Wo immer der Weg hinführt. Mit dem Auto-Dachzelt sind Urlauber flexibel und unabhängig.

Wo immer der Weg hinführt. Mit dem Auto-Dachzelt sind Urlauber flexibel und unabhängig. (Foto: © giuliano radici photographer)

Vorlesen:

My home is my ca(r)stle

Erfinder veränderten die Welt. Ein Tüftler aus Italien und einer aus Sachsen veränderten mit ihren Dachzelt-Konstruktionen die Welt.

My home is my ca(r)stle. Ein viel zitierter Satz, den Fans des Dachzeltens, leicht abgeändert, pur unterschreiben. Das Übernachten auf dem eigenen Pkw erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Das Angebot von Hybrid-Dachzelten, Hartschalen-Dachzelten oder klappbaren Dachzelten war noch nie so groß wie heute. Anfangs waren es überhöhte Hotelpreise und überfüllte Herbergen, die viele dazu bewogen, in einer Erfindung aus Italien auf dem eigenen Autodach zu übernachten. Heute fällt die Entscheidung für den Urlaub im Dachzelt in enger Verbindung mit dem unbändigen Gefühl von Freiheit und Abenteuer.

Das Dachzelt als Alternative zu herkömmlichen Unterkünften

Fast jedes Auto eignet sich für ein Dachzelt. Entscheidend ist die Traglast des Autodachs. Foto: © Autohome-official.comFast jedes Auto eignet sich für ein Dachzelt. Entscheidend ist die Traglast des Autodachs. Foto: © Autohome-official.com

Im Januar 1937 fand das Dachzelt erstmals Erwähnung im englischsprachigen Magazin "Popular Science". Damals bestand das Konstrukt noch aus einem zusammenklappbaren Stahlrahmen. Doch seit 65 Jahren bringen begeisterte Camper den Namen "Maggiolina" und "Air Camping" eng in Verbindung mit der Erfindung der Dachzelt-Konstruktion aus dem Hause "Autohome". Es ist das Jahr 1958. Das Wirtschaftswunder lässt den ersten Massentourismus aufkommen. Es ist Stefano Stogl, der spürte, dass mangelnde Unterkünfte oder zu hohe Preise eine alternative Lösung erforderten. Auf die Frage: "Hmmm… schlafen, aber wie", folgte die Erleuchtung: "Warum soll ein Zelt nicht auf dem Auto angebracht werden?"

Ab 1957 tüftelte er an der Konstruktion. Ein Jahr später reichte er mit einem seitlich ausklappbaren Zelt und einem zum senkrechten Anheben das erste Patent für neuartige Übernachtungsmöglichkeit ein. Das erste Hartschalenzelt war auf dem Markt. Bis in die heutige Zeit ist diese Erfindung die Basis für die Branche. Ein Jahr später folgte das Klappdachzelt. 1959 erstmals auf der Messe in Mailand ausgestellt, ernten die Erfindungen großen Applaus. Eine revolutionäre technische Erfindung, die auch 65 Jahre später unverändert vom Unternehmen angeboten wird.

Reisefreiheit für alle

Die Entdeckung der Welt wurde für die Menschen im Westen schnell zu einer Selbstverständlichkeit. Die Reisefreiheit für die Menschen in der damaligen DDR war jedoch zumeist auf Teile des Ostens Europas beschränkt. Noch bis Mitte der 80er Jahre klang die Sehnsucht nach Italien im Text einer Postkarte aus Aserbaidschan so: "Sie kennen das, ich weiß. Trotzdem sozialistische Grüße vom Kaspischen Meer! Kaffee mäßig - Cognac gut - (...) Klima: Breite von Neapel. Bilden wir uns den Rest ein!"

Das könnte Sie auch interessieren:

Geschrieben hat sie ein ostdeutscher Urlauber im Sommer 1984. Einige Jahre zuvor brachte der Erfinder und Landmaschinenschlosser Gerhard Müller im Jahr 1976 mit dem Trabi-Zeltdach das gewisse Gefühl von Unabhängigkeit ins Land.

Ich bin damit einverstanden, dass mir alle externen Inhalte angezeigt werden und meine Cookie-Einstellung auf 'Alle Cookies zulassen' geändert wird. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Produktion der Dachzelte mit Hilfe von Freunden und Nachbarn

Das Trabi-Zelt von Gerhard Müller gehört zur Dauerausstellung im Haus der Geschichte in Leipzig. Foto: © Stiftung Haus der Geschichte/Christoph PetrasDas Trabi-Zelt von Gerhard Müller gehört zur Dauerausstellung im Haus der Geschichte in Leipzig. Foto: © Stiftung Haus der Geschichte/Christoph Petras

Als Inhaber eines kleinen Privatbetriebes benötigte Müller viel Eigeninitiative und Erfindungsgeist bei der Beschaffung der Materialien. Der Kampf mit Ämtern und Behörden gehörte zum Tagesgeschäft. Nur mit Hilfe von Freunden und Nachbarn baute er die Zelte zusammen. Seine damalige Lebensgefährtin Inge war die Näherin der Zelte. Ein Nachbar übernahm die Lackier- und Bauarbeiten. Dennoch gelang es ihm, in einem Zeitraum von rund zehn Jahren 1.800 Dachzelte herzustellen. Das Zelten mit dem Auto gehörte rasch zum Lieblingsurlaub der Bürger. War es doch einfacher, als ein Hotelzimmer zu bekommen.

Wer ein Dachzelt auf seinem Trabant sein Eigen nennen durfte, war auf einer Fläche von 1,80 x 2 Metern unabhängig und frei. Auf das kleine Glück im Grünen mussten die Camper allerdings bis zu drei Jahre warten. Nach der Wiedervereinigung versuchte Müller, Dachzelte für andere Automodelle zu entwerfen. Leider ist ihm das nicht gelungen. Er musste seinen Betrieb schließen. Dennoch ist das Trabi-Dachzelt von Gerhard Müller bis heute Kult, verbunden mit vielen schönen Urlaubs-Erinnerungen.

Abenteuer DachzeltVom 26. August bis 3. September gibt der Caravan Salon in Düsseldorf wieder einen umfassenden Überblick über die Neuheiten im Segment Dachzelt: caravan-salon.de

Die Fangemeinde der Dach-Camper wächst

Die Suche nach dem geeigneten Dachzelt beginnt oftmals mit der Qual der Wahl. Google liefert momentan über 700.000 Antworten. Bei der Fahndung nach dem richtigen Konstrukt können hier die Dachzeltnomaden helfen. Die Vereinigung begeisterter Auto-Dachzelt-Fans ist eine Community, die sich auf Facebook gesucht und gefunden hat. "Es ist das Gefühl von Freiheit", erklärt Rebecca Roß von den Dachzeltnomaden, warum aus ihr eine begeisterte Dach-Camperin geworden ist. "Außerdem fühle ich mich unterwegs noch mehr mit der Natur verbunden."

Die Dachzelt-Expertin empfiehlt Neulingen, bei einer ersten Tour zunächst ein Dachzelt zu mieten. Wer aber lieber gleich mit dem eigenen Zelt starten möchte, der sollte auf die Dachlast des Autos achten. "Ansonsten eignet sich eigentlich jedes Auto für diese Konstruktionen", so Rebecca. Inzwischen gehören den Dachnomaden mehr als 42.000 Auto-Camper an, die sich am liebsten tagtäglich über das Thema Dachzelte austauschen. Willkommen ist jeder; mit oder ohne Dachzelt. Hauptsache, der Spaß und der Schutz der Natur stehen an erster Stelle. Und wer den Slogan "Wir lieben es bunt, verrückt und besonders" unterzeichnen kann, ist in der Community der Dachzeltnomaden genau an der richtigen Stelle.

Mehr zum Thema "Alltag in der DDR": hdg.de/zeitgeschichtliches-forum

DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: