Wie auf einem Präsentierteller ­gelegen bietet der Kanzlerbungalow mit seiner Rundum­verglasung kaum baulichen Schutz ... wenn es da nicht den geheimen, unterirdischen Bunker gäbe. (Foto: © Jörg Diester)

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Staatsgeheimnisse im Kanzlerbungalow

Panorama

Anfangs ging es um die Geschichte eines geheim ­gehaltenen ­Gebäudeteils im ­Herzen des Bonner Regierungsviertels. Doch dann wurde mehr ­daraus … viel mehr.

Lassen sich wirklich unterirdische Geheimgänge, Schutzräume, Schächte oder Keller über Jahrzehnte geheim halten, die in stark frequentierten Regierungsbauten liegen? Können Hundertschaften von Fotografen, Fernsehteams und Journalisten zu Terminen mit der Spitzenpolitik einrücken, ohne zu ahnen, was da an staatsgeheimen Räumlichkeiten unter ihren Füßen schlummert?

Alles möglich – so lautet das schlichte Fazit am Ende dreijähriger Recherchen von Autor Jörg Diester, nachzulesen in der "Geheimakte Kanzlerbungalow – Bunker unter Regierungsbauten in Bonn und Berlin".

Aus dem Lesesaal in geheime ­Unterwelten

Foto: © Jörg DiesterNoch immer ein Hauch Kalter Krieg: Zugang zu einem von zehn Schutzräumen unter dem Bundeskanzleramt II in Bonn. Der Startschuss für die Bearbeitung fiel 2014 im Bundesarchiv, Koblenz. Das unmittelbare Lebens- und Arbeitsumfeld des Bundeskanzlers im Zentrum der Bonner Republik wurde analysiert. Über Baupläne, Aktennotizen und Korrespondenzen ging es in die Unterwelt der ehemaligen Bundeshauptstadt – zunächst in der Theorie, dann auch praktisch und vor Ort. Bemerkenswert: Es wurden Abschnitte besichtigt, die seit 1963 versiegelt waren und bis heute weder in Bildern noch über eine Beschreibung ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben.

Schon das ist der Stoff, aus dem ein Buch sein könnte. Doch dann gab es einen Dominoeffekt. In fortlaufender Bearbeitung öffneten sich immer mehr Türen der Kanzlerkeller. Von Bonn nach Berlin und über die Bundeskanzler Adenauer bis Merkel wurden Schutzraumkonzepte ausgeleuchtet, Korrespondenzen mit Ämtern und Ministerien geführt, Zeitzeugen angesprochen.

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Sieben Regierungsbauten bieten mit ihren Kellern mehr als nur Abstellmöglichkeiten und Platz für Heizung oder Wasseranschluss. Hier wurden in Beton und Stahl interpretierte Sicherheitskonzepte geschaffen – vom dritten Weltkrieg bis zu Terroranschlägen und hybriden Bedrohungslagen, die für alle Eventualitäten Schutz bieten sollen. Ein interessantes, wenn auch nicht immer schlüssig wirkendes Stück deutscher Geschichte. So wurden zeitgleich zur Schließung des Regierungsbunkers an anderer Stelle 22 Tonnen schwere Rolltore in einem neuen Bunkerkomplex für die Regierungsspitze eingesetzt. Galt für das Ahrtal, die neue Sicherheitslage mache einen Ausweichsitz entbehrlich, wurde zeitgleich in Berlin die Gefährdungssituation als Argument für Neubauten mit der höchsten Schutzklasse genannt.

Die Geschichte der Kanzlerkeller blieb über Jahre und Jahrzehnte im Dunkel aus Geheimhaltung und abgeschalteter Gebäudebereiche verborgen – bislang erfolgreich.

 

Foto: © VHBuchtipp
Jörg Diester
Geheimakte Kanzlerbungalow
Bunker unter Regierungsbauten in Bonn und Berlin
1. Auflage 2017
232 Seiten
ISBN 978-3-86950-427-8
29,00 Euro

Zu bestellen im VH-Buchshop

 

Einen Vorgeschmack auf den Inhalt des Buches geben die Filme von SWR und WDR.

Text: / handwerksblatt.de

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