Das Video-Recruiting als eine moderne Form der Fachkräftegewinnung bietet Betrieben auf Social-Media-Plattformen die Möglichkeit, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren.
Kurzvideos verzeichnen im Internet eine ständig steigende Reichweite: Laut Statista.de liegt der Anteil der 14- bis 30-Jährigen, die wöchentlich Videos in sozialen Medien nutzen, in Deutschland bei 79 Prozent. Die ARD-/ZDF-Medienstudie 2024 zeigte darüber hinaus, dass junge Menschen bis 24 Jahren im Durchschnitt fast 45 Minuten täglich damit verbringen, Kurzvideos auf dem Smartphone anzusehen. Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es immerhin 21 Minuten. Damit sind Kurzvideos für viele Menschen mittlerweile ein selbstverständlicher Teil des täglichen Lebens. Diesen Trend können sich Handwerksbetriebe zunutze machen, um potenzielle Fachkräfte und Berufseinsteiger auf neuen Wegen zu erreichen – per Video-Recruiting. Aber was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff? Und wie lassen sich Interessenten am besten ansprechen?
Die Aufmerksamkeit fesseln
Video-Recruiting ist eine innovative Form der Personalgewinnung, bei der sich Unternehmen in kurzen Videos als attraktive Arbeitgeber präsentieren, um potenzielle Mitarbeiter anzusprechen. Dabei geht es nicht nur darum, offene Stellen zu besetzen, sondern auch die eigene Unternehmenskultur und Arbeitsatmosphäre authentisch zu vermitteln. Gerade handwerkliche Tätigkeiten lassen sich besonders gut in bewegten Bildern darstellen: So können Interessenten direkt das Arbeitsumfeld und ihre späteren Aufgaben sehen. Außerdem lassen sich die Vorzüge eines Betriebs, spannende Projekte oder eine besonders familiäre Atmosphäre anschaulich präsentieren.
"Video-Recruiting ist sinnvoll, weil es die Aufmerksamkeit der Jobsuchenden effektiver fesselt als reine Textinhalte", erklärt Bastian Naurath, Gründer der SEO-Agentur Curato Leads. "Denn Videos sprechen mehrere Sinne an, vermitteln Emotionen und erlauben einen authentischen Einblick in den Arbeitsalltag. Zudem sind soziale Medien und Plattformen wie TikTok oder Instagram sehr stark auf Videoinhalte ausgerichtet, was ihre Reichweite und Interaktion enorm erhöht." Ein besonderer Effekt in sozialen Netzwerken: Hier erreichen Betriebe nicht nur Handwerker, die gerade aktiv auf Stellensuche sind, sondern auch potenzielle Interessenten, die durch die Stichwortsuche oder automatische Video-Empfehlungen eher zufällig auf das Recruiting-Video stoßen – und sich spontan für den ausgeschriebenen Job begeistern.
Berufe greifbar machen
Die Funktionsweise von Video-Recruiting ist schnell erklärt: Anstelle einer klassischen Stellenanzeige erstellen Betriebe ein kurzes Video, das die wichtigsten Aspekte des Unternehmens und der ausgeschriebenen Stelle beleuchtet. Dieses Video kann dann auf verschiedenen Kanälen, wie der eigenen Website, sozialen Medien oder in Online-Jobbörsen veröffentlicht werden. Bastian Naurath: "Für Handwerksbetriebe bieten Videos die Möglichkeit, Berufe greifbar zu machen und die Arbeitgebermarke attraktiv zu präsentieren." Interessenten bekommen so einen lebendigen Eindruck vom Betrieb und können besser entscheiden, ob sie sich hier wohlfühlen würden.
Bei der Umsetzung eines Recruiting-Videos haben Handwerksbetriebe zwei Möglichkeiten: Professionelle Ergebnisse liefern Agenturen oder Dienstleister, die sich auf Videoproduktionen spezialisiert haben. Diese Lösung empfiehlt sich für Betriebe, die selbst möglichst wenig Zeit investieren wollen oder Wert legen auf qualitativ hochwertige Ergebnisse. Je nach Aufwand und eigenen Wünschen liegen die Gesamtkosten hier meist im vier- bis fünfstelligen Bereich pro Video. Für den Erfolg eines Videos sind allerdings weder die Kosten noch die Professionalität entscheidend: Denn im Gegensatz zu hochglanzpolierten Image-Videos zählen bei Recruiting-Videos vor allem unverfälschte Authentizität und Kreativität. Dies zeigte zum Beispiel die Glaserei Sterz aus Langen, die lange Zeit keine Azubis fand – bis der Chef ein selbstgedrehtes Video in den sozialen Netzwerken online stellte, in dem er eine große Glasplatte fallen ließ und die Vorzüge seiner Azubiplätze aufzählte (tinyurl.com/yf3fuubz). Das Video besteht nur aus einem Take, ohne Schnitte, ohne Drehbuch, ohne technische Finessen – einfach echt. In kürzester Zeit wurde der 80 Sekunden lange Clip zum viralen Hit, verzeichnete mehr als eine Million Abrufe – und die Glaserei freute sich über mehr als 35 Bewerbungen.
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Überschaubare Technik
Wenn Betriebe ihre Recruiting-Videos selbst realisieren wollen, genügt zum Start ein Smartphone oder Tablet mit guter Kamera. Für wackelfreie Bilder sorgt am besten ein Stativ, außerdem sollten Video-Einsteiger auf eine gute Beleuchtung und klaren Ton achten. Wenn einzelne aufgenommene Szenen später neu zusammengeschnitten, optimiert, mit Kommentaren, Effekten, Hintergrundmusik oder Untertiteln versehen werden sollen, hilft eine Videobearbeitungssoftware. Viele gute Programme, deren Grundfunktionen meist ohne Vorkenntnisse oder nach kurzer Einarbeitungszeit nutzbar sind, stehen im Internet kostenlos zum Download bereit (s. Tabelle).
Erfolgsfaktoren: Humor und Emotion
Doch welche Inhalte versprechen hohe Abrufzahlen? "Die besten Erfolge erzielen meist humorvolle oder emotionale Storys – zum Beispiel lustige Szenen aus dem Berufsalltag oder berührende Geschichten von Azubis", erklärt Bastian Naurath. "Denkbar sind aber auch Vorher-Nachher-Videos von erfolgreich abgeschlossenen Projekten oder authentische Einblicke in den eigenen Arbeitsalltag, die Werkstatt und spannende Baustellen."
Damit bieten Videos in sozialen Netzwerken zahlreiche Möglichkeiten, junge Talente und Fachkräfte für das eigene Team zu gewinnen. Mit etwas Kreativität können selbst kleine Betriebe in kürzester Zeit erfolgreich Videos erstellen und diese zusätzlich zu klassischen Online-Stellenausschreibungen nutzen. So wird Video-Recruiting für Handwerksbetriebe aller Größen zu einer effektiven Möglichkeit, die Reichweite eigener Jobangebote zu vergrößern.
Checklisten
Mit Recruiting-Videos zum Erfolg
Authentizität: Zeigen Sie Ihr Unternehmen so, wie es wirklich ist. Lassen Sie Mitarbeiter zu Wort kommen und geben Sie Einblicke in den Berufsalltag.
Story: Erzählen Sie interessante Geschichten, die Ihren Betrieb oder einzelne Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen.
Originalität: Heben Sie sich von Recruiting-Videos anderer Unternehmen ab – durch spannende Kameraeinstellungen, ungewöhnliche Erzählperspektiven und eine große Portion Humor.
Kürze: Die Aufmerksamkeitsspanne von Zuschauern im Internet ist begrenzt. Halten Sie Videos deshalb möglichst kurz – maximal zwei bis drei Minuten.
Call to Action: Am Ende des Videos sollten Sie Zuschauer auffordern, sich zu bewerben. Geben Sie klare Anweisungen, wie dies erfolgen kann.
Kanäle: Verbreiten Sie Ihr Video auf verschiedenen Kanälen, wie soziale Medien, Jobbörsen und die eigene Website, um eine möglichst große Zielgruppe zu erreichen.
Zielgruppen effektiv ansprechen
Manchmal wünschen sich Betriebe mehr Bewerbungen von bestimmten Zielgruppen – zum Beispiel, um bestimmte Fähigkeiten und Erfahrungen ins Unternehmen zu holen oder um die Diversität des Teams zu erhöhen. Dazu gibt die SEO-Agentur Curato Leads die folgenden Tipps:
Frauen: Betriebe können Frauen gezielt ansprechen, indem Videos weibliche Vorbilder im Handwerk zeigen und auf Gender-Vielfalt sowie ein unterstützendes Arbeitsumfeld hinweisen.
Ältere Fachkräfte: Diese Zielgruppe überzeugen oft Inhalte, die auf Erfahrung und Stabilität abzielen, wie der Umgang mit hochwertigen Werkzeugen oder die Weitergabe von Wissen an die nächste Generation.
Azubis/Fachkräfte mit geringen Deutschkenntnissen: Hier empfehlen sich Untertitel in einfacher Sprache oder mehrsprachige Inhalte. Auch Emojis und visuelle Inhalte können helfen.
Fachkräfte im Ausland: Um Sprachbarrieren zu überbrücken, sollten Betriebe Videos mit Untertiteln in Englisch oder anderen relevanten Sprachen erstellen. Inhaltlich überzeugen Projekte, die internationale Standards oder interessante Herausforderungen bieten.
Checkliste Video-Recruitung in sozialen Medien
Vorbereitungen
Zielgruppe definieren: Wer soll angesprochen werden (z. B. Fachkräfte, Azubis)?
Erwartungen formulieren: Welche Fähigkeiten und Erfahrungen sollen die neuen Mitarbeiter mitbringen?
Equipment beschaffen: Je nach Drehort werden Kamera (Smartphone reicht oft aus), Mikrofon, Stativ oder Beleuchtung benötigt.
Inhaltliche Planung
Besonderheiten herausarbeiten: Was macht den eigenen Betrieb einzigartig? Welche Werte sollen vermittelt werden? Von welchen besonderen Benefits und Chancen profitieren Mitarbeiter?
Skript erstellen: Welche Inhalte sollen transportiert werden? Wer tritt vor der Kamera auf? Welche Szenen und Übergänge bieten sich an? Gibt es vorbereitete Texte und Handlungen oder sollen die Mitarbeiter vor der Kamera spontan agieren?
Drehorte auswählen: Wo lässt sich die Atmosphäre des eigenen Betriebs am besten zeigen (z. B. Werkstatt, Baustelle, Büro, Verkaufsräume)?
Story entwickeln: Wie lassen sich die Inhalte unterhaltsam, sympathisch und überzeugend umsetzen? Mögliche Ideen: Geschichten von bestehenden Mitarbeitern, erfolgreiche Projekte, Arbeitsalltag, Azubi-Videotagebuch.
Aufnahme
Visuelle Gestaltung: Wichtig ist eine einheitliche und markengerechte Gestaltung aller Videos mit authentischer, aber trotzdem guter Aufnahmequalität.
Geeignete Beleuchtung: Die Bilder sollten weder über- noch unterbelichtet sein – ohne Schatten und Gegenlicht.
Guter Ton: Störende Hintergrundgeräusche und Rauschen unbedingt vermeiden.
Direkte Ansprache: Am Ende des Videos sollten Interessenten explizit aufgefordert werden, sich zu bewerben.
Nachbearbeitung
Dynamischer Schnitt: Mit einer Schnittsoftware lassen sich Szenen einfach zusammenschneiden, kürzen oder mit Effekten versehen. Die Länge des fertigen Videos sollte zwei bis drei Minuten nicht überschreiten.
Musik unterlegen: Je nach Video kann leise Hintergrundmusik die Stimmung einzelner Szenen unterstreichen. Als kostenfreie Lösung gibt es im Internet lizenz-/GEMAfreie oder vollständig KI-generierte Musik.
Gezielte Nachvertonung: Falls die Menschen vor der Kamera nicht selbst sprechen sollen, kann das Video mit einem Off-Sprecher nachvertont werden. Am erfolgreichsten sind dabei klare und einfache Botschaften.
Untertitel hinzufügen: Falls sich Interessenten das Video ohne Ton ansehen – zum Beispiel in Pausenräumen, öffentlichen Verkehrsmitteln oder Wartezimmern – sollten die wichtigsten Szenen mit Untertiteln versehen werden.
Veröffentlichung
Plattformen auswählen: Wo wird das fertige Video veröffentlicht (z. B. eigene Website, Jobbörsen, soziale Medien)?
Video umwandeln: Falls nötig, sollte das Video für die verschiedenen Plattformen angepasst werden (z. B. Länge, Formate).
Reichweite erhöhen: Damit das Video bei der Eingabe relevanter Suchwörter gefunden wird, sollten beim Hochladen wichtige Keywords und Hashtags hinterlegt werden.
Gesetze beachten: Berücksichtigt das Video alle geltenden Gesetze, wie die DSGVO, das Urheberrecht und das Telemediengesetz?
Nachbearbeitung
Ergebnisse auswerten: Wie viele Aufrufe, Likes und Kommentare gibt es? Wie viele Bewerbungen sind eingegangen?
Feedback einholen: Was hat Bewerbern gefallen? Wo gibt es Verbesserungspotenzial?
Videos optimieren: Mit den Ergebnissen lassen sich künftig Videos noch besser auf gewünschte Zielgruppen zuschneiden.
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