Müllhalde im Auto verrät Charakter
Müllhalde oder Sauberkeit im Fahrzeuginnenraum? Was sagt das über den Fahrer aus? TÜV NORD Psychologen blicken auf die menschliche Seele.
Wir alle hinterlassen Spuren in unserem Lebensraum. Aber was kann beispielsweise das Innere eines Fahrzeugs über einen Charakter verraten? Lesen Sie selbst:
Stellen Sie sich vor, ein neuer Nachbar zieht nebenan ein. Sie kennen ihn noch nicht, deswegen werfen Sie im Vorbeigehen einen Blick in das fremde Auto, das vorm Haus parkt. Was entdecken Sie? Einen Berg Müll und leere Flaschen. Daneben steht ein zweiter, unbekannter Wagen, mit blitzblankem Innenraum. Hand aufs Herz: Wen hätten Sie lieber als künftigen Nachbarn?
Der erste Eindruck ist entscheidend
"Der erste Eindruck entsteht weitgehend unbewusst aufgrund von Erfahrungen und Assoziationen", erläutert der Diplompsychologe Christian Müller von TÜV NORD. "Vor dem inneren Auge taucht ganz automatisch ein Bild auf." Das kann sich zwar im Nachhinein als falsch herausstellen. Doch oft liegen wir mit unseren Vermutungen gar nicht so falsch. Das fand auch Sam Gosling von der University of Texas heraus.
"Snoopology" nennt er sein Forschungsfeld, abgeleitet vom englischen Wort ‚snoop‘ für ‚herumschnüffeln‘ oder ‚ausspionieren‘. Die Grundidee: Der unmittelbare Lebensraum eines Menschen verrät etwas über dessen Charakter. Wirkt ein Zimmer sauber, ordentlich, fröhlich und gemütlich? Das macht es ein Stück wahrscheinlicher, dass dort eine Frau wohnt. So die Beobachtung von Gosling in Feldstudien.
Müll-Beobachtungen
Aber auch auf die Persönlichkeit könne man schließen. Informationen liefert unter anderem der Zustand im Inneren eines Autos‘, schreibt der Psychologe in seinem Buch ‚Snoop‘. "Wurde der Aschenbecher geleert und gesäubert? Liegen Kekskrümel auf den Sitzen?" Sieht es in einem Auto aus wie auf einer Müllhalde: Dann gehört der Wagen in der Regel jemandem, der weder Wert auf Sauberkeit und Ordnung legt noch darauf, ordentlich zu erscheinen.
Laut Gosling lässt Unordnung darüber hinaus auf eher liberale politische Überzeugungen schließen. Und eine solche politische Orientierung findet sich wiederum häufiger bei kreativen, weltoffenen Charakteren. Einen ausgeprägten Ordnungssinn würden dagegen eher konservative, konventionell denkende Menschen an den Tag legen.
Einzelnes Indiz nicht aussagekräftig
"Gewiss trifft man damit nicht immer ins Schwarze", gibt Christian Müller von TÜV NORD zu bedenken. So könnte der Müll im Auto des neuen Nachbarn nur ausnahmsweise dort liegen, weil er gerade umzieht. Grundsätzlich aber gilt für die psychologische Detektivarbeit: Ein einzelnes Indiz ist wenig aussagekräftig. "Erst wenn mehrere Beobachtungen in dieselbe Richtung weisen", so Müller, "erlauben sie zunehmend verlässliche Rückschlüsse."
Besonders gut untersucht sind musikalische Neigungen. Sie lassen sich unter anderem an CDs oder an Kleidungsstücken ablesen, zum Beispiel Baseballkappe oder Shirt mit aufgedrucktem Bandnamen.
Gosling und andere Forscher haben auch erkannt, dass bestimmte Musikvorlieben und Persönlichkeitsmerkmale häufig Hand in Hand gehen. Hiphop- ebenso wie Country-Fans sind im Schnitt extrovertierter – das heißt geselliger, gesprächiger, energischer. Hiphop steht außerdem bei impulsiven, reizhungrigen Menschen hoch im Kurs. Überhaupt deute eine Vorliebe für ‚dynamisch-rhythmische‘ Musik auf eine extravertierte Persönlichkeit hin.
Popsong- oder Klassik-Liebhaber?
Fröhlich-konventionelle Popsongs erwiesen sich als besonders aufschlussreich: Die Hörer sind nicht nur extravertierter, sondern verträglicher, gewissenhafter und konservativer als der Durchschnitt. Als Hinweis auf ein abgeschlossenes Studium taugen CDs mit klassischer Musik, Jazz sowie Opern. Goslings Versuchspersonen gelang es sogar, aus den Lieblingsliedern einer ihnen fremden Person auf deren Persönlichkeit zu schließen.
Dasselbe gilt für vielseitigen Lesestoff, vor allem anspruchsvolle Literatur und naturwissenschaftliche Texte. Ein Faible für Klatschpresse und Liebesromane deutete wiederum auf einen extravertierten, umgänglichen Charakter hin. Und liegt dazu noch eine Hundeleine im Kofferraum, verdichten sich die Hinweise: Hundemenschen sollen im Durchschnitt extravertierter, verträglicher und gewissenhafter sein. Katzenliebhaber dagegen offener und neurotischer, fand Sam Gosling weiter heraus.
"Solche Aussagen gründen sich auf Durchschnittswerte und statistische Zusammenhänge", erklärt Christian Müller von TÜV NORD. Natürlich könnten die Habseligkeiten auch von mitfahrenden Freunden oder Verwandten stammen. Und wer spaßeshalber das Innere von Autos inspizieren möchte, sollte noch etwas bedenken, warnt der Psychologe: "Für Außenstehende verhält man sich dabei wie ein Autoknacker, der nach Beute Ausschau hält."
Psychologische Spurensuche
Die psychologische Spurensuche könnte sich allerdings lohnen, wenn man von einem Auto zugeparkt wurde. Der Blick in den Innenraum erlaubt vielleicht eine erste Hypothese: Handelt es sich um einen umgänglichen Typ? Oder neigt der Besitzer oder die Besitzerin zu heftigen Gefühlsausbrüchen?
Text:
Tim Adrian /
handwerksblatt.de
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