Kündigung: Einwurf-Einschreiben genügt
Ein Einwurf-Einschreiben, das durch Mitarbeiter der Post zugestellt wird, reicht als Nachweis einer Kündigung. Das Bundesarbeitsgericht sieht hierin einen sogenannten Anscheinsbeweis und folgt damit dem Bundesgerichtshof.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kündigung: So geht’s richtig
Will ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen, muss er im Fall einer Klage beweisen, dass das Kündigungsschreiben rechtzeitig zugestellt wurde. Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit einem aktuellen Urteil nun der Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. XII ZR 214/00) angeschlossen: Eine Kündigung gilt als zugegangen, wenn ein Einwurf-Einschreiben zu postüblichen Zeiten an diesem Tag von der Deutschen Post AG in den Briefkasten geworfen wird. Dann gilt der sogenannte Anscheinsbeweis, dass der Brief zugegangen ist.
Der Fall
Eine Zahnärztin war in einer Praxis seit April 2021 angestellt, mit einer vierteljährlichen Kündigungsfrist zum Quartalsende. Ihr Chef kündigte mit Schreiben vom 28. August 2021 zum Ende des Jahres. Er gab die Kündigung als Einwurf-Einschreiben bei der Deutschen Post AG auf und erhielt den Auslieferungsbeleg, wonach der Brief am 30. September 2021 in den Briefkasten seiner Angestellten eingeworfen worden war. Eine konkrete Uhrzeit der Zustellung stand aber nicht darauf.
Die Zahnärztin erhob die Kündigungsschutzklage. Sie bestritt den rechtzeitigen Zugang des Schreibens. Daher sei ihr Vertrag erst zum 31. März 2024 beendet, argumentierte sie.
Das Urteil
Alle Instanzen erklärten die Kündigung für rechtzeitig zugegangen, auch das Bundesarbeitsgericht (BAG). Dass das Einwurf-Einschreiben zu den üblichen Zeiten in den Briefkasten der Zahnärztin eingeworfen wurde, genüge als Beweis des rechtzeitigen Zugangs. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werde der Briefkasten nach den üblichen örtlichen Zustellzeiten am selben Tag geleert, erklärten die Bundesrichter. Der Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG sei ein Anscheinsbeweis dafür, dass das Schreiben während der regulären Arbeitszeit des Postboten eingeworfen worden ist und die Gekündigte am selben Tag hiervon Kenntnis nehmen konnte.
Die Bundesrichter betonten, dass ein solcher Anscheinsbeweis auch erschüttert und widerlegt werden kann. Dafür müsse der Betroffene aber untypische Geschehensabläufe darlegen und beweisen. Hier habe die Zahnärztin den Zugang nur mit Nichtwissen bestritten. Sie hätte aber darlegen müssen, dass die Zustellung des Schreibens am 30. September 2021 tatsächlich außerhalb der ortsüblichen Postzustellzeiten erfolgte. Sie hat jedoch keine Umstände des Einzelfalls geschildert, die die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs nahelegten.
Eine Ausnahme von diesem Anscheinsbeweis ist nach Ansicht des BAG allenfalls dann denkbar, wenn die Zustellung durch einen anderen Postdienstleister als die Deutsche Post AG erfolgt wäre, der einen erheblichen Anteil an der Briefzustellung hat und die Zustellung auch außerhalb der Arbeitszeit der Bediensteten der Deutschen Post AG vornimmt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2024, Az. 2 AZR 213/23
Praxistipp
"Das Urteil des BAG ist insbesondere aus Arbeitgebersicht zu begrüßen und schafft erhebliche Rechtssicherheit in der Praxis", schreiben Rechtsanwälte Samira Jessl und Dr. Benjamin Kesisoglugil. "Obgleich bei der postalischen Übermittlung von Kündigungsschreiben auch zukünftig die Alternative des Übergabe-Einschreiben bevorzugt werden sollte, wird Arbeitgebern infolge des aktuellen Urteils des BAG der Nachweis des Zugangs auch in Fällen der Zustellung als Einwurf-Einschreiben erheblich erleichtert. Dies gilt zumindest dann, wenn die jeweilige Zustellung durch Bedienstete der Deutschen Post AG erfolgt."
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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