Die Rupp Gebäudedruck und die 3D-Druck-Sparte von Peri haben in Deutschland bereits zwei Projekte im 3D-Betondruck gestemmt. Ende 2021 ist ein Katalog mit Entwürfen und Preisen für 3D-Häuser erscheinen.
Unermüdlich zieht er seine Runden. Schicht um Schicht wird aufgetragen. 72 Stunden braucht der 3D-Betondrucker, um ein Fünf-Familienhaus mit drei Stockwerken in Wallenhausen hochzuziehen. "Das ist nur die reine Druckzeit", schränkt Fabian Rupp ein. Einschließlich der Rüstzeiten liege man bei fünf Wochen.
Den meisten Aufwand habe das Materialmanagement verursacht. Der 3D-Drucker bezieht den Beton aus einem mit ihm angeschlossenen Silo. Dort wird das Material gemischt und in den Druckkopf gepumpt. "Das Einblasen des Materials ins Silo hat uns die meiste Zeit gekostet", erklärt der Geschäftsführer der Rupp Gebäudedruck aus Pfaffenhofen an der Roth.
Seit dem Sommer 2021 ist das gedruckte Mehrfamilienhaus in Bayern fast komplett bewohnt. Nur eine Wohnung bleibt noch frei. Sie wird für die Vermarktung genutzt. "Dieses Haus ist ein Meilenstein, weil es kein Referenzobjekt, sondern ein bewohntes Haus mit einer ordentlichen Baugenehmigung ist", sagt Jan-Peter Graumann, Business Development Manager der 3D-Betondruck-Sparte von Peri.
Das Unternehmen hat den 3D-Drucker und das Know-how geliefert. Mit der Rupp Gebäudedruck habe man einen Partner aus dem Handwerk gefunden, der sich dem 3D-Druck annimmt, Erfahrungen damit aufbaut und sich langfristig von seinen Mitbewerbern absetzen will.
Peri stellt Schalungs- und Gerüstsysteme für die Bauwirtschaft her. "Zudem beschäftigen wir uns seit fünf, sechs Jahren mit dem 3D-Betondruck", erklärt Jan-Peter Graumann. Potenziellen Konkurrenten wird damit gleich der Wind aus den Segeln genommen. "Wenn sich ein Werkstoff wie Beton auch ohne Schalung formen lässt, dann treiben wir diese Entwicklung von der Spitze weg voran." Dazu habe sich Peri am Start-up COBOD beteiligt. Das Unternehmen aus Dänemark produziert einen 3D-Drucker für Gebäude.
3D-Betondrucker Die Technischen Daten zum COBOD BOD2-Drucker findet man bei Peri 3D Construction. Informationen gibt es zu Drucker- und Gebäudegrößen, Montage und Befestigung, Druckgeschwindigkeit, Druckmaterial, Sicherheitstechnik, Tangentialkontrolle, Lagenhöhe und -breite sowie Datenformate für die Slicer-Software.
Die Rupp Gebäudedruck ist eine Sparte der Michael Rupp Bauunternehmung GmbH. "Wie 99 Prozent aller Handwerksbetriebe hatten wir kaum Erfahrung mit dem 3D-Druck, aber wir wollten es ausprobieren", begründet Fabian Rupp die Ausgründung. Der Maurer- und Betonbauermeister ist einer von drei Gesellschaftern.
Neben seinem Bruder Sebastian komplettiert Yannick Maciejewski das Trio. "Yannick war leitender Ingenieur bei der 3D-Betondruck-Sparte von Peri. Das Projekt in Wallenhausen hat er maßgeblich geführt, die Projekte in Beckum und Texas begleitet."
Weiterentwicklung des 3D-Drucks
Nachdem drei Bauvorhaben realisiert werden konnten, legt sich Fabian Rupp auf eine Prognose fest: "Dem 3D-Betondruck gehört die Zukunft, allerdings ist damit noch viel Entwicklungsarbeit verbunden." Aus technischer Sicht gehört dazu etwa das Material. "Es muss relativ schnell aushärten, aber auch gut aus dem Silo zu pumpen sein", formuliert Jan-Peter Graumann die Anforderungen an den Werkstoff.
Die Körnung beträgt maximal acht Millimeter. Beim Gebäudedruck in Beckum und in Wallenhausen habe man mit HeidelbergCement zusammengearbeitet. "Die Maschine kann aber auch das Material anderer Hersteller drucken." Die Rupp Gebäudedruck kooperiert bereits mit diversen Zementherstellern. "Sie lassen uns ihre Produkte testen", sagt Fabian Rupp.
Nachhaltigkeit beim 3D-Betondruck
Doch auch die Nachhaltigkeit soll beim Material eine stärkere Rolle spielen. "Beton hat einen schlechten ökologischen Fußabdruck", verdeutlicht Fabian Rupp. Statt Zement könne er sich als Bindemittel die Beimischung von Recyclingstoffen oder nachwachsenden Rohstoffen wie Holzabfälle, aber auch Lehm oder Polymere vorstellen. "Einen ressourcenschonenden Betonmörtel zu finden, wird die Aufgabe der nächsten zehn Jahre sein." Dazu will die Rupp Gebäudedruck zusammen mit Hochschulen aus Europa forschen.
Technologisch sind Unternehmen wie die Rupp Gebäudedruck ein Vorreiter. "Viele Baubetriebe sind von einem 3D-gedruckten Haus meilenweit entfernt", sagt Dr. Martina Schneller vom Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk (MDZ Handwerk) in Krefeld. Sie habe von Unternehmen gehört, die lediglich per Fax zu erreichen seien. Auf der Baustelle kämen überwiegend Papier und Zollstock zum Einsatz. Dabei gebe es inzwischen Tablets und Lasermessgeräte. Dagegen seien andere Branchen deutlich weiter bei der Digitalisierung.
Dies wiederum erhöhe den Druck aufs Baugewerbe. "Die Kunden können einen Friseurtermin online buchen und sie wissen genau, vor welchem Haus sich der Zusteller mit ihrem Paket befindet", nennt Schneller zwei Beispiele. Auf die veränderten Erwartungen der Verbraucher an die Unternehmen müsse man eingehen. "Wenn nicht bald etwas passiert, dann übernehmen andere die Aufgaben des Baugewerbes", befürchtet die Ingenieurin.
Interaktiver Digitalisierungspfad
Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk will diesen Prozess anstoßen. "Wir führen die Betriebe an die Digitalisierung heran, damit sie sich solchen Themen wie 3D-Gebäudedruck oder BIM überhaupt stellen können." Speziell für das Dachdecker- und Glaserhandwerk wurde ein interaktiver Digitalisierungspfad angelegt. "Damit haben wir eine datendurchgängige Lösung geschaffen, an der sich Bauhandwerker orientieren können", erklärt Dr. Martina Schneller.
Trotz voller Auftragsbücher empfiehlt sie den Unternehmen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken und nach weiteren, innovativen Standbeinen zu suchen. Leuchttürme wie die Rupp Gebäudedruck oder Scaffeye (Gerüstbauer-App) könnten dabei helfen. "Sie strahlen auf alle anderen Betriebe aus, indem sie mutig vorangehen und zeigen, dass der Einsatz neuer Technologien funktioniert."
Podcast zum 3D-Druck Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk (MDZ Handwerk) produziert einen eigenen Podcast. Die Folge 12 von "DigiCast" befasst sich damit, wie der 3D-Druck das Baugewerbe revolutioniert. Das Krefelder Team des MDZ Handwerk berichtet darin über das erste, im 3D-Betondruck hergestellte Wohnhaus in Beckum (NRW). Die rund 25 Minuten umfassende Folge ist direkt beim MDZ Handwerk, aber auch über Spotify, Google Podcast und Apple Podcast abrufbar.
Training für 3D-Gebäudedrucker
Die Arbeit mit dem 3D-Betondrucker ist nicht selbsterklärend, für Jan-Peter Graumann aber auch keine Raketenwissenschaft. Nach einer Trainingsphase von maximal anderthalb Wochen könne man den COBOD BOD2 schon gut bedienen. Zwei Mitarbeiter reichen dafür aus. "Es ist hilfreich, wenn sie schon vorher mit Beton zu tun hatten."
Mit Innovationen neue Mitarbeiter gewinnen
Die Technologie sei spannend, die Arbeit sei körperschonend. Gute Argumente, um den Bau als Ausbilder und Arbeitgeber attraktiver zu machen. Dem stimmt Dr. Martina Schneller zu. "In den Köpfen vieler Eltern spukt immer noch das Bild des rauchenden, betrunkenen und dreckigen Bauarbeiters umher." Innovationen wie der 3D-Druck könnten dabei helfen, das Image der Bauberufe zu verbessern und mehr junge Menschen für das Handwerk zu gewinnen.
Mit dem 3D-Betondruck sollen Gebäude künftig schneller und günstiger gebaut werden. Eines der Ziele konnte bei den beiden Projekten in NRW und Bayern noch nicht erreicht werden. "Bis wir ein Mehrfamilienhaus wie in Wallenhausen auf einem ähnlichen Kostenlevel wie beim konventionellen Bauen fertigstellen können, vergehen noch zwei, drei Jahre", prognostiziert Jan-Peter Graumann.
3D-Gebäudedruck bietet gestalterische Freiheiten
Anders sieht es in Beckum aus. "Könnten wir das Einfamilienhaus noch einmal genauso drucken, wären wir auf demselben Kostenlevel – obwohl es sehr individuell und speziell geplant gewesen ist." Vorteile des 3D-Gebäudedruck-Verfahrens sieht er darüber hinaus beim Bauprozess und bei dem Design. "Beim 3D-Druck kann man ohne Komplikationen wie geplant bauen und hat viele gestalterische Freiheiten." So habe man beim Projekt in Beckum einen Kaminofen und eine begehbare Dusche direkt mit gedruckt.
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Unterstützung von der Politik
Der Firmensitz der Rupp Gebäudedruck liegt mitten in Süddeutschland. Von Pfaffenhofen an der Roth ist es zudem nicht weit bis zur Grenze nach Österreich und der Schweiz. Auf diese Region will sich das junge Unternehmen konzentrieren, aber auch im Rest von Deutschland seine Fühler ausstrecken.
Beim 3D-Betondruck erhofft sich Fabian Rupp deshalb Unterstützung von der Politik. Bislang habe man eine Baugenehmigung für Bayern und Nordrhein-Westfalen. "Hoffentlich gestaltet sich die Zulassung in den anderen Bundesländern einfacher."
Neue Projekte im 3D-Gebäudedruck
"Wir werden von Anfragen überrannt. Die Resonanz in den Medien ist überragend", schwärmt Jan-Peter Graumann. Peri 3D-Druck habe bereits weitere Projekte in der Pipeline, darunter in Deutschland. Über weitere Details schweigt er sich aber aus.
Bei Rupp Gebäudedruck stehen ebenfalls neue Bauvorhaben an. Fabian Rupp lässt sich ein wenig mehr in die Karten schauen. "Wir werden in Deutschland ein Einfamilienhaus, ein Mehrfamilienhaus und ein öffentliches Gebäude im 3D-Druckverfahren bauen." Zudem kündigt er für Ende 2021 einen Katalog mit ausgefallenen Entwürfen ausgewählter Architekten an. "Darin wollen wir zeigen, was mit dem 3D-Druck alles möglich ist und was es kostet."
"Mit dem 3D-Gebäudedruck-Verfahren werden wir neue Märkte erschließen, aber der Drucker wird den konventionellen Bau nicht so schnell verdrängen", prognostiziert Fabian Rupp. Bislang nutzt die Rupp Gebäudedruck einen COBOD BOD 2 als Leihgabe von Peri. Ab 2022 soll mit einem eigenen Gerät gearbeitet werden. Die Kosten der Neuanschaffung für den 3D-Gebäudedrucker liegen im sechsstelligen Euro-Bereich.
Keine Sorge um Auslastung
Das Investment hat der Geschäftsführer von Rupp Gebäudedruck für einige Aufgaben vorgesehen. Auf dem Firmengelände in Weißenhorn könnten damit Fertigteile vorproduziert werden. Auf der Baustelle ließe sich der 3D-Drucker in Kombination mit dem konventionellen Bauverfahren einsetzen, etwa um architektonisch aufwändigere Geometrien zu integrieren.
Dem Maurer- und Betonbauermeister ist um die Investition in die neue Technologie jedenfalls nicht bange. "Die Nachfrage ist groß. Um die Auslastung unseres 3D-Betondruckers machen wir uns keine Sorgen."
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