Handwerk im Hafthaus
Die Handwerkskammern Aachen, Köln und Düsseldorf haben die Justizvollzugsanstalt Heinsberg besucht, um sich ein Bild von den Bildungsangeboten im Haftalltag zu machen.
Hohe Mauern mit einer Krone aus Stacheldraht versperren vom Parkplatz aus den Blick auf das Innere der JVA Heinsberg. Der glatte Beton dient vor allem dem Zweck, eine Flucht aus dem Vollzug zu verhindern. Zugleich bewirkt diese Sicherheitseinrichtung, dass das Leben der Menschen, die sich dauerhaft auf der anderen Seite dieser Barrieren aufhalten, in einem völlig isolierten Umfeld abläuft. Und so verwundert es sich nicht, dass sich um den Justizvollzug viele Mythen und Legenden ranken, die vielfach nur wenig mit dem Alltag zu tun haben.
Was an diesen Legenden dran ist, wie genau so ein Haftalltag aussieht und welche Angebote inhaftierte Menschen zur Vorbereitung auf die Entlassung in Anspruch nehmen können, davon möchten sich Ausbildungsberater der Handwerkskammern Aachen, Köln und Düsseldorf selbst ein Bild machen. Ergänzt wird die Besuchsgruppe um den Vizepräsidenten der Arbeitnehmerseite des Westdeutschen Handwerkskammertags, Alexander Hengst.
Verschiedene Werkstätten auf dem Anstaltsgelände
Mit 566 Haftplätzen ist die JVA Heinsberg die zweitgrößte Vollzugsanstalt für den geschlossenen Jugendvollzug in Deutschland. Hier verbüßen jugendliche Straftäter im Alter von 14 bis 24 Jahren ihre Haft. Die jungen Männer kommen überwiegend aus dem Großraum um die Städte Köln, Düsseldorf, Aachen und dem Ruhrgebiet. Der Leiter der JVA Heinsberg, Jochen Käbisch, und einige Bedienstete in Justizuniform erläutern den Gästen zunächst detailliert den Aufbau der Vollzugsanstalt. Neben einem Schulzentrum gibt es verschiedene Werkstätten auf dem Anstaltsgelände, in denen qualifiziertes Ausbildungspersonal – im Regelfall Handwerksmeister, die eine ergänzende Vollzugsausbildung absolviert haben – den jugendlichen Inhaftierten einen von 17 unterschiedlichen Berufen überwiegend aus dem Handwerk näherbringen.
Vertreter der Handwerkskammern Aachen, Köln und Düsseldorf sowie des Westdeutschen Handwerkskammertages besuchten die JVA Heinsberg und erwarben dabei tiefe Einblicke in den Ablauf des Haftalltags jugendlicher Inhaftierter. Foto: © Peter Dohmen (WHKT)Auf dem Weg zur Metallwerkstatt macht sich eine gewisse Anspannung unter den Vertretern der Handwerkskammern breit. Sie spekulieren, was sie wohl hinter der schweren Stahltür erwarten wird, die nur die Bediensteten mit ihren großen Schlüsseln öffnen können. In der hell erleuchteten Werkstatt fallen sofort die großen Werkbänke mit massiven Schraubstöcken ins Auge. Weiter hinten finden sich verschiedene Standbohrmaschinen, Abkant-, Dreh und Fräsbänke und eine computergesteuerte CNC-Fräsmaschine. Junge Männer in olivgrüner Anstaltsbekleidung begrüßen die Gäste freundlich. Nur diese Anstaltsbekleidung erinnert daran, dass sich dieser Raum im Innern einer Vollzugsanstalt befindet.
Möglichkeiten für die berufliche Qualifizierung
Nach einigen weiteren Erläuterungen durch den Ausbilder stellt sich ein Gefangener den Fragen der Besuchsgruppe. Er erzählt: "Die Ausbilder sind manchmal sehr streng, weil sie auf jedes Detail meines Werkstücks achten. Aber ich weiß, dass sie es gut meinen, weil ich dadurch sehr viel lerne. Ich mache bald die Abschlussprüfung als Industriemechaniker und möchte nach meiner Entlassung sehr gerne in einem metallverarbeitenden Betrieb arbeiten." Weitere Eindrücke sammeln die Kammervertreter in den Werkstätten für Kraftfahrzeugtechnik, Maler und Lackierer, Schweißtechnik, Straßenbau, Gärtnerei und Tischlerei, lernen die Außenanlagen mit den Sporteinrichtungen für die Gefangenen kennen und besichtigen ein Hafthaus mit verschiedenen Hafträumen.
Weitere Informationen Peter Dohmen
Tel.: 0211/3007-707
E-Mail: peter.dohmen@whkt.de
handwerk-im-hafthaus.deAlexander Hengst schildert nach dem Besuch seine persönlichen Eindrücke und spricht damit wohl vielen aus der Seele, die an diesem Tag die JVA Heinsberg besichtigt haben: "Ich hätte nie gedacht, dass es in einer Vollzugsanstalt diese umfassenden Möglichkeiten für die berufliche Qualifizierung von Inhaftierten gibt. Die Anzahl der Berufe, die Qualifikationen des Ausbildungspersonals und die Ausstattung der Werkstätten haben mich tief beeindruckt. Der Justizvollzug tut wirklich eine Menge dafür, dass die Inhaftierten ihre Zeit in der JVA sinnvoll nutzen und sich mit beruflicher Qualifizierung auf das Leben nach der Haft vorbereiten."
Werkstatt-Tage im März 2024
Einig sind sich die Kammervertreter am Ende ihres Besuchs darin, dass sie gemeinsam die nächsten Werkstatt-Tage in der JVA Heinsberg, die am 12. und 13. März 2024 stattfinden werden, gerne unterstützen werden. Bei den Werkstatt-Tagen, die im Rahmen des Projekts "Handwerk im Hafthaus" stattfinden, haben Betriebe die Möglichkeit, die JVA Heinsberg und die JVA Bochum-Langendreer zu besuchen. Dort können Sie eigene Erfahrungen und Eindrücke sammeln und unverbindliche Gespräche mit Inhaftierten und Ausbildungspersonal führen.
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Text:
WHKT /
handwerksblatt.de
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