Ein Mann im weißen Business-Hemd steht mit dem Rücken zum Betrachter vor einem gewölbten Bildschirm. Er betrachtet ein Flussdiagramm, das aus Quadraten und Kreisen besteht, die Pfeile miteinander verbinden.

Die Suche nach einer Software-Lösung scheitert oft daran, dass Handwerker und IT-Experten aneinander vorbeireden. BPMN ist eine "Sprache", die Programmierer verstehen. Mithilfe eines standardisierten Flussdiagramms können die Schritte eines Geschäftsprozesses von Anfang bis Ende visuell modelliert werden. (Foto: © nicoelnino/123RF.com)

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Digitalisierungspfad soll Baubetriebe zur passenden Software-Lösung führen

Betriebsführung

Für die Betriebe des Bauhandwerks gestaltet sich die Suche nach einer kompatiblen Software-Lösung oft schwierig. Das Mittelstands-Digital Zentrum Handwerk in Krefeld hat zwei Digitalisierungspfade entwickelt. 

"Sagen Sie mir doch einfach, was ich kaufen soll!" Diesen Satz hören Martina Schneller und ihr Team vom Schaufenster Krefeld des Mittelstands-Digital Zentrum Handwerk (MDZH) oft in den Gesprächen. Doch so einfach lassen sich die Probleme der Digitalisierung im Baugewerbe nicht lösen. "Wir dürfen keine Empfehlung für eine Software-Lösung aussprechen, weil wir anbieterneutral informieren müssen, und wir können keine Empfehlung aussprechen, weil sich die Prozesse von Betrieb zu Betrieb unterscheiden", begründet die promovierte Bauingenieurin. 

Unüberschaubares Angebot

Das Flehen der Handwerker nach einer einfachen Lösung kommt nicht von ungefähr. Die Auswahl der Programme überfordert die Betriebe. "Alleine für die Bereiche Finanzen und Bauausführung brauchen sie in der Regel zwei Software-Produkte, die miteinander kommunizieren müssen", erklärt Martina Schneller. An der Kompatibilität hakt es jedoch oft. Die Schnittstellen funktionieren nicht. Frust kommt auf. "Die Software taugt nix!", heißt es dann schnell. 

Handwerker sprechen die falsche Sprache

In den meisten Fällen trägt die Technik daran aber keine Schuld. Der Kern des Problems liegt für die Projektleiterin beim MDZH in der Verständigung. IT-Experten sprechen eine andere Sprache als Handwerker. "Damit die Bauhandwerker ihre Anforderungen an eine Software-Lösung klar formulieren können, müssen wir ihnen die Sprache der IT beibringen."

IT-Experten verstehen BPMN

Programmierer verstehen BPMN. Das Kürzel steht für Business Process Model and Notation – ins Deutsche übersetzt: Geschäftsprozessmodellierung. Microsoft beschreibt BPMN als standardisierte Flussdiagramm-Methode. Mit deren Hilfe können die Schritte eines Geschäftsprozesses von Anfang bis Ende visuell modelliert werden. "Wir wollen den Bauhandwerkern dabei helfen, sich mit den Prozessen ihres Unternehmens auseinanderzusetzen, so dass sie daraus die individuellen Anforderungen für ihre IT-Lösung gegenüber den IT-Experten formulieren können", umschreibt Martina Schneller den Auftrag für sie und ihr Team. 

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Digitalisierungspfad für zwei Gewerke

Der Digitalisierungspfad des MDZH Foto: © Mittelstand-Digital Zentrum HandwerkDer Digitalisierungspfad des MDZH Foto: © Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk

Das MDZH in Krefeld hat für zwei Gewerke einen "Digitalisierungspfad" entwickelt. "Glaser und Dachdecker bekommen damit eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die sie vom analogen zum digitalisierten Betrieb führt", erklärt Projektleiterin Martina Schneller.

Virtuelle Leitbetriebe

In die Arbeit waren jeweils vier Betriebe unterschiedlicher Größe aus dem Glaser- und Dachdeckerhandwerk eingebunden. Daraus sind die Prototypen zweier virtueller Leitbetriebe entstanden – der Digitalisierungspfad der Glaserei Durchsichtig und der Dachdeckerei First.

Gleiche Schritte, andere Lösung

Daran können sich neben den zwei Gewerken auch andere Bauhandwerker orientieren. "Denn auch wenn es einige wenige gewerkespezifische Unterschiede gibt, so ist der Ansatz und die Vorgehensweise unabhängig vom Gewerk, das heißt die Schritte sind gleich, nur die Beispiele und Lösungen eben anders." 

Parallelpfad für Mitarbeiterbeteiligung

Der Digitalisierungspfad besteht aus sieben Etappen. Er startet beim "Verstehen", schlängelt sich über "Handlungsbedarf entdecken" und "Lösungen identifizieren" bis hin zum "Prozessmanagement".

Ein weiterer Pfad verläuft parallel dazu. "Als Wegbegleiter auf dem Digitalisierungspfad müssen auch die Mitarbeiter mitgenommen werden", betont Martina Schneller. Eine nur von oben verordnete Lösung scheitere oft daran, dass die Belegschaft sie gar nicht nutzen will.  

Etappenziele des Digitalisierungspfads

An jedem der sieben Etappenziele wartet ein neues Kapitel. Das erste Kapitel "Verstehen" ist in 20 Folien unterteilt. Jede Folie enthält eine überschaubare Menge an Informationen. Videos und Downloads vertiefen den Lernprozess.

Das dritte Kapitel "Handlungsbedarf entdecken" schließt mit einem Check ab. Darüber wird detailliert der Ist-Stand in 16 Handlungsfeldern analysiert wie etwa Kundendatenverwaltung, Leistungsermittlung, Personalmanagement, Fahrzeugplanung oder Arbeitszeiterfassung. Die Ergebnisse der Auswertung fließen in die Auswahl der Software ein.

Im fünften Kapitel "Lösungen identifizieren" werden den Prozessoptimierern drei modellhafte Software-Lösungen für das Gewerk vorgeschlagen. Wer diese nicht nutzen möchte, kann mittels einer Funktionalitäten-Matrix in Form eines Excel-Sheets seine individuellen Anforderungen ermitteln. 

Bauproduktdaten standardisieren

Ein wichtiges Thema steht noch auf der To-do-Liste des MDZH in Krefeld: die Eindeutigkeit von Bauproduktdaten. "Ein Glas mit denselben Attributen hat bei jedem Hersteller eine andere Bezeichnung", so Martina Schneller. Eine Standardisierung sei unumgänglich, wenn man künftig mit der Methode BIM im Baugewerbe arbeiten wolle.  

Externe Unterstützung

Die Digitalisierungspfade sind als Hilfe zur Selbsthilfe konzipiert. Wenn es zur Umsetzung der im Soll-Prozess formulierten Anforderungen kommt, könnte aber externe Unterstützung nötig werden. "An manchen Stellen wird empfohlen, einen Berater einzuschalten, der sich auf dem Softwaremarkt auskennt", empfiehlt Martina Schneller.

BITs und Digi-BITs helfen

Eine kostenlose Beratung bieten etwa die Beauftragten für Innovation und Technologie (BIT) und die auf Digitalisierung spezialisierten Digi-BIT bei Handwerkskammern und Verbänden an. Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk kann ebenfalls kontaktiert werden. Die Bildungszentren des Baugewerbes (BZB) in Krefeld, die Martina Schneller und ihr Team beherbergen, schulen zu Prozessen im Bauhandwerk und BPMN.

BITs und Digi-BITs Eine Liste aller Beauftragten für Innovation und Technologie finden Sie im Online-Artikel "Digitalisierung nach Corona: Wann geht es endlich wieder los?!" auf handwerksblatt.de.  

Anpassungsdruck für das Bauhandwerk

Das Internet ist ständig erreichbar. Diesen Anspruch übertragen Kunden auch aufs Handwerk. Ihren veränderten Bedürfnissen sollten sich die Baubetriebe anpassen. "Bei meinem Friseur kann ich einen Termin auf der Homepage oder per E-Mail vereinbaren. Warum sollte das nicht auch beim Glaser oder Dachdecker gehen?", fragt sich Martina Schneller. Einrichtungshäuser planen eine Küche in 3D, so dass der Kunde mit einer VR-Brille virtuell durch das Modell laufen kann. "Warum bieten nicht auch Tischler und Hochbauer diesen Service an?" 

Digitalisierung im Handwerk Im Themen-Special "Digitales Handwerk" geben wir Tipps, die Digitalisierung im Handwerk umgesetzt werden kann. Darüber hinaus stellen wir regelmäßig in der Rubrik "Betriebsführung" beispielhafte Projekte und Software-Lösungen vor: Über den Einsatz eines 3D-Druckers im Bauhandwerk wird im Online-Artikel "Dem 3D-Betondruck gehört die Zukunft" auf handwerksblatt.de berichtet. Wie Künstliche Intelligenz dem Bäcker- und Konditorenhandwerk helfen kann, zeigt der Online-Artikel "Backdigital will Bäcker und Konditoren bei der Digitalisierung unterstützen". Mit der Zusammenführung von fünf Software-Anbietern, die Programme für das Bau- und baunahe Handwerk schreiben, beschäftigt sich der Online-Artikel "Software aus der Cloud soll Datenschatz des Handwerks heben"

Digitalisierung entlastet Baubetriebe

Hinzu kommt, dass die Technik auch die Bauprozesse vereinfachen kann. Die Bauingenieurin denkt beispielsweise an 3D-Drucker und Roboter. "Wo uns Entlastung geboten wird, sollten wir diese Entlastung auch nutzen, damit wir uns auf die wesentlichen Dinge konzentrieren können", ist sie überzeugt.

Attraktiver für Fach- und Nachwuchskräfte

Die Nutzung moderner IT-Systeme und Technologien macht sich nach ihrer Einschätzung auch in der Außenwirkung bezahlt. "Baubetriebe, die sich digital weiterentwickeln, haben ein besseres Image und finden leichter Fach- und Nachwuchskräfte."

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Text: / handwerksblatt.de

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