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Kleine Bauvorlageberechtigung: Jetzt auch in Rheinland-Pfalz

Betriebsführung

Die Landesbauordnung sieht jetzt vor, dass auch Meister im Maurer-, Zimmerer- oder Betonbauerhandwerk Bauanträge für kleinere Bauvorhaben einreichen dürfen. Die Weiterbildung soll im Laufe des Jahres starten.

Das rheinland-pfälzische Handwerk hat lange auf die kleine Bauvorlageberechtigung warten müssen – jetzt ist sie da. Am 4. Januar ist die entsprechende Änderung der Landesbauordnung in Kraft getreten. "Es war höchste Zeit, dass es die kleine Bauvorlageberechtigung auch bei uns gibt", sagt Anja Obermann, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen.

Diese Regelung erlaubt es Meisterinnen und Meistern des Maurer-, Betonbauer- und Zimmererhandwerks, unter bestimmten Voraussetzungen zum Beispiel Einfamilienhäuser (Gebäudeklasse 1 und 2) mit maximal zwei Wohnungen bis zu insgesamt 100 Quadratmetern Grundfläche, kleinere Gewerbebauten oder Garagen zu planen, den dazugehörigen Bauantrag zu erstellen und diesen selbst bei den Behörden einzureichen. Ein Architekt oder Bauingenieur muss dann nicht mehr hinzugezogen werden.

Kann Bauvorhaben beschleunigen und günstiger machen

Zimmerermeister Tim Borrmann Foto: © privatZimmerermeister Tim Borrmann Foto: © privat

"Das ist eine gute Nachricht und sehr sinnvoll", findet auch Zimmerermeister Tim Borrmann von der Zimmerei Borrmann aus Undenheim. Zwei Zimmerermeister in seinem Unternehmen planen und zeichnen mit einer Software Gauben, Aufstockungen oder Einfamilienhäuser. Borrmann muss für jeden Bauantrag einen Architekten hinzuziehen. Dieser Abstimmungsprozess würde für ihn mit der Neuregelung wegfallen, wenn er die entsprechende Weiterbildung absolviert hat und in ein Verzeichnis für Bauvorlageberechtigte bei der Ingenieurkammer aufgenommen wurde. "Das kann Bauvorhaben beschleunigen, denn die Architekten haben für solche Kleinigkeiten nicht immer gleich Zeit, und es kann für die Kunden eine Kostenersparnis bedeuten", sagt Borrmann.

Die entsprechende Weiterbildung für die kleine Bauvorlageberechtigung muss jetzt noch konzipiert werden. HWK-Hauptgeschäftsführerin Anja Obermann erwartet, dass der erste Lehrgang im Laufe des Jahres starten kann und setzt sich dafür ein, dass auch Handwerkskammern die Fortbildungsprüfung anbieten dürfen. Sie hätten die Expertise und die Ressourcen, um diese zu konzipieren und umzusetzen.

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Das Land kommt mit der Neuregelung einer Verpflichtung nach, die im Rahmen eines europäischen Vertragsverletzungsverfahrens entstanden ist. In den meisten anderen Bundesländern – beispielsweise in Hessen – gibt es die kleine Bauvorlageberechtigung schon länger. Obermann ist überzeugt, dass die Bauvorlage durch Handwerksmeister auch in Rheinland-Pfalz kein Massenverfahren wird. Sie sagt: "Es ist uns bundesweit kein Fall bekannt, in dem damit Schindluder betrieben wurde."

Nordrhein-Westfalen hat die Regelung auch erst seit einem Jahr. Erste Handwerker haben die Weiterbildung im Sommer absolviert. So auch Zimmerermeister Johannes Schmitz. "Der große Vorteil: Wir kommen bei den kleinen Baumaßnahmen schneller voran, also bei dem Bau von Einfamilienhäusern, Carports, dem Ausbau von Dachgeschossen", sagt der Unternehmer. "Zeit und Kosten werden eingespart – das lohnt sich."

Strengere Anforderungen als in anderen Bundesländern

Anja Obermann, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen Foto: Foto: © Kristina SchaeferAnja Obermann, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen Foto: Foto: © Kristina Schaefer

Die Anforderungen an Handwerker, die die kleine Bauvorlageberechtigung erlangen möchten, sind in den Ländern unterschiedlich. Während Bayern und Sachsen nur die Meisterqualifikation voraussetzen, wird in NRW eine 80-stündige Schulung vorausgesetzt. Außerdem muss die Meisterprüfung fünf Jahre zurückliegen. Die für Rheinland-Pfalz beschlossenen Regeln zählen ebenfalls mit zu den strengsten, sagt Anja Obermann.

Die Arbeitsgemeinschaft der vier Handwerkskammern konnte aber erreichen, dass die Weiterbildung von geplanten 80 Unterrichtsstunden auf 60 reduziert wurde. Außerdem muss man nicht wie in NRW fünf, sondern "nur" zwei Jahre als Meister tätig gewesen sein. Nach der Prüfung kann man in eine Liste mit Bauvorlageberechtigten bei der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz (gegen Gebühr) aufgenommen werden. Anschließend muss man einmal im Jahr eine achtstündige Fortbildung zum Baurecht und zum Thema Baukonstruktion absolvieren. Das findet Zimmerermeister Tim Borrmann aber in Ordnung, weil er sich ohnehin regelmäßig fortbildet. Außerdem wird eine angemessene Haftpflichtversicherung verlangt.

Handwerkskammer fordern Abbau weiterer Hürden

Nach drei Jahren soll die Regelung in RLP überarbeitet werden. In der Zwischenzeit wollen sich die Handwerksorganisationen dafür einsetzen, dass weitere Hürden abgebaut werden. So dürfen in Rheinland-Pfalz Handwerkerinnen und Handwerker nur Bauvorlagen für kleine Einfamilienhäuser den Behörden einreichen. Außerdem gewerbliche sowie land- und forstwirtschaftliche Gebäude mit nicht mehr als einem oberirdischen Geschoss bis zu 250 Quadratmetern Grundfläche. In anderen Bundesländern sind auch größere Gebäude möglich. "Die EU macht hier keine Vorgaben", betont Anja Obermann, die bei diesem Thema eine Überarbeitung wünscht. "Außerdem möchten wir, dass die Bauplanung als Modul in die Meisterprüfung integriert wird."

Die Handwerkskammern sind zudem dafür, die kleine Bauvorlageberechtigung auch für Dachdecker zu öffnen. Sie schlagen vor, dem Dachdecker die Erlaubnis zu geben, einen Bauantrag für die Herstellung einer Dachgaube zu stellen, jedoch nicht für den Bau eines kompletten Hauses. Momentan sei das Landesbauministerium allerdings noch nicht zu weiteren Zugeständnissen bereit.

"Das ist ein echter Abbau von Bürokratie"

Zimmerermeister Tim Borrmann hat ein großes Interesse an der kleinen Bauvorlageberechtigung. "Das ist ein echter Abbau von Bürokratie." Die Quadratmeter-Grenze sollte seiner Ansicht nach aber überdacht werden. "Wenn man alles auf maximal Gebäudeklasse 2 beschränken würde, wäre es sicherlich sinnvoller. Wir bauen mittlerweile sehr viele Aufstockungen in Holzbauweise. Die Grundflächen alter Häuser sind oft über den 100 Quadratmetern. Ob das Gebäude jetzt 100 oder 150 oder auch nur 50 Quadratmeter Grundfläche hat, dürfte aus meiner Sicht keinen Unterschied machen. Dazu brauche ich nicht mehr oder weniger Wissen."

Wunsch vom Praktiker: Auch Statische Nachweise den Zimmerern überlassen

Nach Ansicht von Tim Borrmann könnte man auch darüber nachdenken, Zimmerern für kleinere Vorhaben wie Gauben den Statik- und auch den Energie-Nachweis zu überlassen. "Jeder Zimmermann ist in der Lage ein bestehendes Dachtragwerk für den Einbau von Dachgauben statisch einzuschätzen und die Holzquerschnitte für das Gaubentragwerk sowie eine entsprechende energetische Bauteilberechnung zu erstellen. Gleiches gilt auch für Statische Nachweise für untergeordnete Bauten wie Garagendächer oder auch Carports. Berechnungen dieser Art sind ohnehin Bestandteil der Meisterprüfung. Somit hätten wir einen weiteren Umweg eingespart und die Verfahren würden nochmal vereinfacht werden und es spart dem Endkunden wieder Laufwege und Kosten", sagt der Unternehmer. "In unserer Firma ist für solche Vorhaben eine statische Vorbemessung und eine energetische Bauteilberechnung Bestandteil einer Kostenschätzung. Das passiert in der Regel, bevor alle Unterlagen überhaupt zum Statiker weitergeleitet werden."

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Text: / handwerksblatt.de

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