Ein Schweigen des Kunden kann eine Abnahme sein
Reklamiert der Auftraggeber die Handwerkerleistung nicht, gilt sie nach einer Frist als abgenommen. Das hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Die Abnahme: Dreh- und Angelpunkt für Handwerkerrechte
Meldet sich der Kunde nach Ende der Arbeiten lange Zeit nicht, ist dieses Verhalten als stillschweigende Abnahme anzusehen. Auch wenn er das Werk erst auf seine Funktionsfähigkeit prüfen muss. Für eine Heizungsanlage mit Solarthermie genügen ungefähr zwei Monate, sagt das Oberlandesgericht Oldenburg.
Der Fall
Ein SHK-Installateur hatte eine Heizung mit Warmwasser-Solarthermie eingebaut und dafür eine Rechnung gestellt. Diese hielt der Hausbesitzer für "nicht nachvollziehbar" und verweigerte die Zahlung. Außerdem verlangte der Kunde, dass der defekte Fühler der Solaranlage ausgetauscht werden müsse. Der Handwerker erledigte dies und schickte später eine genauere Rechnung. Der Hauseigentümer zahlte wieder nicht, obwohl eine keine weitere Reklamation hatte.
Der Heizungsbauer klagte daraufhin seinen Werklohn ein. Der Kunde meinte jedoch, die Werkleistung sei nicht "abnahmereif". Der Installateur habe den falschen Heizkessel eingebaut und außerdem bei den Arbeiten sein Klavier beschädigt.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg gab dem Handwerker recht. Zwar habe der Installateur einen anderen Heizkessel eingebaut als vereinbart. Aber der Kunde habe dem Wechsel des Fabrikats zugestimmt, was die E-Mail-Kommunikation belege. Am Klavier seien keine nennenswerten Schäden festzustellen.
Nachdem der Handwerker den Fühler der Solaranlage ausgewechselt habe, sei mehr als ein Jahr lang keine Reklamation gekommen. Damit habe der Auftraggeber die Leistung des Heizungsbauers abgenommen, also als vertragsgerecht akzeptiert.
Zwar müsse man den Kunden Zeit einräumen, um das Funktionieren einer Anlage zu prüfen. Das könne eine Weile dauern. Bei einer Heizungsanlage mit Solarthermie genügten dafür ungefähr zwei Monate, stellten die Richter klar. Diese Prüffrist sei hier längst vorbei gewesen, als der Installateur seinen Werklohn einklagte. Wenn die Leistung des Handwerkers vollständig erbracht sei, der Kunde keine Mängel mehr beanstandet habe und seine Prüffrist verstrichen sei, gelte das Werk als abgenommen. Damit sei der Werklohn fällig. Der Kunde musste zahlen.
Oberlandesgerichts Oldenburg, Urteil vom 29. September 2020, Az. 13 U 89/18
Praxistipp: Abnahme verweigert, was nun?
"Der Auftraggeber ist zur Abnahme gesetzlich verpflichtet!" erklärt Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.. "Er darf sie mit pauschalen Argumenten oder wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigern. Weigert er sich dennoch unberechtigt, eine ordnungsgemäße Leistung abzunehmen, kann der Handwerksunternehmer wie folgt vorgehen: Er sollte dem Auftraggeber schriftlich eine Frist zur Abnahme setzen – die Länge hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In der Aufforderung sollte er darauf hinweisen, dass mit Fristablauf die Leistung als abgenommen gilt. Hierdurch können Auftragnehmer der Unsitte begegnen, dass Auftraggeber die Fälligkeit der Vergütung durch 'Nichtabnahme' hinauszögern. Handwerksbetriebe sollten immer auf eine zeitnahe Abnahme ihrer Arbeit drängen, um sich ihre Rechte zu sichern!"
Keine Mängelrechte vor der Abnahme!Dem Kunden stehen Gewährleistungsrechte erst nach der Abnahme des Werks zu. Das stellt ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs klar. > Hier mehr lesen!DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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