Mutterschutz: Kündigungsverbot beginnt 280 Tage vor Geburtstermin
Das Kündigungsverbot wegen Mutterschutzes beginnt 280 Tage vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin, entschied das Bundesarbeitsgericht. Was gilt aber, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft noch nicht feststeht?
Die Kündigung einer Schwangeren ist unzulässig, wenn die Schwangerschaft entweder bekannt ist oder wenn die Frau ihrem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen die Schwangerschaft mitteilt. So steht es im § 17 Abs. 1 Nr. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG).
Eine Frau, die von ihrer Schwangerschaft erfährt, hat dies dem Arbeitgeber also unverzüglich mitzuteilen. Was gilt aber, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft noch nicht feststeht? Sollten Frauen nach Erhalt einer Kündigung vorsorglich einen Schwangerschaftstest machen, um die Frist von zwei Wochen einhalten zu können? Das kann nicht richtig sein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG).
Der Fall
Ein Unternehmen kündigte einer Angestellten am 6. November 2020 ordentlich. Am 12. November erhob die Frau die Kündigungsschutzklage. Ihr Anwalt schrieb am 2. Dezember, dass sie in der sechsten Woche schwanger sei, ein Attest ihrer Frauenärztin vom 26. November war beigefügt. Als voraussichtlicher Geburtstermin war der 5. August 2021 errechnet. Die Frau berief sich auf das Kündigungsverbot nach § 17 MuSchG.
Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass die Mitarbeiterin ihn nicht rechtzeitig informiert habe und die Kündigung somit wirksam sei.
Das Urteil
Schon während des alten Mutterschutzrechts vor 2017 urteilte das BAG in ständiger Rechtsprechung, dass der Beginn der Schwangerschaft zu ermitteln sei, indem man vom voraussichtlichen Geburtstermin 280 Tage – oder 10 Monate – zurückrechnet. Die Vorinstanz war hier allerdings von 266 Tagen ausgegangen.
Das BAG hält an seiner Auffassung fest: "Da sich Fehler und Ungenauigkeiten nicht vermeiden lassen, ist es geboten, zunächst von der der Arbeitnehmerin günstigsten Berechnungsmethode auszugehen", so das Urteil. Dabei würden zwar auch Tage einbezogen, in denen das Vorliegen einer Schwangerschaft eher unwahrscheinlich, aber eben nicht generell ausgeschlossen sei. Nur diese Betrachtungsweise erstrecke den Beginn des Kündigungsverbots auf den frühestmöglichen Zeitpunkt einer Schwangerschaft. Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung der 266 Tage sei mit dem – von der EU-Mutterschutzrichtlinie gewollten und nach der Rechtsprechung gebotenen – umfassenden Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen nicht zu vereinbaren.
Die Kündigung war somit unwirksam.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. November 2022, Az. 2 AZR 11/22
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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