Kündigung bei Urlaub und Krankheit
Sie gehören mit zu den häufigsten Irrtümern, denen vor allem Arbeitnehmer in Deutschland erliegen: Es geht um die Fragen, ob man als Mitarbeiter eigentlich während des Urlaubs oder einer krankheitsbedingten Abwesenheit vom Chef gekündigt werden kann.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kündigung: So geht’s richtig
Die durchaus überraschende Antwort lautet: Natürlich kann man! Sofern die Voraussetzungen und vor allem die Gründe für eine Kündigung vorliegen. Und: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Kassel hat diese Regeln kürzlich nicht nur ausdrücklich bestätigt, sondern sogar noch um eine weitere Facette ergänzt: Im konkreten Fall befand sich ein Arbeitnehmer im Sommerurlaub, als sein Chef entschied, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Was tun? Da der Chef zwar – logischerweise – von der urlaubsbedingten Abwesenheit des Mitarbeiters wusste, die Urlaubsadresse aber nicht kannte, schickte er die Kündigung kurzerhand an die Heimatadresse des Arbeitnehmers.
Das Problem: Mit dem "Zugang" der Kündigung beginnt die sehr wichtige Dreiwochenfrist zu laufen, in der ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung klagen kann. Versäumt er diese Frist, kann er nicht mehr vor Gericht gegen die Kündigung vorgehen, die Kündigung wird nach Ablauf der drei Wochen bestandskräftig. Wegen seines Urlaubs sah der Arbeitnehmer die Kündigung nun erst so spät, dass beim Gang vor Gericht die Dreiwochenfrist bereits abgelaufen war.
Frist für Klage war abgelaufen
Der Arbeitnehmer verlor seinen Prozess nun in letzter Instanz vor dem BAG. Die erstaunliche und vor allem einfache Begründung: Fristablauf! Die obersten Richter stellten klar: "Urlaubsabwesenheit kann nicht als Argument für eine Verlängerung der dreiwöchigen Klagefrist vorgebracht werden. Man muss als Arbeitnehmer vielmehr dafür Sorge tragen, dass jemand die Post im heimischen Briefkasten überprüft. Der "Zugang" einer Kündigung wird nicht dadurch gehindert, dass der Arbeitnehmer im Urlaub ist oder etwa wegen Krankheit nicht persönlich den Briefkasten leeren kann. In solchen Fällen muss er für eine regelmäßigen Kontrolle durch andere Personen sorgen." (BAG, Az.: 2 AZR 224/11)
Und weiter noch einmal zur Klarstellung: "Entgegen landläufiger Meinung, ist es natürlich keinesfalls unzulässig, einem Arbeitnehmer während seines Urlaubs oder während einer Krankheit zu kündigen. Sofern die rechtlichen Voraussetzungen und Gründe für die Kündigung vorliegen, behindern weder Krankheit noch urlaubsbedingte Abwesenheit den Ausspruch einer Kündigung."
"Auch im Kleinbetrieb gelten Kündigungsfristen"
In diesen Zusammenhang passt eine weitere wichtige Entscheidung, gefällt vom Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz: Es ging um die Frage, welche Kündigungsfristen eigentlich in einem Betrieb gelten, der – wie die meisten Handwerksbetriebe in Deutschland – weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigt.
Das LAG weist auf Folgendes hin: Die gesetzliche Kündigungsfrist innerhalb der ersten beiden Jahre des Arbeitsverhältnisses ("vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende") kann durchaus einzelvertraglich verkürzt werden, und zwar auf einfache "vier Wochen". Praktische Auswirkung: Während man gesetzlich nur zum 15. oder zum Ende eines Monats kündigen könnte, geht dies bei der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung zu jedem einzelnen Tag, zum Beispiel: Man kündigt am 12. September (Donnerstag), diese Kündigung wird genau vier Wochen später (am 10. Oktober, Donnerstag), und nicht erst am 31. Oktober wirksam (so wäre es gesetzlich).
Nur in den ersten beiden Jahren kürzere Kündigungsfrist möglich
Wichtig: Diese Verkürzung der Kündigungsfrist gilt aber nur innerhalb der ersten beiden Jahre des Arbeitsverhältnisses. Danach gelten in jedem Falle die langen gesetzlichen Fristen des Bürgerlichen Gesetzbuches (siehe Infokasten unten), die sich mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses weiter verlängern und auch vertraglich nicht verkürzt werden können (LAG Mainz, Az.: 10 Sa 25/12).
Fazit
Urlaub und Krankheit des Arbeitnehmers hindern weder den Ausspruch einer Kündigung noch deren Zugang. Wer als Arbeitgeber einem solchen Mitarbeiter kündigen möchte, darf darauf vertrauen, dass der Arbeitnehmer sich um den Empfang der entsprechenden Schriftstücke kümmert. Tut er dies nicht, geht dies allein zu dessen Lasten.
Im Hinblick auf die Fristen für eine Kündigung kann in den ersten beiden Jahren des Arbeitsverhältnisses bei einem Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern eine vertragliche Verkürzung der eigentlichen Frist erfolgen. Die Kündigungsfrist kann dann "vier Wochen", ohne jede weitere Einschränkung betragen. Nach Ablauf von zwei Jahren gelten in jedem Falle die gesetzlichen Kündigungsfristen, die auch nicht mehr einzelvertraglich verkürzt werden dürfen. Entsprechende Klauseln wären unwirksam.
Kündigungsfristen nach dem BGB:
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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