USA-Stipendium: Wie der Vater so der Sohn
Martin Weniger hat seine Frau Britta beim PPP USA kennengelernt. 30 Jahre später zieht es auch Sohn Patrick für ein Jahr in die Staaten – und kehrt ebenfalls mit einer Partnerin nach Norddeutschland zurück.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Berufserfahrung im Ausland sammeln
Patrick Weniger hatte sich kaum Chancen ausgerechnet. Das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) ist stark gefragt. Jährlich bewerben sich viele junge Berufstätige um ein Stipendium, das ihnen einen zwölfmonatigen Aufenthalt in den USA ermöglicht. Doch dann war da immer noch diese Geschichte mit seinem Vater: Martin Weniger – an diesen Namen würde man sich beim Bewerbungsverfahren bestimmt erinnern. 1985 hatte der Dachdeckergeselle aus Niedersachsen am dritten PPP teilgenommen. Bei einem Vorbereitungstreffen in Deutschland war ihm eine sympathische Industriekauffrau aus Schleswig-Holstein aufgefallen. "Als sie aus den Staaten zurückgekehrt sind, haben sie sich öfter getroffen. Irgendwann ist meine Mutter dann zu meinem Vater nach Weyhe gezogen", erklärt Patrick Weniger.
Wie ein Sechser im Lotto
Von seinen Eltern habe er gehört, wie cool es in den USA gewesen sei und wie sehr sie das Jahr im Ausland bereichert habe. 30 Jahre später kann sich der Sohn selbst ein Bild davon machen. "Die Zusage kam für mich völlig überraschend. Sie war wie ein Sechser im Lotto", erinnert sich der 25-jährige Dachdeckergeselle, der seine Reise im August 2015 angetreten hat. Das erste halbe Jahr verbringt er bei einer "supernetten Gastfamilie", die vier Stunden südlich von Chicago entfernt lebt, und besucht das Community College – "eine Art von Berufsschule". Kurz nach der Jahreswende steht ein Ortswechsel an. Es geht an die Westküste, nahe der mexikanischen Grenze. Der Sohn eines ehemaligen Geschäftspartners des Vaters, der in San Diego wohnt, gibt ihm den Tipp, sich beim Dachdeckerbetrieb RSI Roofing zu bewerben. Dort arbeitet er von Januar bis Juli.
Auf Regen folgt Sonnenschein
In Kalifornien erwischt Patrick Weniger einen Fehlstart. Steildächer werden bei seinem Arbeitgeber von drei Kolonnen im Akkord neu mit Tonziegeln eingedeckt. Die erste Gruppe reißt das Dach bis auf die Holzschalung ab, die zweite deckt mit Dachpappe neu ein, die dritte legt die Dachziegel auf und befestigt sie. Letzterer wird Patrick Weniger zugeteilt – aber nur für einen Tag. RSI Roofing beschäftigt viele Mexikaner. Sie sprechen kaum Englisch, Patrick Weniger kein Spanisch. "Ich konnte meinem Vorarbeiter nicht verständlich machen, dass er mir einmal richtig zeigt, wie die Abläufe funktionieren."
Danach habe er sich für zwei Monate in der Abriss-Kolonne wiedergefunden. Ein regnerischer Tag bringt die Wende. Ein Vorarbeiter nimmt Patrick Weniger mit, um Leckagen zu beheben. "Am Ende des Tages haben wir ein bisschen miteinander geschnackt, weil er gemerkt hat, dass ich Ahnung von meinem Beruf habe." Von da an habe die Arbeit wieder Spaß gemacht. "Das war einfach ein super-netter Kollege. Der hat mich so‘n büschen gerettet."
Schwierige Zeit in North Dakota
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Patrick Weniger hat einen weiteren Rückhalt. "Beim Vorbereitungsseminar in Bad Bevensen habe ich eine Fremdsprachenkorrespondentin aus Berlin kennengelernt." Bis zur Abreise bleiben beide in Kontakt und besuchen sich gegenseitig in Deutschland. In den USA trennen sich ihre Wege. Ihn zieht es in den Bundesstaat Illinois. Sie verschlägt es nach North Dakota. "Sie hatte keine einfache Zeit, weil dort alles sehr ländlich und ziemlich weit ab vom Schuss ist." Kurz nach Weihnachten fährt Patrick Weniger nach San Diego, um sich persönlich bei seinem Arbeitgeber vorzustellen.
Stefanie Totz begleitet ihn. Vielleicht ergibt sich beruflich auch etwas für sie, etwa im Tourismus. Sie spricht fließend Englisch und Spanisch. Das könnte nahe der Grenze zu Mexiko nützlich sein. Eine Woche lang klappern die beiden die Hotels der Stadt ab. Ohne Erfolg. Als Patrick Weniger am letzten Tag des einwöchigen Trips bei seinem künftigen Chef vorbeifährt, wendet sich das Blatt. "Du kennst doch ein Mädchen, das einen Job in San Diego sucht. Weißt du, wo sie ist?", fragt ihn der Geschäftsführer der RSI Roofing. Klar weiß er es. "Stefanie wartet draußen im Auto auf mich", antwortet Patrick Weniger. Eine Viertelstunde später hat auch sie einen Job.
Beinahe vier Jahren zusammen
In den USA leben sie zusammen mit vier Studenten in einer WG. Nach ihrer Rückkehr suchen sich die beiden eine gemeinsame Wohnung. Stefanie Totz zieht von Berlin nach Bremen. Sie studiert dort BWL. Patrick Weniger pendelt. Er hat sich an der Jade Hochschule in Oldenburg für Wirtschaftsingenieurwesen Bauwirtschaft eingeschrieben. Zurzeit ist er im sechsten Semester. Nach seinem Bachelor-Abschluss möchte er noch den Meister dranhängen. 2021 ist der Einstieg in den elterlichen Betrieb – die Finke Bedachungen GmbH in Weyhe – geplant. "Ich bin jetzt bald vier Jahre mit Stefanie zusammen. Bei uns läuft es super." Wer weiß, vielleicht nimmt eines Tages ein dritter Weniger am Parlamentarischen Patenschafts-Programm teil.
Kleiner Tipp von Patrick Weniger: Mit einer gewerblich-technischen Ausbildung stehen die Chancen gut, ins Stipendienprogramm aufgenommen zu werden. "Beim 32. PPP kamen circa zehn der insgesamt 75 Teilnehmer aus dem Handwerk", fasst der 25-jährige Dachdeckergeselle seine Eindrücke aus dem Jahr 2015/2016 zusammen. Wer "Handwerk" in die Maske der Online-Bewerbung eintrage sowie beim Motivationsschreiben und bei den situativen Fragen halbwegs den Nerv der Auswahlkommission treffe, werde mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest zu den Auswahltagen eingeladen. "Eine Ausbildung im Handwerk ist eine sehr gute Ausgangsposition, um am PPP teilnehmen zu können." Die Bewerbungsrunde für das 37. PPP (2020/2021) läuft bereits. Die Unterlagen können bis zum 13. September beantragt werden.
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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