Er ist Professor und geschäftsführender Gesellschafter zugleich. Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit hat Robert Weidner die exoIQ mitgegründet. Im ersten Quartal 2023 soll das erste selbst entwickelte Schulter-Exoskelett auf den Markt kommen.
Cineasten werden sich mit Schaudern an "Aliens" erinnern. Zu den spektakulären Szenen des Science-Fiction-Klassikers gehört der Kampf der Weltraumbestie mit der Hauptdarstellerin Sigourney Weaver, die sich den P-5000 Powered Work Loader "übergeworfen" hat.
Robert Weidner schaudert es auch – wenn auch eher aus wissenschaftlicher Sicht. "Ein Exoskelett ist kein anziehbarer Gabelstapler", so der Professor mit dem Schwerpunkt "Unterstützungstechnologien für Menschen". "Bei einem Exoskelett handelt es sich um eine mechanische Stützstruktur, die die Kraft von besonders stark belasteten Körperregionen ableitet und so menschliche Bewegungen je nach Gestalt des Exoskelettes ermöglicht, verstärkt, erleichtert oder stabilisiert."
Gefragter Experte
Der Maschinenbauer ist Experte auf diesem Gebiet. Die Liste der Veröffentlichungen ist lang. Seine Expertise ist gefragt. "Das Thema Exoskelette treibt mich an verschiedenen Fronten um", erklärt Professor Dr.-Ing. Robert Weidner, der an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (Österreich) lehrt.
Hinzu kommen diverse Forschungsprojekte. Mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, deren Fachbereich Handel und Logistik sowie Institut für Arbeitsschutz wurde im Rahmen von "exo@work" ein Leitfaden zur Evaluation von Exoskeletten für die Arbeitswelt entwickelt.
Auch im SHK-Handwerk kennt man den Forscher bereits. "Beim Projekt ,Handwerksgeselle 4.0‘ haben wir gemeinsam mit dem Zentralverband Sanitär, Heizung und Klima sowie Unternehmen unter anderem untersucht, welche spezifischen Anforderungen die Systeme erfüllen müssen, damit die Monteure optimal unterstützt werden."
Exoskelette kommen bei körperlich anstrengenden Arbeiten zum Einsatz, die Beine, Arme, Hände, Schultern oder den Rücken belasten. "Sie werden wie ein Kleidungsstück oder wie ein Rucksack angezogen und mit dem jeweiligen Körperteil verbunden", erklärt Prof. Dr.-Ing. Robert Weidner.
Bei einem Schulter-Exoskelett etwa sind die Stützstrukturen an den beiden Oberarmen befestigt. Sie leiten die auf die Arme und Schultern wirkende Kraft bei Überkopfarbeiten bis zum Becken ab. "Dieses System greift dem Benutzer im wahrsten Sinne des Wortes von hinten unter die Arme."
Schutz vor Belastungsspitzen
Dem Wissenschaftler ist es wichtig, mit einem Mythos aufzuräumen. "Ein Exoskelett verleiht keine Superkräfte." Das sei schon physikalisch zu erklären. Ein Gewicht von fünf Kilogramm, das aufgenommen werden muss, wiege auch weiterhin fünf Kilogrammgramm. "Diese Systeme schützen den Träger vor Belastungsspitzen. Damit machen sie die Tätigkeit aber spürbar leichter und die Nutzer trainieren und erhalten dennoch ihre physischen Grundleistungsfähigkeit."
Bei Exoskeletten wird zwischen aktiven und passiven Systemen unterschieden. "Bei passiven Systemen wird die abgeleitete Energie in einer Bewegungsrichtung mittels eines Feder-Dämpfer-Elements oder eines Seilzugs gespeichert und in eine andere Bewegungsrichtung abgegeben."
Zum Veranschaulichen zieht der Ingenieur einen Vergleich aus dem Fahrzeugbau heran. Beim Schließen der Heckklappe eines Autos werden die Gasdruckfedern aufgeladen. Öffne man den Kofferraumdeckel dann über einen bestimmten Punkt hinaus, werde die gespeicherte Energie wieder abgegeben.
Dagegen werde ein aktives Exoskelett von einer externen Kraftquelle wie einem Motor angetrieben, der seine Energie zum Beispiel aus Akkus zieht.
Exoskelette – damals und heute
Exoskelette sind keine grundsätzlich neue Entwicklung. Ihre Entstehungsgeschichte reicht bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nach Russland zurück. Mitte der 60er-Jahre stellte das amerikanische Unternehmen General Electric den ersten Prototypen vor. "Der ,Hardiman‘ war ein Art Roboter zum Anziehen, aber das Projekt scheiterte laut Angaben im Internet", sagt Robert Weidner.
Die Technologie sei in den folgenden Jahrzehnten unter anderem in den USA vor allem unter militärischen Aspekten betrachtet worden. Weitere Anwendungsgebiete lagen auch in der Rehabilitation und Pflege. Erst seit den 2010er-Jahren habe die Industrie Exoskelette als Unterstützung für die Arbeiter in der Produktion wiederentdeckt.
Marktreife Technologie
Nach Einschätzung von Robert Weidner ist die Qualität und die Quantität der Systeme zuletzt stetig gestiegen. Laut der Plattform "Exoskeleton Report" gebe es inzwischen über 100 Unternehmen, die Exoskelette anbieten oder anbieten wollen. Dies seien allerdings überwiegend Hersteller für industrielle Exoskelette und Exoskelette anderer Anwendungen wie beispielsweise für die Therapie. Hinzu kämen noch einige Forschungssysteme mit sehr hohem Reifegrad.
"Die Technologie ist also definitiv den Kinderschuhen entwachsen. Aus der Sicht des Forschers sehe ich natürlich immer noch weiteres Optimierungspotenzial". Die passiven Exoskelette haben zumindest bislang einen höheren Marktanteil als die aktiven. Dies dürfte vor allem am Preis liegen. "Passive Systeme sind in der Regel erschwinglicher als aktive Systeme."
Gründung von exoIQ
Aufbauend auf der gemeinsamen Forschungsarbeit hat Robert Weidner mit seinem Kollegen Bernward Otten im Jahr 2017 das Unternehmen exoIQ gegründet. Bereits im Sommer 2018 ist die TTS Tooltechnic Systems als strategischer Partner eingestiegen. Zur Unternehmensgruppe gehören unter anderem die Elektrowerkzeughersteller Festool und Shaper Tools.
Das erste Produkt von exoIQ wird das Schulter-Exoskelett S700 sein. "Es ist vor allem für Arbeiten in Brusthöhe und über dem Kopf geeignet", beschreibt Robert Weidner das Einsatzgebiet. Das S700 soll im ersten Quartal 2023 auf den Markt kommen und direkt erhältlich sein. Weitere Systeme sollen folgen.
S700 von exoIQ testen
Die Anschaffung eines Exoskeletts sollte gut überlegt sein. Umso wichtiger ist Robert Weidner, dass sich die potenziellen Käufer und Anwender vorab davon ein Bild machen können. "Die erste öffentliche Vorstellung des S700 hatten wir auf der ,Automatica‘ in München."
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Neben Messen wird das Schulter-Exoskelett auch auf Veranstaltungen von Kammern, Verbänden oder Unternehmen präsentiert. Der Geschäftsführer von exoIQ sucht dabei das Gespräch. "Wir wollen direkt erfahren, was den Kunden interessiert oder was ihn stört."
Ausprobieren hält er für sehr wichtig. Allerdings werde das S700 nicht einfach in ein Paket gepackt und verschickt. "Exoskelette sind eine neue, erklärungsbedürftige Technologie. Dieses Produkt schmeißt man nicht einfach über den Zaun."
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