Ausländische Arbeitnehmer im Betrieb
Die Mitarbeit ausländischer oder ausländisch stämmiger Arbeitnehmer gehört im deutschen Handwerk seit Jahrzehnten nicht nur zur Selbstverständlichkeit, sondern inzwischen sogar zum guten Ton. Was bei der täglichen Arbeit im Betrieb in aller Regel reibungslos funktioniert, beschäftigt indessen seit einigen Jahren immer häufiger die Arbeitsgerichte.
Die Probleme sind dabei vielfältiger Natur: So hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber eigentlich verpflichtet ist, einem ausländisch stämmigen Arbeitnehmer (im konkreten Fall einem Portugiesen) den bereits geschlossenen Arbeitsvertrag in seine Muttersprache zu übersetzen.
Es kam zum Streit, weil der Mitarbeiter eine Ausschlussfrist des Vertrages wegen Sprachschwierigkeiten nicht verstanden und daher einen Anspruch auf Auszahlung von Arbeitslohn nicht fristgerecht geltend gemacht hatte.
Keine Pflicht, den Arbeitsvertrag zu übersetzen
Das Gericht schlug sich – durchaus überraschend – auf die Seite des Arbeitgebers und stellte Folgendes klar: "Es besteht keine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag unaufgefordert in die Muttersprache des Arbeitnehmers zu übersetzen.
Eine generelle Übersetzungspflicht für Schriftstücke, die von fremdsprachlichen Arbeitnehmern unterzeichnet werden sollen, ist dem geltenden deutschen Arbeitsrecht Recht nicht zu entnehmen."
Dies gelte, so das Gericht weiter, insbesondere dann, wenn sich die Vertragsparteien auf die deutsche Sprache als Verhandlungs- und Vertragssprache einigen. Lässt sich der ausländische Partner hierauf ein, so akzeptiert er damit den gesamten deutschsprachigen Vertragsinhalt einschließlich der zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Arbeitnehmer muss selbst für Übersetzung sorgen
Es sei ihm zuzumuten, sich vor Abschluss des Vertrags selbst die erforderliche Übersetzung zu beschaffen. Anderenfalls müsse er den nicht zur Kenntnis genommenen Text des Vertrages gegen sich gelten lassen.
Und weiter: "Es besteht keine regelmäßige Pflicht einer Partei, von sich aus – ungefragt – einen anderen vor oder bei Vertragsschluss über das damit verbundene Risiko zu unterrichten. Jedermann darf grundsätzlich davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner selbst über die Umstände, die für seine Vertragsentscheidung maßgeblich sind, sowie über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft hat.
Es ist im allgemeinen nicht rechtliche Aufgabe des Vertragsgegners, gegenüber dem anderen Teil die Nachteile und Gefahren zu verdeutlichen, die mit den Pflichten aus dem beabsichtigten Vertrag verbunden sind, und diese bei einem gegenseitigen Vertrag gegen die Vorteile abzuwägen.
Nur ausnahmsweise kann eine Aufklärungs- und Warnpflicht nach Treu und Glauben dann bestehen, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalles davon auszugehen ist, dass der künftige Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Az.: 11 Sa 569/11).
Apropos Sprachkenntnisse
Im vergangenen Jahr lag dem Bundesarbeitsgericht (BAG) die interessante Frage zur Entscheidung vor, ob ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer (im konkreten Fall eine Schwimm-Meisterin aus dem ehemaligen Jugoslawien) auffordern darf, einen Sprachkurs zu besuchen, damit der Arbeitnehmer eine ihm anvertraute Tätigkeit ordnungsgemäß durchführen kann.
Es bestand noch die Besonderheit, dass die Arbeitnehmerin den Sprachkurs außerhalb der Dienstzeit und auf eigene Kosten absolvieren sollte, dies tarifvertraglich aber eigentlich anders geregelt war.
Die betroffene Arbeitnehmerin klagte gegen die Weisung, da sie sich durch diese diskriminiert sah – und fordert anschließend Schadensersatz nach dem seit dem Jahre 2006 geltenden Antidiskriminierungsgesetz (AGG).
Arbeitsnotwendige Sprachkenntnisse erwerben
Irrtum! Auch hier schlugen sich die Richter überraschend auf die Seite des Arbeitgebers und stellten zur Verblüffung der Beteiligten fest: "Die arbeitgeberseitig ausgesprochene Aufforderung an den Arbeitnehmer, an einem Deutschkurs teilzunehmen, um arbeitsnotwendige Sprachkenntnisse für eine zulässig angeordnete Tätigkeit zu erwerben, stellt keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar.
Das gilt selbst dann, wenn der Deutschkurs vertragswidrig oder sogar tarifvertragswidrig außerhalb der Arbeitszeit und auf eigene Kosten des Arbeitnehmers absolviert werden soll."
Die erstaunliche Begründung: Die Forderung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer möge einen Sprachkurs in deutscher Sprache besuchen, sei, so die obersten Arbeitsrichter des Landes, in aller Regel sachlich gerechtfertigt. Die Anweisung, einen entsprechenden Kurs zu besuchen, war hier insbesondere deshalb erforderlich, weil nur dadurch die arbeitsnotwendige Sprachkompetenz hergestellt werden konnte.
Das BAG stellte insoweit noch einmal klar, dass, jedenfalls bei einem Arbeitsplatz mit regelmäßigem Kundenkontakt, erwartet werden könne, dass der Arbeitnehmer sich auch in deutscher Sprache artikulieren könne.
Noch mal wörtlich: "Die Verständigungsmöglichkeiten mit den Kunden sowie Kolleginnen und Kollegen ist für eine solche Tätigkeit von tragender Bedeutung. Nur durch die Absolvierung eines Sprachkurses können diese arbeitsnotwendigen Sprachkenntnisse in absehbarer Zeit vermittelt werden." (Bundesarbeitsgreicht, Az.: 8 AZR 48/10)
Der Autor Winfried Schwabe ist Rechtsanwalt in Köln.
Text:
Winfried Schwabe /
handwerksblatt.de
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