Außenstände: Forderungen eintreiben – genau wie die Profis
Zahlt ein Teil Ihrer Kunden nicht? Experten raten dem Handwerk, professioneller mit ihrer Buchhaltung umzugehen – und das beginnt schon bei der Auswahl solventer Kunden.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Rechnungen: Darauf kommt es an
Nach 70 Arbeitsstunden in der Woche steht am Sonntag die Buchhaltung an. Aber was, wenn die Familie einen Ausflug plant oder die Freunde zum Grillen kommen? Dann fällt die Buchhaltung schon mal aus. "Der Papierkram ist leider das Stiefkind im Handwerk", sagt Thorsten Mulch. Er muss es wissen: Mulch ist Abteilungsleiter für Forderungsmanagement bei Creditreform in Hagen.
Zu ihm kommen die Handwerker, wenn es ernsthafte Probleme mit einer Rechnung gibt. Viele Meter lang reihen sich die Aktenordner im Gebäude der Hagener Creditreform, prall gefüllt mit offenen Forderungen von Gläubigern, die ihr Geld nicht aufgeben wollen. Der Ärger mit säumigen Zahlern ist nicht immer, aber sehr oft hausgemacht, meint Mulch: "Bei der Buchhaltung ist einfach mehr Professionalität nötig."
Konsequentes Mahnwesen
Für den Inkassoexperten beginnt professionelles Forderungsmanagement schon bei der Auswahl des Kunden. "Wenn ich zu einem Rohrbruch in den Nachbarort gerufen werde, dann sollte ich skeptisch werden, warum nicht der SHK-Betrieb vor Ort den Auftrag bekommt", so der Inkassoexperte. Telefonisch oder am PC hätten Handwerker heute die Möglichkeit, auch samstags morgens um acht Uhr eine Bonitätsabfrage bei der Schufa oder einer Wirtschaftsauskunftei wie Creditreform oder Bürgel zu starten.
"Gibt es nach der Abfrage Zweifel am Zahlungsverhalten des Auftraggebers, kann man Vorkasse verlangen oder einen Eigentumsvorbehalt vereinbaren." Zu den Grundregeln des Forderungsmanagements gehören für Thorsten Mulch neben der Bonitätsprüfung auch eine ordentliche Buchhaltung und das konsequente Mahnwesen. "Rechnungen muss man unverzüglich schreiben, also sofort", betont der Experte. "Auch bei vollen Auftragsbüchern!"
Nur dann sei die Leistung beim Kunden noch präsent, freut er sich noch über seine funktionierende Heizung oder das neue Badezimmer. Ein halbes Jahr später ist vielleicht schon die erste Macke in den Fliesen, und der Kunde zahlt nicht mehr so gerne. Eine Faust-Regel des Forderungsmanagement-Experten lautet: "Inkasso ist Zeitgeld. Die Realisierungschancen, dass man sein Geld bekommt, sinken pro Woche um drei Prozent!"
Beliebter Streitpunkt: Mehraufträge
Eine andere Regel lautet: "Angebote muss man sehr genau kalkulieren und Mehraufträge immer dokumentieren." Thorsten Mulch rät Handwerkern, nur mit einer Art "Rapportzettel" zum Kunden zu gehen. Darauf kann man zusätzliche Leistungen dokumentieren und sie sich vom Kunden unterschreiben lassen. "Darüber wird häufig gestritten. Die Kunden halten gerne die Gesamtrechnung zurück, obwohl sich der Streit nur um eine kleine Zusatzleistung dreht."
Und so banal es klingt: Der Forderungsmanagement-Experte empfiehlt Handwerkern dringend, sich immer den vollen Namen und die korrekte Anschrift ihres Auftraggebers zu notieren. "In Städten wie Köln wohnen manchmal drei Familien mit dem Namen Müller in der Hauptstraße. Im Zweifel will es dann keiner gewesen sein." Keine Seltenheit!
Persönlich beim Kunden anrufen
Für die eigentliche Rechnung rät Inkassoexperte Mulch, immer ein fixes Datum als Zahlungsziel anzugeben. "Zahlbar am 1. Oktober" sei besser als "zahlbar sofort" oder "innerhalb von zwei Wochen". Beim Kunden mache das konkrete Datum mehr Eindruck. Zahlt der Kunde trotz korrekter Leistung und Rechnungsstellung nicht rechtzeitig, dann empfiehlt der Profi eine schriftliche Mahnung mit einem fixen Datum fünf bis sieben Tage nach der ursprünglichen Frist.
Um den zehnten Tag sollte der Handwerker dann persönlich bei dem Kunden anrufen. Wichtig dabei, so Thorsten Mulch: "Freundlich und authentisch bleiben. Klar sagen, was man möchte, gut auf das Gespräch vorbereitet sein und nachfragen, woran es hakt." So würden es auch die Inkassoexperten von Creditreform machen, wenn sie nach erfolgloser Mahnung den Auftrag übergeben bekommen.
Anwalt oder Inkassobüro einschalten
"Emotionen haben in so einem Gespräch nichts zu suchen", weiß Mulch, der seit 14 Jahren im Inkassogeschäft tätig ist. Das gelte auch, wenn der Schuldner ein Bekannter aus dem Sport- oder Kegelverein ist. "Nicht drohen, sondern sachlich erklären, dass sich das Ausbleiben der Zahlung negativ auf die eigene Bonität auswirken kann und dass im schlimmsten Fall der Gerichtsvollzieher klingelt." Solche Bilder machen Eindruck beim Gesprächspartner.
Wenn der Kunde dann immer noch nicht zahlt, ist eine zweite Mahnung überflüssig. Dann sollte der Handwerker zum Anwalt gehen, ein Inkassobüro beauftragen oder ein gerichtliches Mahnverfahren selbst in die Wege leiten. Bei streitigen Forderungen, etwa im Bauhandwerk, empfehlen Experten einen Anruf bei der Schlichtungsstelle der Handwerkskammer und wenn nötig den Gang zum Anwalt. Bei unstreitigen Forderungen kann ein Inkassobüro als neutraler Vermittler eingeschaltet werden.
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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