Keine staatliche Entschädigung für Friseurbetrieb im Lockdown
Eine Friseurin musste wegen der Corona-Krise ihren Salon sechs Wochen lang schließen. Sie bekommt dafür keine staatliche Entschädigung, entschied aktuell der Bundesgerichtshof.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Corona-Schutz im Betrieb
Nun hat auch der Bundesgerichtshof in letzter Instanz die Klage einer Friseurin abgewiesen, die eine Entschädigung wegen der Corona-bedingten Schließung ihres Salons verlangte. Laut den Karlsruher Richtern war das staatliche Handeln verhältnismäßig. Damit bestätigten sie ihre Rechtsprechung aus dem vergangenen Jahr.
Der Fall
Eine Friseurin in Baden-Württemberg musste ihren Salon wegen der Corona-Maßnahmen während des Lockdowns im Frühjahr 2020 schließen. Sie klagte auf Entschädigung für die Verluste, die sie in den sechs Wochen erlitten hatte. Sie war der Meinung, dass die Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit nicht erforderlich waren und verlangte daher vom Land Baden-Württemberg 8.000 Euro. Das Landgericht Heilbronn hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Friseurin blieb vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht erfolglos.
Die Entscheidung
Wie schon die Vorinstanzen wies der Bundesgerichtshof (BGH) die Klage der Friseurin in letzter Instanz ab. Die Betriebsschließung sei verhältnismäßig gewesen, erklärten die Karlsruher Richter und Richterinnen, wie bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe.
Das Ziel, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, sei ein legitimer Zweck für die Maßnahmen gewesen. Außerdem sei der Eingriff in die Berufsfreiheit Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Artikel 14 Abs. 1 GG durch verschiedene umfangreiche staatliche Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen erheblich abgeschwächt worden.
Der Gesetzgeber sei auch nicht zur Regelung von Ausgleichsansprüchen verpflichtet gewesen. Angesichts der wirtschaftlichen, sozialen und sonstigen Auswirkungen der Pandemie und weil die Inhaberin grundsätzlich das Unternehmerrisiko trage, sei die Dauer der Schließung nicht unzumutbar gewesen.
Der BGH schreibt in seiner Pressemitteilung zum Urteil: "Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates ist begrenzt. Dementsprechend muss der Staat in Pandemiezeiten sich gegebenenfalls auf seine Kardinalspflichten zum Schutz der Bevölkerung beschränken."
Keine Ansprüche aus dem Infektionsschutzgesetz
Das Oberlandesgericht hatte geurteilt: Die Salonbetreiberin könne ihre Forderung nach Entschädigung nicht auf den § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) stützen. Denn diese Regelung berechtige nur sogenannte Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder sonstige Träger von Krankheitserregern zu einer Entschädigung. Die Salonbetreiberin sei jedoch eine Kontaktmultiplikatorin. Für eine analoge Anwendung des IfSG bestünde kein Anlass, da keine gesetzliche Regelungslücke geschlossen werden müsse. Die Entschädigungsvorschriften nach dem IfSG seien abschließend. Einen Anspruch aus dem Polizeigesetz von Baden-Württemberg habe die Unternehmerin ebenso wenig, weil das IfSG vorgehe.
Auch Entschädigungen aus den Rechtsgrundsätzen des enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffs sowie des Aufopferungsgedankens scheiterten. Zwar könne mit der Betriebsschließung auch das unter dem Schutz des Artikel 14 GG stehende Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb betroffen sein, allerdings seien auch diese Regelungen nachrangig gegenüber den abschließenden Sonderregelungen des IfSG. Daher gebe es keine Entschädigung auf Grundlage des Art. 14 GG.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Mai 2023, Az. III ZR 41/22 (Vorinstanzen: Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 9. Februar 2022, Az. 4 U 28/21; Landgericht Heilbronn, Beschluss vom 29. April 2020, Az. I 4 O 82/20)
Corona BGH-Urteil: Kein Lockdown-Geld von der Versicherung! > Hier mehr lesen!DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben