Berthold Schröder, Axel Voss, Birgit Sippel, Hans Peter Wollseifer, Moritz Körner und Daniel Freund (v. l.) beim Europadialog in Köln.

Berthold Schröder, Axel Voss, Birgit Sippel, Hans Peter Wollseifer, Moritz Körner und Daniel Freund (v. l.) beim Europadialog in Köln. (Foto: © Arne Schröder)

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Europadialog: "Handwerker fühlen sich oft nicht ausreichend berücksichtigt"

Beim vom WHKT und der HWK zu Köln organisierten Europadialog stand das Thema Bürokratieabbau im Mittelpunkt. Die Gesetzgebung gehe oft an den überwiegend mittelständisch geprägten Unternehmen der EU vorbei.

Das Handwerk sage 'Ja zu Europa‘, erwarte aber auch, dass Europa 'Ja zum Handwerk‘ sagt. Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln, machte beim Europadialog kurz vor der anstehenden Europawahl klar, dass das Handwerk sich klar zur Europäischen Union bekenne, aber auch erwartet, dass der europäische Gesetzgeber die mittelständischen Handwerksunternehmen künftig stärker in den Mittelpunkt rückt. Der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT) und die Kammer zu Köln hatten zur Veranstaltung mit dem Titel "Für ein starkes Handwerk in der EU" eingeladen.

Die meisten Handwerker seien "ganz starke Befürworter" der Europäischen Union, dennoch komme bei ihnen oft Frust auf, weil die EU sie nicht ausreichend berücksichtige. Dabei sei das Handwerk der entscheidende Player und unverzichtbar, wenn es um die Klimawende geht. "Ohne unsere Klimahandwerkerinnen und Klimahandwerker blieben alle großen politischen Zukunftspläne Makulatur", betonte Wollseifer. Um ihrer Verantwortung für die Umsetzung der Transformationsprozesse gerecht werden zu können, bräuchten die Betriebe die richtigen und verlässliche Rahmenbedingungen. Was es nicht brauche, seien noch mehr Bürokratie, Dokumentations- und Nachweispflichten.

Bürokratiebelastung eines der größten Probleme

Tim Krögel, Leiter der EU-Vertretung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, stimmte zu: Die EU müsse den Klimaschutz voranbringen, dürfe aber nicht alles in der Breite und Tiefe bis ins Detail regulieren, wie sie es derzeit tut. Damit überfordere sie die Betriebe und die Gesellschaft. "Die EU kann sich nicht um alles kümmern", so Krögel. Bei aller Kritik stelle niemand in Frage, dass Europa bei Themen, die im gemeinsamen Interesse liegen, die Führung übernehmen müsse. Ein Gesetz wie der Data Act zeige auch, dass das Handwerk von europäischen Regeln profitieren kann. Denn dort werde gewährleistet, dass Daten, die aus einem Gerät ausgelesen werden, zu Reparatur- oder Wartungszwecken an Dritte, und damit auch an Handwerksbetriebe, weitergegeben werden müssen, wenn der Kunde das wünscht.

Anschließend diskutierten Hans Peter Wollseifer und WHKT-Präsident Berthold Schröder in zwei Runden mit vier Europaabgeordneten über Entscheidungen der vergangenen und notwendige Maßnahmen für die kommende Wahlperiode. Bestimmendes Thema war dabei die Bürokratiebelastung für mittelständische Betriebe. Die sei eines der größten Probleme, erklärte Schröder. Wegen der vielen Regeln komme die EU oft schlecht bei den Betrieben an. Oft seien große Unternehmen Adressat solcher Regeln, diese gäbe die damit verbundenen Pflichten aber gerne an kleine Betriebe entlang der Wertschöpfungskette weiter. Gegen die Lobbyarbeit der großen Unternehmen komme man kaum an – das Handwerk benötige die Unterstützung der EU.

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"Der Bürokratieabbau ist das oberste Ziel"

Viele Gesetze beträfen das Handwerk, hätten dafür aber wenig positive Auswirkungen, räumte Axel Voss (CDU/EVP) ein. "Wir konnten nicht die großen positiven Dinge für das Handwerk durchsetzen", sagte er. In der Zukunft müsse es mehr Bürokratieabbau geben. "Der Bürokratieabbau ist das oberste Ziel. Und im besten Fall erledigt KI die Berichtspflichten der Betriebe." Auch für Moritz Körner (FDP/ALDE) müsse der Abbau bürokratischer Hürden nun im Mittelpunkt stehen. Die Gesetzgebung müsse besser funktionieren. "Wir brauchen nicht Förderprogramme für wenige, sondern bessere Rahmenbedingungen für alle."

Die Kommission habe es in vielen Fällen versäumt, eine Folgenabschätzung ihrer Gesetze zu machen, ergänzte Birgit Sippel (SPD/S&D). Sie forderte eine bessere Koordination der einzelnen EU-Kommissare. Auch die Digitalisierung berge in Deutschland "noch ein Riesenpotenzial" für Vereinfachungen. Eine wichtige Aufgabe daneben sei auch auf Europaebene die Fachkräftesicherung im Handwerk. Berechtigte Forderungen nach Bürokratieabbau dürfe man aber nicht mit der Abschaffung wichtiger Regeln gleichsetzen, sagte Daniel Freund (Grüne/Greens): "Vorsichtig sind wir da, wo es unter Bürokratieabbau um die Absenkung von Umweltstandards oder den Abbau von Arbeitnehmerrechten geht." Auch der Klimaschutz müsse zentrales Thema der EU bleiben. Es sei schon viel geschafft, das Ziel aber noch erreicht.

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Text: / handwerksblatt.de

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