Schornsteinfeger: "Ein ganz besonderer Beruf"
Schornsteinfeger positionieren sich als Handwerker der Wärmewende und steigern ihre Ausbildungszahlen um fast 30 Prozent. Landesinnungsmeister Marco Villmann über eine Branche mit Zukunft, die auch gerne Glück bringt.
Zum neuen Jahr haben wieder tausende Menschen in Deutschland kleine Schornsteinfeger aus Schokolade verschenkt oder sich einen Schornsteinfeger aus Pfeifenputzer-Draht in den vierblättrigen Klee gesteckt. Schornsteinfeger gelten seit dem Mittelalter als Glücksbringer, weil sie Menschen vor Feuer, Vergiftung und Luftverschmutzung in Räumen bewahren konnten. Der Zylinder, den sie bis heute erst nach der Meisterprüfung tragen dürfen, ist ein Privileg aus dieser Zeit. Die Branche kann sehr gut mit ihrem Image als Glücksbringer leben, ist aber gleichzeitig darauf bedacht, sich als modernes, klimarelevantes Gewerk mit besten Zukunftsperspektiven zu zeigen.
Die Kampagne des Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks mit dem Titel »Es war nie einfach nur Glück« ist die erste in der Zusammenarbeit mit der neuen Agentur Scholz & Friends. Schornsteinfeger und Schornsteinfegerinnen positionieren sich als wichtige Akteure der Wärmewende.. Foto: © Zentralinnungsverband (BIV)So lautet das Motto der aktuellen Kampagne mit der neuen Werbeagentur "Scholz & Friends" auch "Es war nie einfach nur Glück". Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger positionieren sich als Handwerker der Wärmewende.
"Neben der Überprüfung der Heizungs-, Abgas- und Lüftungsanlagen sind wir viel im Bereich der Energie- und Fördermittelberatung tätig", erklärt Marco Villmann, Landesinnungsmeister des Schornsteinfegerhandwerks Rheinland-Pfalz, Bezirksschornsteinfegermeister im Westerwald.
Wie fast alle seiner Kolleginnen und Kollegen ist er auch Gebäude-Energieberater. Die Branche sei im Umbruch und rüste sich für die klimaneutrale Zukunft, berichtet Villmann. "Die ÜLU wurde bereits vor zwei Jahren angepasst, die Ausbildungsverordnung wird gerade überarbeitet."
Der Bundesverband und die Landesinnungsverbände investieren viel Energie darauf, den Jugendlichen, ihren Eltern und Lehrern zu zeigen, dass das Schornsteinfegerhandwerk alles andere als ein aussterbender Beruf ist, selbst wenn man für Wärmepumpen keine Schornsteine mehr braucht.
Höchststand: Fast 30 Prozent mehr neue Auszubildende
Die Rechnung geht auf. Im Jahr 2024 erreichte die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge den höchsten Stand seit zehn Jahren. Bundesweit begannen 796 Lehrlinge ihre Ausbildung, 29 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Social-Media-Kampagne "Komm ins Team Schwarz" erreicht junge Leute auf allen Kanälen. Auszubildende und Betriebsinhaber stellen bei Instagram, TikTok und YouTube ihren Beruf vor und präsentieren ihn als klimarelevantes, vielfältiges Gewerk mit besonderer Berufskleidung und guten Aufstiegschancen.
"Allein in Rheinland-Pfalz haben wir es geschafft, in diesem Jahr 50 neue Auszubildende zu gewinnen. 2023 waren es noch 32 bei 470 Betrieben", erzählt Marco Villmann. Der Landesinnungsverband hatte den Betrieben einen zusätzlichen Anreiz gegeben: 500 Euro für jeden Ausbildungsbetrieb, wenn die Zahl 50 geknackt wird. "Es ging den Betrieben natürlich nicht um das Geld, aber es ist schon ein kleiner Wettbewerb entstanden", lacht Villmann.
Gesetzesänderung: Vertretungsregelung hängt in der Luft
Modernisiert wird aktuell nicht nur die Ausbildung, sondern auch die Vertretungsregelung. Das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz soll die Vertretung für bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger erleichtern. Eine zusätzliche Vertretungsmöglichkeit für die Feuerstättenschau durch im Betrieb angestellte Schornsteinfegermeister soll den Betrieben in Zeiten des Fachkräftemangels mehr Flexibilität bieten. "Zum Beispiel bei Krankheit oder wenn eine Bezirksschornsteinfegermeisterin schwanger wird", berichtet Marco Villmann, der das Thema aus eigener Erfahrung kennt, weil nicht nur seine beiden Söhne Schornsteinfegermeister sind, sondern auch die Schwiegertochter.
Der Bundesrat hat zwar zu dem Gesetzentwurf keine Einwände erhoben. Er konnte aber wegen des zwischenzeitlichen Bruchs der Ampel-Koalition noch nicht in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschlossen werden. Villmann ist optimistisch, dass das auch mit einer neuen Regierung umgesetzt wird.
Von der Politik wünscht er sich für das neue Jahr nicht nur die schnelle Umsetzung der neuen Vertretungsregelung, für die die Branche seit drei Jahren kämpft, sondern auch "Verlässlichkeit für die Bevölkerung auf dem Heizungsmarkt". Sowohl bei Gesetzen als auch bei Förderprogrammen.
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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