 Prozent der Betriebe stellten zusätzliches Personal ein. 14 Prozent reduzierten ihre Belegschaft. In den aufstrebendsten Branchen wird das Personal bereits knapp. Auch die Personalplanungen zeigen nach oben. 19 Prozent der Befragten wollen im nächsten Halbjahr ihren Mitarbeiterstamm aufstocken, nur 5 Prozent absenken.
"Seit sieben Jahren hält der Wachstumstrend im Handwerk nun schon an", betonte Hund. Eine Abwärtsbewegung sei für das Gros der Betriebe nicht in Sicht und die Laune bleibe super: 32 Prozent erwarteten bis zum Herbst eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, 62 Prozent einen Gleichstand.
Münsterland und Emscher-Lippe profitieren vom Wachstumstrend
Beide Regionen im Kammerbezirk profitieren vom Boom: Das Münsterland hat erneut die Nase vorn, allerdings holt Emscher-Lippe schwungvoll auf. So kletterte der Geschäftslageindikator im Münsterland von 92 auf 94 Prozentpunkte. 56 Prozent der befragten Betriebe geht es ausdrücklich "gut". In der Emscher-Lippe-Region legte der Indikator von 87 auf 91 Prozentpunkte zu; hier sagen aber lediglich 36 Prozent, dass es ihnen "gut" geht.
Bei der Beschäftigungsentwicklung vertieft sich die regionale Kluft allerdings. Auf der Skala der Saldos aus einstellenden und entlassenden Betrieben liegt das Münsterland bei plus sieben und die Emscher-Lippe-Region entgegengesetzt bei minus sieben Prozentpunkten.
Ein Vergleich der Geschäftslage nach Branchen anhand der Saldos von positiven und negativen Bewertungen zeigt:
Am allerbesten geht es dem Ausbau- und dem Bauhauptgewerbe (Geschäftslagesaldo: 62 und 55 Prozentpunkte). Hier sind die Fachkräfte knapp, das vorhandene Personal leistet deutlich mehr.
Das Nahrungsmittelgewerbe (Geschäftslagesaldo: 37 Prozentpunkte) verzeichnet die beste Umsatzentwicklung, eine respektable Auftragslage und die meisten Investitionen, hat aber das größte Minus bei der Beschäftigung.
Die Gesundheitsgewerbe (Geschäftslagesaldo: 37 Prozentpunkte) haben den stärksten Beschäftigungsaufbau. Die Stimmung bleibt erwartungsvoll, die Branche will in den nächsten Monaten mehr Personal einstellen.
Die Anbieter für den gewerblichen Bedarf haben gute Laune (Geschäftslagesaldo: 33 Prozentpunkte). Die Auftragslage hat sich deutlich verbessert, die Umsätze ziehen an. Die Branche sucht weiter dringend Personal.
Bei den persönlichen Dienstleistern ist die Stimmung ebenfalls positiv (Geschäftslagesaldo: acht Prozentpunkte), wenngleich sie wegen einer sinkenden Auftrags- und Umsatzentwicklung gegenüber dem Vorjahr nachlässt.
Das Kraftfahrzeuggewerbe ist am wenigsten von allen Gruppen gewachsen (Geschäftslagesaldo: sieben Prozent) und verzeichnet den stärksten Rückgang der Auftragslage. Demgegenüber blicken die Betriebe mit dem größten Optimismus in die Zukunft.
Wichtigste Aufgabe: Sicherung des Fachkräftebedarfs
"Die Handwerkskammer unterstützt die Betriebe bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern", betonte stellvertretender Hauptgeschäftsführer Knut Heine. Die Sicherung des Fachkräftebedarfs im Handwerk gehöre zu den wichtigen Aufgaben. In Schulen informieren Ausbildungsvermittler der Kammer und Lehrlinge aus Betrieben ("Ausbildungsbotschafter") über die Berufschancen im Handwerk.
In der Öffentlichkeit heißt das Handwerk Jugendliche durch die Kampagne "#einfachmachen" in der "Zeit des Ausprobierens" willkommen. "Wir laden die Jugend ein, ohne Druck ihren Interessen nachzugehen, bei der Berufswahl ihrer Intuition zu folgen und sich durch Ausprobieren davon zu überzeugen, dass in den mehr als 130 zur Auswahl stehenden Handwerksberufen das Machen gelebt wird." In der neu überarbeiteten Praktikums- und Ausbildungsplatzbörse der Kammer bieten Betriebe zahlreiche freie Stellen im Internet an.
Damit den Unternehmen einmal ausgebildete und eingestellte Fachkräfte erhalten blieben, stehe ihnen ein ganzer Kasten mit Werkzeugen zur Mitarbeiterbindung zur Verfügung, so Heine. Die Handwerkskammer informiere Betriebe hierzu in Veranstaltungen und individuellen Beratungen.
Foto: Joachim Busch
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
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