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HWK Trier | November 2024
Ruhe und Geduld sind seine Geheimwaffen
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Sowohl Bauunternehmer als auch Bauherren sind gut beraten, auf WhatsApp zu verzichten, sofern sie über vertragliche Pflichten streiten. (Foto: © Maxim Lupascu/123RF.com)
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März 2024
Will ein Bauherr an einem VOB-Bauprojekt einen Mangel reklamieren, sollte er das nicht über WhatsApp machen. Denn ein Messengerdienst gilt laut OLG Frankfurt nicht als die notwendige Schriftform für eine Mängelrüge.
Bei einem Bau, für den die VOB/B gilt, muss der Kunde die Beseitigung von Mängeln schriftlich verlangen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied nun, dass eine Mängelrüge per Messenger-Dienst nicht als "schriftlich" gilt. Als Folge beginnt nach der WhatsApp-Nachricht des Kunden auch keine neue Frist für die Mängelbeseitigung – so dass sich der Baubetrieb erfolgreich auf Verjährung berufen konnte.
Ein Bauunternehmer sollte bei einem Neubau das Dach decken. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) wurde als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart. Zwei Jahre nach Fertigstellung des Dachs stellte der Bauherr Leckagen fest. Er bat den Bauunternehmer am 28. Juni 2016 per WhatsApp, das Dach zu überprüfen. Dieser antwortete mit "Ok" und besichtigte das Dach. Anschließend passierte aber nichts. Daher ließ der Bauherr die Mängel von einer anderen Firma beseitigen und zahlte dafür rund 100.000 Euro.
Anschließend verlangte er diese Summe mit einer Klage vom ersten Dachdecker zurück. Der wehrte sich mit dem Argument, dass die Gewährleistungsrechte des Bauherren bei Klageeinreichung bereits verjährt gewesen seien, denn die Mängelrüge per WhatsApp sei nicht formgerecht gewesen. Also sei keine weitere Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 13 Absatz 5 Satz 2 VOB/B) angelaufen.
Das OLG Frankfurt stellte sich auf die Seite der Baufirma und hielt die Ansprüche des Bauherrn für verjährt. Es entschied, dass die Mängelrüge per WhatsApp vom 28. Juni 2016 keine ordnungsgemäße Aufforderung im Sinne von § 13 Abs.5 Nr.1 VOB/B war.
Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Mängelrüge ist es, dass sie in der nötigen Schriftform nach § 127 Abs.2 S.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorliegt. Das setzt voraus, dass der Bauherr die Mängelrüge ähnlich wie einen Brief verfasst und wie einen Brief an den Bauunternehmer übermittelt, sodass der Bauunternehmer die Erklärung auch ausdrucken und speichern kann.
Eine Mängelrüge per WhatsApp erfüllt diese Voraussetzungen nach Ansicht der Frankfurter Richter gerade nicht. Insbesondere fehle die mit der Erklärung einhergehende notwendige Warnfunktion, so das Urteil. Durch Einhaltung der vorgesehenen Schriftform solle der Empfänger gerade auf die Wichtigkeit und mögliche Folgen der Nichtbeachtung hingewiesen werden. Das ist bei einer Messenger-Nachricht nach Auffassung des OLG nicht gewährleistet.
Daher führte die WhatsApp-Mängelrüge nicht zur Verlängerung der Gewährleistungsfrist nach § 13 Abs.5 Nr.1 VOB/B. Der Bauherr musste die Sanierungskosten selbst tragen.
Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 21. Dezember 2023, Az. 15 U 211/21
"Das Urteil des OLG Frankfurt zeigt, dass Mängelrügen entweder schriftlich, also eigenhändig geschrieben und unterzeichnet, oder per E-Mail oder Fax zu verfassen und zu versenden sein sollten", erklärt Stefan Reichert, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. "Das OLG Köln hat bereits mit Beschluss vom 22. Juni 2016 (16 U 145/15) klargestellt, dass eine Mängelrüge per E-Mail das Schriftformerfordernis wahrt. Aus diesem Grund sind sowohl Bauunternehmer als auch Bauherren gut beraten, auf WhatsApp zu verzichten, sofern sie über gegenseitige vertragliche Pflichten, worunter auch die Pflicht zur Mängelbeseitigung fällt, streiten."
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