Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge streichen!
Der Wirtschaft geht's zurzeit gut. Die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung konnte bis zum dritten Quartal 2011 ordentliche Überschüsse erwirtschaften.
Wozu also noch an der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge festhalten, die vor allem für die kleineren Handwerksbetriebe einen enormen bürokratischen Aufwand mit sich bringt? In ihrer Rangliste der Bürokratiemonster nimmt sie die Spitzenposition ein, noch vor dem kürzlich eingesackten elektronischen Entgeltnachweis Elena und der verunglückten Reform der GEZ-Gebühren. Die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge ist den niedersächsischen Unternehmerfrauen im Handwerk der dickste Dorn im Auge. "Dadurch wird den Betrieben Liquidität entzogen und dies sorgt für einen unheimlichen Verwaltungsaufwand", sagt die erste Vorsitzende des Landes- und Bundesverbandes, Heidi Kluth.
Lästige Nachrechnerei
Die Vorverlegung des Termins, zu dem die Sozialversicherungsbeiträge fällig werden, wurde im Sommer 2005 beschlossen, um der klammen Rentenkasse auf die Beine zu helfen. Seitdem müssen die Betriebe den Krankenkassen bis zum fünftletzten Bankarbeitstag melden, wie viel Lohn die Mitarbeiter voraussichtlich am Monatsende bekommen werden und bis zum drittletzten Bankarbeitstag die dafür fälligen Sozialversicherungsbeiträge überwiesen haben.
Dies sorgt für lästige Rechnerei. So müssen die Betriebe jeden Monat im Kalender den fünftletzten Bankarbeitstag ausmachen. Im August 2012 ist es etwa der 27., im Dezember schon der 19., weil Weihnachten und Silvester zu den Bankfeiertagen gehören. Mitunter müssen die Betriebe sogar auf regionale Bankarbeitstage achten.
Jede Lohnabrechnung muss zweimal in die Hand genommen werden
"Die Höhe der Vorauszahlungen können wir nur schätzen, da nach Stunden abgerechnet wird", erklärt Heidi Kluth, die gemeinsam mit ihrem Mann einen Haustechnik-Betrieb in der Nähe von Hamburg führt. Die genauen Zahlen übermittelt sie den Krankenkassen am Anfang des Folgemonats. "Damit nehmen wir jede Lohnabrechnung zweimal in die Hand", kritisiert sie.
Zahlungen für Leistungen, die weder erbracht noch beglichen sind
Je nachdem, wie gut sich das Geschäft bis zum Monatsende entwickelt hat, sind Nachzahlungen fällig oder werden Überschüsse verrechnet. Viel schmerzhafter als das Hin und Her trifft die vielen kleinen Handwerksbetriebe aber die frühe Vorauszahlung an sich. Kluth: "Wir müssen für Arbeiten zahlen, die noch gar nicht erbracht worden sind und für die wir vor allem von den Kunden noch gar kein Geld bekommen haben." Das nagt am Eigenkapital oder muss teuer mit dem Kontokorrentkredit zwischenfinanziert werden.
Zurzeit stehen die Kranken- und Rentenversicherung finanziell gut im Plus. Ein schöner Zeitpunkt also, die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge wieder ad acta zu legen. "Aus unserer Sicht wäre es am einfachsten, die Meldung zur Sozialversicherung am dritten oder zehnten Tag des Folgemonats zu übermitteln", sagt Heidi Kluth stellvertretend für die Unternehmerfrauen im Handwerk.
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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