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Die HEEET-Geschäftsführung (v. l.): Harry Schneider, Lino Ferda und Peter Ferda

Die HEEET-Geschäftsführung (v. l.): Harry Schneider, Lino Ferda und Peter Ferda (Foto: © HEEET Holding GmbH)

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Nachfolge im Handwerk: Aus zwei mach eins

Mit "HEEET - Technik im Haus" haben zwei Handwerksbetriebe nicht nur eine neue Firma geschaffen – sondern leben auch ein Modell vor, wie der Generationswechsel im Handwerk gelingen kann.

Was passiert, wenn ein junger Nachfolger nicht nur den Familienbetrieb übernimmt, sondern zwei Traditionsunternehmen fusioniert und daraus eine neue Marke formt? In Siegen zeigt Lino Ferda, wie ein Generationswechsel im Handwerk heute aussehen kann.

In fröhlich-bunten Buchstaben steht der Schriftzug HEEET auf dem schwarzen Kapuzenpulli des 33-Jährigen. Ausgesprochen hört es sich an wie das englische "Heat", also Hitze, geschrieben wird der Firmenname aber mit drei großen E. Auch auf der Fahrzeugflotte ist das Logo nicht zu übersehen. Das Unternehmen entstand durch die Fusion der beiden alteingesessenen Siegener SHK-Unternehmen Bäcker Haustechnik und Willi Gräf. Man hätte es auch Bäcker-Gräf oder umgekehrt nennen können, doch wie es zu dem ungewöhnlichen neuen Namen kam, dazu später mehr.

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Die Teams sind zusammengewachsen, Kündigungen gab es keine. Foto: © HEEET Holding GmbHDie Teams sind zusammengewachsen, Kündigungen gab es keine. Foto: © HEEET Holding GmbH

Die Idee zu dem Zusammenschluss reifte in Lino Ferda vor etwa drei Jahren. Er hat vor 15 Jahren seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker bei Harry Schneider, Inhaber der Firma Willi Gräf, begonnen und ist danach zu seinem Vater Peter Ferda in den Familienbetrieb gewechselt, um dort ein duales Studium zum Wirtschaftsingenieur zu starten. Irgendwann war ihm klar, dass er das Familienunternehmen weiterführen möchte. "Ich habe in den Jahren auch immer den Kontakt zu meinem Ausbildungsbetrieb gehalten. Weil es dort keinen Nachfolger gab und ich es schade gefunden hätte, wenn das Unternehmen mit samt seinem tollen Team nicht weiter geführt worden wäre, kam mir der Gedanke der Fusion", erzählt Ferda.

Foto: © HEEET Holding GmbHFoto: © HEEET Holding GmbH

Sein Vater ermunterte ihn, die Idee zu verfolgen, und sein früherer Ausbilder Harry Schneider war nicht abgeneigt. Er fand die Idee spannend. "Damit habe ich den Stein ins Rollen gebracht", lacht der Jungunternehmer. Die Firmen waren mit jeweils 30 Mitarbeitenden ähnlich groß, hatten beide sowohl einen Privat- und Geschäftskunden­bereich und eine ähnliche Philosophie. Man kannte sich: "Wir waren immer freundschaftlich verbunden, haben Projekte gemeinsam abgewickelt."

Nachdem der Entschluss gefasst war, im Zuge des Generationswechsels aus zwei Firmen eine zu machen, begann die eigentliche Arbeit. Die Gespräche mit Steuerberatern und Rechtsanwälten sowie die Einbindung einer Agentur für Strategie- und Organisationsberatung als Moderator und Begleiter der Umsetzung. Schnell war klar, dass die Mitarbeiter intensiv in den Prozess eingebunden werden sollen.

Alle Mitarbeiter von Beginn an einbezogen

"Am 1. August 2023, einem Dienstag, haben wir in beiden Firmen bei einem gemeinsamen Frühstück die Bombe platzen lassen und die Fusion verkündet", erzählt Ferda. Am Freitag darauf gab es ein gemeinsames Sommerfest für die Mitarbeiter und deren Familien. Und am Montag startete bereits das firmenübergreifende Teamwork. In den Workshops konnten sich die Teams von Bäcker Haustechnik und Willi Gräf kennenlernen und näherkommen.

Auf Flipcharts haben sie ihre Ideen für die Zukunft des Unternehmens gesammelt. Sie sollten zügig ins Arbeiten kommen und möglichst wenig Zeit zum Grübeln haben. Natürlich mussten auch viele Gruppen- und Einzelgespräche geführt werden, um gerade den langjährigen Mitarbeitern ihre Sorgen zu nehmen. "Es gab teilweise eine sehr enge Identität mit dem Unternehmen, den Fahrzeugen und der Kleidung. Darauf mussten wir Rücksicht nehmen. Deshalb war es wichtig, dass wir bei der Planung alle ins Boot holten."

Starker neuer Markenauftritt

Der Marken-Kick-off war im Frühjahr 2024 Foto: © HEEET Holding GmbHDer Marken-Kick-off war im Frühjahr 2024 Foto: © HEEET Holding GmbH

Beim Brainstorming der gesamten Mannschaft über die Firmenphilosophie tauchten dann immer wieder die Begriffe Hingabe, Effizienz, Erlebnis, Ergebnis und Teamwork auf. Mit Hilfe der Agentur entstand so das Kunstwort HEEET. "Der Name sollte kurz, prägnant und einzigartig sein und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wir wollten eine ganz neue und frische Marke aus dem Boden stampfen", erzählt Ferda.

Im Frühjahr 2024 später folgte das nächste große Event, ein Marken-Kick-off. Alles war vorbereitet und wurde mit einem großen Knall enthüllt: Die Fahrzeugbeschriftung (die Autos fuhren vorher abgeklebt durch die Stadt), die neuen Outfits, das Geschäftspapier, der Internetauftritt bis hin zu Kaffeetassen und Schlüsselanhängern.

Für die traditionsreichen Familienbetriebe war die Fusion ein mutiger Schritt. Allein die Bäcker Haustechnik gibt es unter diesem Namen seit 1875 in Siegen, Willi Gräf seit 1922. "Für uns ist das die Zukunft", sagt Ferda, der heute gemeinsam mit seinem Vater Peter Ferda (60) und mit Harry Schneider (63) im Dreierteam die Geschäfte führt und später die nächste Generation der Führung darstellen wird.

"In der SHK-Branche wird die Auftragslage gut bleiben, davon sind wir überzeugt. Eine der größten Herausforderungen wird künftig der Fachkräftemangel sein. Durch die Zusammenlegung der beiden Kundendienstabteilungen für den Privatbereich zur HEEET Service GmbH haben wir jetzt zehn statt drei Techniker. Wenn Mitarbeiter durch Urlaub, Elternzeit oder Meisterschule ausfallen, kann das im großen Team besser aufgefangen werden. Und durch die Zusammenführung der beiden Projektteams in die HEEET Project GmbH können wir größere Bauvorhaben für Industrie und Gewerbe anbieten. Wir haben die Synergien gebündelt und können jetzt mehr als vorher."

Beim Aufbau der Arbeitgebermarke wurde auch darauf geachtet, dass die Beschäftigten alle bekannten Benefits behalten können. Ob Jobrad, Fitnessstudio-Mitgliedschaft, Notdienst-Zeiten oder attraktiver Stundenlohn. Ferda sagt: "Wir haben einfach das Beste aus beiden Welten zusammengeführt." Für Lino Ferda ist die Fusion mehr als ein Zusammenschluss: Sie ist für ihn der Start in eine neue Ära: Eine starke Arbeitgebermarke, effiziente Teamstrukturen und klare Zuständigkeiten, um die Herausforderungen der Branche zu meistern. Und: Die Teams sind mitgewachsen. Ohne Kündigungen.

Pluspunkte der Fusion - Neue, moderne Arbeitgebermarke
- Synergien durch größere Teams
- Nachfolge für zwei Unternehmen gesichert
- Fachkräftesicherung durch Einbindung der ­Mitarbeiter in alle Prozesse der Fusion

Nachfolge im Handwerk Beinahe jeder vierte Inhaber im Handwerk ist inzwischen über 60. Bei bis zu 125.000 Betrieben steht in Kürze die Übergabe an einen Nachfolger an. Laut einer ifh-Studie steigt die Zahl bis 2030 deutlich an. Die Handwerkskammern beraten Betriebsinhaber genauso wie Nachfolgerinnen und Nachfolger bei allen Fragen rund um das Thema Betriebsübergabe – auch zu Zusammenschlüssen. handwerksblatt.de/nachfolge

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Text: / handwerksblatt.de

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