Leiharbeit: Das ändert sich zum 1. April
Sie nutzen in Ihrem Betrieb Leiharbeit? Dann sollten Sie diese Änderungen kennen, die ab Anfang April gelten.
Am 1. April 2017 tritt die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in Kraft – mit weitreichenden Änderungen. Leiharbeiter müssen nun nach neun Monaten den gleichen Lohn wie Festangestellte bekommen. Zugleich wird die Höchstdauer auf 18 Monate begrenzt. In beiden Fällen sind jedoch Ausnahmen möglich, wenn Tarifverträge etwas anderes regeln.
Firmenchefs sollten Verträge rund um Fremdpersonal kritisch prüfen, rät die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Künftig darf Leiharbeit nur noch höchstens 18 Monate dauern. Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können ausnahmsweise eine Einsatzdauer von maximal 24 Monaten zulassen. Zeiten vor dem 1. April 2017 bleiben außen vor. "Personalverantwortliche sollten sich vorsichtshalber den 22. September 2018 im Kalender rot anstreichen", sagt Rebekka De Conno, Rechtsanwältin der WWS. "Dann endet bei laufenden Kontrakten erstmalig die Höchstüberlassungsdauer."
Strafe bei Verstoß
Soll ein Zeitarbeiter im Anschluss im selben Unternehmen erneut zum Einsatz kommen, muss er eine Pause von mehr als drei Monaten machen. Ist das nicht der Fall, wird aus einem Leiharbeiter automatisch ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer mit Urlaubsanspruch und Kündigungsschutz. Arbeitgeber, die das übersehen, müssen mit hohen Nachzahlungen bei Lohnsteuer und Sozialversicherung sowie Strafverfolgung rechnen.
Leiharbeitern steht spätestens nach neun Monaten das gleiche Gehalt ("Equal Pay") wie dem Stammpersonal zu. Tarifliche Sonderregelungen ermöglichen eine Einsatzzeit von bis zu 15 Monaten ohne Equal Pay. Dazu muss der Entleiher dem Verleiher mitteilen, wie hoch das vergleichbare Arbeitsentgelt ist. Bei Verstößen gegen das Equal-Pay-Gebot droht dem Verleiher ein Bußgeld bis zu 500.000 Euro. "Die Berechnung und Mitteilung des vergleichbaren Arbeitsentgeltes erfordert erhöhte Sorgfalt", mahnt WWS-Expertin De Conno. "Bei Fehlern kann das Zeitarbeitsunternehmen Bußgelder beim Entleiher einklagen."
Für die Gestaltung eines Arbeitnehmer-Überlassungsvertrags (AÜV) gelten verschärfte Regeln. Der AÜV muss eindeutig als solcher bezeichnet und noch vor Arbeitsbeginn des Zeitarbeiters unter Dach und Fach sein. Im Vertrag darf der Name des Leiharbeiters sowie die Unterschrift des Ver- und Entleihers nicht fehlen. Bei Verstößen gegen diese sogenannte Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht kann die Arbeitsagentur gegen beide Parteien ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro verhängen. Darüber hinaus ist der Überlassungsvertrag eventuell unwirksam und der Zeitarbeiter wird zum sozialversicherungspflichtigen Angestellten des Entleihers.
Falls zwischen Entleiher und Zeitarbeiter unbeabsichtigt ein Arbeitsverhältnis entsteht, eröffnet das neue AÜG eine arbeitgeberfreundliche Lösung: Der frisch gebackene Arbeitnehmer kann innerhalb eines Monats erklären, dass er am Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält (sogenannte Festhaltenserklärung). Der Leiharbeitnehmer muss sich die Erklärung persönlich bei der Arbeitsagentur bestätigen lassen und spätestens drei Tage später beim Ver- oder Entleiher vorlegen. "Firmen sollten nach einer erfolgten Festhaltenserklärung von einer Weiterführung der Überlassung absehen", rät WWS-Anwältin De Conno. "Eine erneute Festhaltenserklärung wäre in jedem Fall unwirksam."
Freiberufler oder Scheinselbstständiger?
Auch beim Einsatz von Freelancern ist Vorsicht geboten. Die Beschäftigung erfolgt auf der Grundlage eines Werk- oder Dienstvertrages zwischen dem Selbstständigen und dem Einsatzunternehmen. Die Crux: Wenn Freelancer etwa über Zeit, Ort und Art ihrer Tätigkeit nicht frei entscheiden können, besteht eine Scheinselbstständigkeit. Bisher konnten Vermittler im Rahmen der sogenannten "Fallschirmlösung" sich und ihre Auftraggeber vor negativen Konsequenzen schützen. Dafür sorgte eine vorsorglich beantragte Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Der Dienstleister konnte so eine Scheinselbstständigkeit nachträglich zur rechtmäßigen Leiharbeit umdeklarieren. Damit ist jetzt Schluss. Das neue Gesetz schließt die Fallschirmlösung grundsätzlich aus.
Der Rechtmäßigkeit bestehender und künftiger Verträge kommt damit eine enorme Bedeutung zu. "Die tatsächliche Beurteilung der Beschäftigungsform hängt oft von Kleinigkeiten ab", sagt WWS-Expertin De Conno. Firmen sollten bestehende Verträge und die gelebte Einsatzpraxis kritisch unter die Lupe nehmen und gegebenenfalls nachbessern.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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