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Kampf gegen die Schein-Selbstständigkeit!?

Die Soka-Bau fordert ab April auch von Solo-Selbstständigen einen Beitrag zur Berufsausbildung. 900 Euro soll jeder jährlich zahlen – zur Bekämpfung der Schein-Selbstständigkeit.

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"Das ruiniert mich!", fürchtet Werner Berg, Zimmerer aus Mettendorf. "Wenn ich die 900 Euro zahlen muss, bin ich gezwungen, meinen Stundenlohn zu erhöhen und bin nicht mehr wettbewerbsfähig." Berg spricht über die Abgabe zur Berufsausbildung, die ab sofort auch Solo-Bauhandwerker an die Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka-Bau) leisten müssen. Bislang waren Einzelunternehmer von dieser Pflicht ausgenommen. Wer keine gewerblichen Arbeitnehmer hat, musste nicht einzahlen – obwohl er von den Leistungen profitieren kann: die Soka-Bau zahlt Ausbildungsbetrieben 17 Monate lang die Azubi-Vergütung und finanziert überbetriebliche Ausbildungszentren. Neu ist: Auch Ein-Personen-Betriebe werden künftig mit mindestens 900 Euro jährlich zur Kasse gebeten. Für 2015 liegt der Beitrag noch anteilig bei 450 Euro.

Zimmerer Werner Berg ist seit einem Unfall zu 20 Prozent Invalide und teilt sich mit seiner Frau die Kinderbetreuung. Deshalb kann er nur zwei Tage pro Woche arbeiten, 900 Euro sind für ihn mehr als ein Monatseinkommen. "Man müsste die Höhe der Abgabe staffeln nach der Höhe des Einkommens, das wäre gerechter", appelliert Berg an die Tarifparteien. Und für Fälle wie seinen sollte man eine Härtefall-Regelung schaffen. "Es wird mir auch die Chance genommen, meinen Betrieb zu vergrößern, weil ich ja weniger zurücklegen kann", bedauert der Zimmerer und weist auf die vielen anderen Teilzeitunternehmer hin, die ebenfalls betroffen sind.
Zwar schränkt die Abgabe zur Berufsausbildung die Wettbewerbsfähigkeit von Solo-Selbstständigen in gewissem Maße ein. Doch Unternehmen, die Mitarbeiter beschäftigen und die Lehrlinge ausbilden und die damit das Sozialsystem finanzieren, begrüßen diese Maßnahme. Sie schaffe mehr Gerechtigkeit, schließlich könnten auch die Solobetriebe von den gut ausgebildeten Fachkräften profitieren, meinen Unternehmer aus Südbrandenburg.

"Nicht alle Solobetriebe sind illegal, aber sehr viele"

Mancher Handwerker stellt sich jetzt auch die Frage: Was passiert mit den vielen Millionen Euro, die die Soka-Bau zusätzlich einnimmt? Denn bei 113.000 Ein-Mann-Betrieben, die bei der Soka-Bau gemeldet sind, kommt ein ganz schönes Sümmchen zusammen. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), der diese Regelung mit der Bauindustrie und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt ausgehandelt hat, verspricht: Kommt genug Geld zusammen, werden die Beiträge für die anderen Betriebe gesenkt.

Dahinter steckt aber noch eine ganz andere Absicht: Die Maßnahme ist Teil einer Strategie, mit der der ZDB die Scheinselbstständigkeit bekämpfen will. "Sie nimmt dramatisch zu – besonders im Fliesenlegerhandwerk wird da viel Schindluder getrieben. Nicht alle Solobetriebe sind illegal, aber sehr viele", erklärt Jens Dirk Wohlfeil, Rechtsanwalt im Geschäftsbereich Sozial- und Tarifpolitik des ZDB.

Zweiter Baustein der Strategie: Die Gewerbeämter müssen seit dem 1. Januar bei der Neuanmeldung von Betrieben genauer prüfen, ob es einen Verdacht auf Scheinselbstständigkeit oder Schwarzarbeit gibt. Wer kein Geschäftskonto hat oder keine Betriebsstätte nachweisen kann, wird genau unter die Lupe genommen. Verdachtsfälle werden der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll gemeldet.

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Zur weiteren Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit möchte der ZDB auch die Handwerkskammern einbeziehen. Sie sollten künftig vor der Eintragung von Ein-Mann-Betrieben in die Handwerksrolle deren Krankenversicherung prüfen, wünscht sich der Verband. "Ich hätte keine Einwände", sagt Jurist Manfred Steinritz, Geschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf. "Es muss nur sichergestellt sein, dass alle, auch die ausländischen Betriebe, eine Bescheinigung in deutscher Sprache vorlegen müssen und diese Bescheinigung einheitlich und nicht wieder von Krankenkasse zu Krankenkasse unterschiedlich ist." Vorher müsste allerdings die Handwerksordnung geändert werden.  

Skeptisch gegenüber dieser Prüfung ist dagegen Frank Ecker, Geschäftsführer und Leiter der Abteilung Recht bei der HWK Frankfurt (Oder). Zwar unterstütze man grundsätzlich alle Initiativen und Maßnahmen, die sich gegen Schwarzarbeit in allen ihren Ausprägungen, insbesondere auch in Form der unerlaubten Handwerksausübung richteten: "Die vom ZDB vorgeschlagene Überprüfung des Vorliegens einer Krankenversicherung im Rahmen der Eintragung von Ein-Mann-Betrieben lässt dabei jedoch lediglich einen Rückschluss auf eines von vielen Indizien für mögliche Scheinselbständigkeit bei bestimmten Personengruppen zu." Ob die Maßnahme in der Praxis tatsächlich geeignet sei, Existenzgründungen in Form von Scheinselbständigkeit zielgerichtet zu erkennen und zu verhindern, müsse zumindest vor deren Einführung noch genauer geprüft werden, erklärt Ecker.

Zahlungspflicht für die gesetzliche Unfallversicherung?

Und zu guter Letzt möchte der ZDB eine Zahlungspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung auch für Solounternehmer einführen. Bisher zahlen Baubetriebe nur für ihre Arbeitnehmer in die Berufsgenossenschaft Bau (BG Bau) ein. "Gäbe es die Pflichtversicherung auch für Einzelkämpfer, könnte die BG Bau die Scheinselbstständigen leichter erfassen", ist ZDB-Jurist Wohlfeil überzeugt. "Wir haben derzeit 60.000 Fliesenlegerbetriebe in Deutschland, davon sind 40.000 Solo-Selbstständige, die uns das Leben schwer machen."

Auf diese Weise will der ZDB also die Spreu vom Weizen trennen. Ob die Strategie aufgeht, bleibt abzuwarten. Handwerker wie Werner Berg hätten dann wohl einfach Pech gehabt.

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Was ist die Soka-Bau?

Die Soka-Bau ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifparteien der Bauwirtschaft (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes). Seit 2001 arbeiten die Sozialkassen, die Zusatzversorgungskasse für das Baugewerbe und die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft unter dem Begriff Soka-Bau zusammen. Aufgaben der Soka-Bau sind die Finanzierung von Urlaubsgeldern, die Bezuschussung der Berufsausbildung, betriebliche Altersvorsorge und neuerdings auch die Kontrolle der Mindestlöhne.

Wer gehört dazu?

Beitragspflichtig (und bezugsberechtigt) ist jedes Unternehmen, dessen Mitarbeiter mehr als 50 Prozent der betrieblichen Arbeitszeit im Baugewerbe (im Sinne des Tarifvertrages) arbeiten. Beim Baunebengewerbe ist entscheidend, ob überwiegend baugewerbliche Leistungen erbracht werden. Achtung: Maler, Dachdecker, Gerüstbauer und Steinmetze haben eigene Einrichtungen, sie gehören nicht zur Soka-Bau. Finanziert wird die Soka-Bau über einen tariflich festgelegten Beitrag der Baubetriebe.

Wie kommt der Beitrag zustande?

Grundlage ist der Tarifvertrag des Baugewerbes (VTV), der auf Antrag der Tarifpartner vom Bundesarbeitsministerium jedes Jahr neu für allgemeinverbindlich erklärt wird. Für 2015 steht eine Allgemeinverbindlicherklärung noch aus, ist aber beantragt. Das Bundesarbeitsministerium geht davon aus, dass in der ersten Jahreshälfte über den Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung entschieden wird, die Tarifparteien haben beantragt, dass er dann rückwirkend zum 1. Januar 2015 in Kraft treten würde. Die 900 Euro für die Berufsbildung sind der Mindestbeitrag, den künftig jeder Baubetrieb zahlen muss. Einige Betriebe mit gewerblichen Arbeitnehmern haben bisher weniger gezahlt, sie müssen künftig aber auch 900 Euro zahlen. Ansonsten sind es 1,9 Prozent der Bruttolohnsumme.

Wie wird die Beitragspflicht für Solo-Selbstständige begründet?

Die Soka-Bau argumentiert auf ihrer Website offiziell damit, dass die Ein-Mann-Betriebe "zukünftig auch von gut ausgebildeten Fachkräften profitieren". Außerdem hätten die Solo-Selbstständigen ja auch Anspruch auf die Zuschüsse zur Berufsausbildung – das sind über drei Jahre immerhin rund 28.000 Euro (West) beziehungsweise 25.000 Euro (Ost). "Viele der Betriebe, die Arbeitnehmer beschäftigen, haben sich geärgert, weil die Solo-Selbstständigen keine Beiträge zahlen müssen, obwohl sie von der Soka-Bau Leistungen für die Berufsausbildung bekommen. Das wurde von ihnen als ungerecht empfunden", berichtet Jens Dirk Wohlfeil, Rechtsanwalt im Geschäftsbereich Sozial- und Tarifpolitik des ZDB. Außerdem sei es ein "Akt der Solidarität", erklärt Wohlfeil. Denn von den 70.000 Betrieben der Soka-Bau bilden schon jetzt nur 15.000 Lehrlinge aus und erhalten Leistungen – aber auch alle anderen Unternehmen profitierten von den gut ausgebildeten Fachkräften.

Text: / handwerksblatt.de

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