Wirtschaftsforschungsinstitute mahnen Strukturreformen an
Die Wirtschaftsforschungsinstitute der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose sagen für das laufende Jahr ein Minimalwachstum von 0,1 Prozent voraus. Die wirtschaftliche Schwäche in Deutschland sei nicht nur konjunktureller, sondern auch struktureller Natur.
In ihrem Frühjahrsgutachten sagen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose für dieses Jahr eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,1 Prozent voraus. Für das Jahr kommende Jahr rechnen sie mit einem Anstieg des BIP um 1,3 Prozent. Kurzfristig belasteten die neue US-Zollpolitik und die wirtschaftspolitische Unsicherheit die Wirtschaft in Deutschland. Die Mittel aus den zusätzlichen Verschuldungsspielräumen dürften nach und nach expansiv wirken, drohten aber den privaten Konsum und private Investitionen zu verdrängen, so die Wissenschaftler.
"Die geopolitischen Spannungen und die protektionistische Handelspolitik der USA verschärfen die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland", sagt Torsten Schmidt, Konjunkturchef des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. "Zusätzlich sehen sich deutsche Unternehmen einem verstärkten internationalen Wettbewerb ausgesetzt – vor allem aus China. Nicht zuletzt lasten strukturelle Schwächen wie der Fachkräftemangel und hohe bürokratische Hürden auf den Wachstumskräften."
Strukturreformen dringend nötig
AnalyseHier finden Sie das Gutachten der Wirtschaftsinstitute.Deutschland leide nicht nur unter einer Konjunkturschwäche, sondern habe vor allem Strukturprobleme. Für die deutschen Betriebe gehöre dazu Wettbewerbsdruck in erster Linie aus China, der Ausfall eines Teils der Produktion in der energieintensiven Industrie, die schwindende Erwerbsbevölkerung und hoher bürokratischer Aufwand. "Sie lassen sich nicht durch eine bloße Erhöhung der Staatsausgaben lösen und machen Potenzial stärkende Reformen umso dringlicher. So braucht etwa das Sozialsystem Anpassungen an den demografischen Wandel, damit die Lohnnebenkosten nicht weiter stark steigen."
Das Handwerk erwartet von der neuen Bundesregierung schnelle Taten: "Deutschland kratzt an der Schwelle zum dritten Rezessionsjahr in Folge. Der konjunkturelle Druck zeigt deutlich: Die künftige Regierung wird vom ersten Tag an voll durchstarten müssen. Die wirtschaftliche Lage gibt keine Schonfrist her", erklärt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
Die ersten 100 Tage nutzen
"Es wird ganz entscheidend sein, gleich in den ersten 100 Tagen Pflöcke einzuschlagen und die Koalitionsvereinbarung mit Leben zu erfüllen und zu priorisieren. Vor allem beim Bürokratieabbau lassen sich schnell spürbare Impulse setzen. Die ehrgeizigen Pläne, auf die sich Union und SPD hier verständigt haben, geben sehr viel her. Zudem muss mit Hochdruck daran gearbeitet werden, dass Sondermittel für die Infrastruktur schnell fließen. Das schafft Planungssicherheit und kann zu einer dringend benötigten Stärkungskur für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit werden."
GemeinschaftsdiagnoseDie Gemeinschaftsdiagnose wird zweimal im Jahr im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz erstellt. Am Frühjahrsgutachten 2025 haben mitgewirkt:
• Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
• ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München in Kooperation mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung
• Kiel Institut für Weltwirtschaft
• Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle
• RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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