Wie Sie höhere Preise durchsetzen
Jedes Jahr steigen die Betriebskosten für Energie, Personal, Steuern, Werkzeug und Material. Da heißt es, in den sauren Apfel zu beißen.
Damit die Firma läuft, müssen Handwerker höhere Kosten an ihre Kunden weitergeben. Beinahe jeder Handwerker ist betroffen: Preisdrückerei steht dort auf der Tagesordnung. Docht trotz steigender Kosten wollten viele ihre Preise in den vergangenen Monaten aus Angst vor platzenden Aufträgen nicht erhöhen. Allerdings sind derzeit Konsum und Binnennachfrage recht stabil – ein guter Zeitpunkt, um die Strategie zu ändern.
Malermeister Bernhard Franz aus Siegen fängt immer erst bei sich an. Wenn die Preise für Farben und Tapeten steigen, setzt er alles daran, das Material günstiger einzukaufen: "Über mehrere Paletten oder eine größere Stückzahl kann ich den Preis meist drücken." Hilft das nicht mehr, muss er an seine Preise gehen – und das ist schwierig. Denn oft holen sich Kunden weitere Angebote und versuchen, den Tapezierer runterzuhandeln.
Jeder kennt die Tricks - trotzdem funktionieren sie
Die Strategie des 48-Jährigen: Er spricht mit seinen Kunden offen über Einkaufspreise, Personalkosten und Qualität. In fast allen Fällen verstehen die Bauherren seine Argumente und beauftragen ihn. Geht er auf den Preiskampf nicht ein, verliert er aber auch mal einen Auftrag. "Das Problem in meiner Branche ist, dass die Renovierer gerne mal selber streichen", erklärt der Siegener.
Vertriebsexperte Jürgen Frey empfiehlt, bei der Preisverhandlung immer den Nutzwert für den Kunden zu betonen, nicht den Preis. "Zeigen Sie auf, was passiert, wenn der Kunde selbst mit billigen Baumarktfarben auf Raufaser streicht – mit Ihrer Hilfe bekommt er ein hochwertiges Ergebnis", erklärt der Wirtschaftsingenieur. Daneben helfe auch die Sandwich-Methode. Dabei wird der Preis in zwei gute Argumente "eingepackt". Frey ergänzt das Beispiel: "Bei mir, dem Malermeister, erhalten Sie eine fachkundige Beratung und Ausführung zu einem Preis x. Und einen Eimer Farbe bekommen Sie kostenlos dazu." Das letzte Argument bleibt dann im Kopf und nicht der Preis. Jeder kennt diese Tricks – trotzdem funktionieren sie.
"Man muss zu seinen Angeboten stehen", findet auch Thomas Reh. Der Siegener Wintergartenbauer vergleicht das Verhältnis zu seinen Kunden mit einer Waagschale: Auf der einen Seite liegt das schwere Gewicht des Preises, auf der anderen Seite der Nutzen. Der muss im Kundengespräch dargestellt werden.
Das Preisproblem nicht wegdiskutieren
Der Inhaber des Wintergartenfachbetriebs schickt deshalb keine Angebote mehr an seine Kunden, er präsentiert sie. "Bei einem ersten Kontakt schreibe ich mir dessen Wünsche genau auf. Diese findet er dann in der Präsentation gelöst und durch eine Simulation veranschaulicht." Schließlich interessiere die Menschen nicht, was "ein Stück Tür kostet". Sie wollen eine Gesamtlösung. Nörgelt der Kunde dennoch beim Gesamtpreis, nennt ihm Referenzobjekte in seiner Nähe: "So kann er mit Herrn Müller im gleichen Stadtteil reden, der bei den Kosten vielleicht ebenso schlucken musste und jetzt zufrieden ist."
Die Philosophie des 43-Jährigen: Das Preisproblem nicht wegdiskutieren, sondern den Kunden ernst nehmen. Wenn ihm ein Hausbauer sagt, dass er derzeit keine 20.000 Euro für einen Wintergarten übrig hat, gibt er ihm die Zeit und meldet sich im nächsten Jahr wieder. Der Handwerker gibt dem Interessenten nur Prospekte mit, kein fertiges Angebot. "Dann muss ich im nächsten Jahr nicht mit ihm diskutieren, warum die Kosten um fünf Prozent gestiegen sind."
Text:
Michael Sudahl /
handwerksblatt.de
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