Gemeinden sollen Bebauungspläne in Zukunft innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen.

Gemeinden sollen Bebauungspläne in Zukunft innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen. (Foto: © alphaspirit/123RF.com)

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Das Baugesetzbuch wird novelliert

Handwerkspolitik

Mit der Reform des Baugesetzbuchs will die Bundesregierung den Wohnungsbau erleichtern. Der ZDB erkennt gute Ansätze, es gebe aber auch Anpassungsbedarf.

Das Bundeskabinett hat die Reform des Baugesetzbuchs (BauGB) verabschiedet. Damit will es den Wohnungsbau erleichtern und den Bau bezahlbarer Wohnungen beschleunigen. Besonders in Ballungsräumen sei die Lage angespannt. Die Novelle ist Teil der von der Bundesregierung beschlossenen Wachstumsinitiative. Nach ihrer Aussage handelt es sich damit auch um ein "kleines zusätzliches Konjunkturprogramm für die Bauwirtschaft".

Das BauGB ist die rechtliche Grundlage für die Stadtentwicklung in Deutschland. Mit den geplanten Änderungen soll es in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarktin in Zukunft leichter möglich sein, Gebäude durch neue Wohnungen aufzustocken. Auch die Umnutzung von ehemaligen Gewerbeimmobilien soll erleichtert werden. Dies soll quartiersweise oder stadtweit möglich sein, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden muss. Außerdem soll leichter verdichtet gebaut werden können.

Schnelleres Bauen mit "Bau-Turbo-Norm"

Das Vorkaufsrecht der Kommunen soll gestärkt werden, damit sie bei Bedarf mehr Grundstücke und Immobilien für den kommunalen Wohnungsbau erwerben können. Das Vorkaufsrecht soll auch bei Übertragung von Grundstücken auf kommunale Gesellschaften gelten. Zudem will die Bundesregierung das Wohneigentum fördern und Mieter vor Verdrängung schützen. Der Schutz gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten soll bis Ende 2027 gelten.

Eine "Bau-Turbo-Norm" soll besonders in Gebieten mit Wohnungsknappheit für schnelleren Wohnungsbau sorgen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dort auf Bebauungspläne verzichtet werden. Langwierige Planungsänderungen sollen so entfallen. Diese Norm gilt befristet als Sonderregelung bis Ende 2027. Künftig sollen die Gemeinden Pläne im Regelfall innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen. Auch die Umweltprüfung und der Umweltbericht sollen vereinfacht werden. Veraltete Bebauungspläne sollen schneller aktualisiert werden können.

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Die wichtigsten Neuerungen der BauGB-NovelleBauturbo
Wir schaffen eine Sonderregelung nur für den schnelleren Wohnungsbau. Mit dem 246e BauGB wird der Wohnungsbau in angespannten Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt, in dem kein gesonderter Bebauungsplan vorgelegt werden muss. Solchen Vorhaben muss jede Kommune, in der darüber diskutiert wird, zustimmen. Der Bauturbo wird noch einmal im Rahmen der BauGB-Novelle eingebracht. Neu ist, dass die jetzige Regelung eine längere Befristung bis 2027 vorsieht.

Aufstockungen
Künftig sollen Erweiterungen von Gebäuden überall und nicht mehr nur in angespannten Wohnungsmärkten möglich sein, insbesondere Aufstockungen, auch quartiersweise oder stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden muss (vgl. § 31 Absatz 3 BauGB). Bisher es diese Möglichkeit nur im Einzelfall.

Innenentwicklung
Es soll leichter verdichtet gebaut werden können, das heißt in zweiter Reihe auf dem Grundstück oder auf Höfen. Besitzt also eine Familie einen großen Garten, der Platz für ein zweites Haus lässt, können die Kinder künftig schneller und einfacher ein eigenes Haus auf diesem Grundstück errichten. Bisher scheitert das daran, dass eine solche verdichtete Bebauung häufig nicht dem bisherigen Charakter des Quartiers entspricht.

Sozialer Flächenbeitrag
Mit Hilfe der sogenannten Baulandumlegung können Gemeinden bis dahin nur schlecht nutzbare Grundstücke entsprechend der Vorgaben eines Bebauungsplans und nach Maßgaben des BauGB neugestalten oder vorbereiten. Dieses Instrument soll genutzt werden, um auf mehr Flächen sozialen Wohnraum zu schaffen. So soll bei der Baulandumlegung ein sozialer Flächenbeitrag eingeführt werden (§ 58a BauGB). Das heißt konkret: Ergibt sich in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Ergebnis einer Baulandumlegung ein Anspruch der Gemeinde gegen die Eigentümer auf Wertausgleich in Geld, soll sie statt des Geldes eine Fläche verlangen können. Dann muss sie sich jedoch dazu verpflichten, auf dieser Fläche sozialen Wohnungsbau zu errichten. Wertmäßig ändert sich für die Eigentümer dadurch nichts. Eigentümer profitieren weiterhin, denn sie erhalten durch die Umlegung besser nutzbares Land.

Stärkung der kommunalen Vorkaufsrechte
Kommunale Vorkaufsrechte nach BauGB können zukünftig ausgeübt werden, wenn alle Eigentumswohnungen auf einem Grundstück in einem gemeinsamen Kaufvertrag verkauft werden sollen.

Musikclubs
Mit der großen Novelle des Städtebaurechts soll eine eigenständige, neue Nutzungskategorie der "Musikclubs" in die Baunutzungsverordnung eingeführt werden. Zur weiteren städtebaulichen Hervorhebung der Musikclubs wird zudem vorgeschlagen, eigenständige Gebiete für Musikclubs ausdrücklich in den Katalog der Sondergebiete nach § 11 Absatz 2 BauNVO aufzunehmen, um den Gemeinden deren planerische Sicherung zusätzlich zu erleichtern. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Musikclubs ein wichtiges Element des kulturellen Lebens sind und daher einen kulturellen Bezug aufweisen.

Umwandlungsschutz
Das Instrument des Umwandlungsschutzes nach § 250 BauGB wird bis Ende 2027 verlängert. Damit können die Länder in besonders ausgewiesenen Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt einen Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einführen.

Fristen für die Bauleitplanung
Die Aufstellung von Bebauungsplänen dauert häufig mehrere Jahre. Künftig sollen die Gemeinden Pläne im Regelfall innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen.

Umweltprüfung und Umweltbericht
Der Umfang des Umweltberichts soll künftig auf einen angemessenen Umfang im Verhältnis zur Begründung des Bebauungsplans beschränkt werden. Die Prüftiefe soll konzentriert werden auf diejenigen Belange, die tatsächlich auf der abstrakten Planebene (ohne konkretes Vorhaben) bewertbar sind.

Innovationsklausel
Veraltete Bebauungspläne sollen künftig schneller aktualisiert werden können ("Innovationsklausel"). Grundsätzlich findet auf einen Bebauungsplan die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung Anwendung, die zum Zeitpunkt der Planaufstellung galt. Verbesserungen in der BauNVO wirken daher immer nur für die Zukunft, es sei denn, die Gemeinde ändert den Plan förmlich. Für diese Änderung eines Bestandsplans auf die jeweils aktuelle BauNVO dient künftig auch das sog. vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB, in dem auf eine Umweltprüfung verzichtet und Beteiligungsverfahren gestrafft werden können.

Digitalisierung
Die Bekanntmachungen, z. B. zu Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, werden zukünftig digital veröffentlicht. Die Teilhabemöglichkeit von Menschen ohne Internetzugang wird weiterhin sichergestellt.

Stärkung der Klimaanpassung
Künftig sollen die Kommunen im Zuge der Erteilung des Baurechts z. B. die Schaffung von dezentralen Versickerungsanlagen auf einem Grundstück anordnen können oder auch die Anlage eines Gründaches. Insbesondere soll eine solche Möglichkeit auch für den sog. unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) geschaffen werden, in dem sich ein Großteil des Bauens abspielt. Dort kommt es bisher allein darauf an, dass sich das neue Gebäude in die umgebende Bebauung einfügt. Flächen sollen zudem künftig leichter multifunktional genutzt werden (z. B. ein Sportplatz zugleich als Retentionsfläche).

Beschleunigung Windenergie und Geothermie
Die Regelungen für die Ausweisung von Windenergiegebieten werden weiterentwickelt. Zudem wird eine ausdrückliche Außenbereichsprivilegierung für Geothermie eingeführt, um die Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu unterstützen. Das heißt Geothermie-Anlagen können künftig dann auch da gebaut werden, wo noch kein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt beziehungseise auch außerhalb von Ortsteilen.

Pflanz- und Maßnahmengebot: Stärkung durch Begrünung
Bauherren müssen zukünftig innerhalb einer bestimmten Frist den zuständigen Behörden mitteilen, dass sie sogenannte Ausgleichsmaßnahmen, zum Beispiel das erforderliche Pflanzen von Bäumen oder die Begrünung von Dächern, umgesetzt haben (vgl. § 135a BauGB). Die Anzeigepflicht führt zu weniger Verwaltungsaufwand der Gemeinde im Rahmen der Prüfung der Umsetzung. Das "Grün" im Baugebiet wird verlässlich umgesetzt.
Quelle: Bundesbauministerium

"Dieses überarbeitete Baugesetzbuch ist systematischer, effizienter und moderner. Es macht das Wohnen, Bauen und Leben in Stadt und Land besser", sagt Bauministerin Klara Geywitz (SPD). "Mit dieser großen Novelle des Baugesetzbuches schaffen wir den rechtlichen Rahmen zur Realisierung des Deutschland-Tempos im Bau. Planen, Genehmigen und Bauen werden bürokratieärmer und moderner. Zudem sorgen wir dafür, dass für ein modernes Bauen der Zukunft die Anpassung an die Folgen des Klimawandels noch stärker mitgedacht wird."

Die erleichterten Möglichkeiten zur Aufstockung und Hinterhofbebauung seien sinnvoll und ermöglichten gerade im angespannten innerstädtischen Bereich die Schaffung von Wohnraum, ohne dass ein bestehender Bebauungsplan geändert werden muss, kommentiert . Felix Pakleppa. Der Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) begrüßt auch die geplante Verkürzung von Bebauungsplanverfahren. "In der Praxis nimmt die Aufstellung von Bebauungsplänen heute viel zu viel Zeit in Anspruch, in Berlin im Schnitt zehn Jahre."

Verbesserungen möglich

Pakleppa sieht aber auch Möglichkeiten für Verbesserungen: "So brauchen wir ein ambitionierteres Vorgehen für den ländlichen Raum. Die vorgesehenen Lärmschutzbestimmungen müssen so angepasst werden, dass die Baulandentwicklung gefördert wird und die Wohnbebauung auch möglich ist. Wir müssen hier einen guten Ausgleich finden, damit wir den dringend benötigten Wohnungsbau nicht durch zu hohe Lärmschutzbestimmungen ausbremsen. Aufgrund der begrenzten Bauflächen, wird dieses Thema auch im städtischen Bereich an Bedeutung gewinnen." 

Zudem fordert er einen stärkeren Ausbau des Wohnraums im  unbeplanten Bereich, wo es keine konkreten Vorgaben durch einen Bebauungsplan gibt. Pakleppa: "In der Vergangenheit gab es hier regelmäßig Planungsprobleme, wodurch Bauvorhaben im schlechtesten Falle vollständig verhindert worden sind. Wir werden uns für die Anpassungen und Ergänzungen im weiteren parlamentarischen Verfahren einbringen."

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Text: / handwerksblatt.de

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